Nehmt sie ernst - die Ehrlichkeit des Herbert Kickl!
Â
In seiner wenig programmatischen, jedoch umso mehr den potentiell zukünftigen Koalitionspartner ÖVP einen Hieb nach dem anderen versetzend, um ihn bereits vor Beginn der Gespräche vor sich hertreiben zu können wie ein weidwundes Tier, fordert der sich als zukünftiger Volkskanzler sehende Parteichef der FPÖ nicht nur Ehrlichkeit ein, sondern wiederholt mehrmals, dass diese Ehrlichkeit sozusagen sein Markenzeichen sei, seitdem er Politik betreibt.
Â
Das bedeutet also, wir, die Bürger, müssen den Parteichef nur beim Wort nehmen, dann wissen wir, welche Art von Regierung er anstrebt. Selbstverständlich gilt dies auch für den neuen Parteichef der ÖVP, Christian Stocker, sowie für seine Partei. Man wird sehen, ob sie dieser Ehrlichkeit standhalten oder nicht.
Â
Dass Kickl die, „die es mit uns (gemeint war die FPÖ) nicht gut meinen, in die Zange nehmen“ will, mag zwar seit einem Tag Herrn Stocker selbst nicht mehr betreffen, welcher von einem Tag auf den anderen vom erklärten Gegner Kickls offensichtlich zu seinem Bewunderer und Förderer mutiert ist, aber immerhin unter Umständen an die 70% der österreichischen Bevölkerung.
Â
Vor etwas mehr als einem halben Jahr, am 1. Mai 2024, erklärte der Parteiobmann, übrigens zum wiederholten Male, sein politisches Ziel: "Machen wir es Orban nach, bauen wir die Festung Österreich.“ Also will wohl auch er nach Vorbild des ungarischen Ministerpräsidenten ein neues Wahlsystem, welches Oppositionsparteien so gut wie keine Chance mehr lässt, an die Regierung zu gelangen, die Ausschaltung des Verfassungsgerichtes und der Staatsanwaltschaft, die Regierungskontrolle über alle Medien im Staat, eine Senkung der staatlichen Ausgaben im Gesundheitsbereich (Ungarn gibt nur mehr 4,4% des BIP für Gesundheit aus, der EU-Schnitt liegt bei 7%!), die Errichtung von mafiaähnlichen Strukturen durch Umverteilung der Gelder zu einer Orban hörigen Schicht von neuen Reichen, welche das Land nach dem Transparency International als korruptestes Land innerhalb der gesamten EU ausweisen, die Abwendung von Europa und die Zuwendung zum Diktator Putin u.a.m. Das sind die Tatsachen der Politik eines Viktor Orban und der ehrliche Herbert Kickl hat das Nacheifern dieser Politik bereits mehrmals bekundet. Ob eine solche Politik tatsächlich im Interesse der Mehrheit der Österreicher ist, kann ausgeschlossen werden, selbst, ob sie die Zustimmung der Mehrheit der FPÖ-Wähler erhalten würde, muss bezweifelt werden. Aber Gott sei Dank ist Kickl ja ehrlich!
Â
Seine Haltung zum Rechtsstaat hat der selbsternannte Volkskanzler auch bereits eindeutig klargestellt: „Ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht.“ Ansatzweise hat er diesen seinen Grundsatz ja auch schon versucht in seiner Zeit als Innenminister unter einer ÖVP-Regierung umzusetzen. Wir alle wissen, wozu es geführt hat.
Â
Auch von Menschenrechten scheint Kickl nicht allzu viel zu halten: "Menschenrechte sind seltsame rechtliche Konstruktionen […], die uns daran hindern, das zu tun, was notwendig ist.“ Was wäre denn dieses „Notwendige“?
Asylanten einsperren, eventuell nach Muster von Konzentrationslagern, unangenehme Staatsbürger ausweisen, also Remigration nach Vorbild der „Identitären Bewegung“, einer vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremen Gruppierung, welche Kickl mit GLOBAL 2000 vergleicht und sie einer NGO gleichsetzt, und gar nicht sagen kann „was an diesem Wort „Remigration“ so böse sein soll“? Herrn Kickl kann zugemutet werden, dass er die ideologische Bedeutung des Begriffs der Remigration spätestens seit dem Potsdamer Treffen von Rechtsextremisten, mit welchem auch die erzwungene Rückführung von Personenkreisen sowie der Entzug von Staatsbürgerschaften gemeint ist, zu kennen und zu verstehen. Was daran „so böse sein soll“ ist also sonnenklar. Und Kickl ist ehrlich. Er will sich solche Möglichkeiten offen halten, denn auf diese Art und Weise könnte man unliebsam gewordene Personen schnell los werden. Dass dies mit demokratischem Bewusstsein nichts mehr zu tun hat, sondern die Vorgangsweise von skrupellosen Diktatoren und Tyrannen ist, das ist dem Volkskanzler durchaus klar, ja, muss ihm klar sein, wenn er ehrlich ist. Und das ist er, wie er beteuert.
Â
Auch zu den Wissenschaften und deren Erkenntnissen scheint Kickl ein zwar einfaches, aber ehrliches Verhältnis zu haben. Den laut der überwiegenden Mehrzahl der weltweit auf diesem Gebiet tätigen Wissenschaftlern von Menschen verursachten Klimawandel leugnet er, während der Corona-Pandemie erweckte er Aufsehen mit der Empfehlung eines Pferde-Entwurmungsmittels als Alternative zu wissenschaftlich fundierten Behandlungsmöglichkeiten. Was ist also in Zukunft zu erwarten? Wird der Volkskanzler auf die Stimme von Experten hören, sie in seine Betrachtungen miteinbeziehen, oder aber wird er tun, was er eben glaubt? Ehrlich wie er ist, ist wohl nicht damit zu rechnen, dass Fachleute, die sich jahre- und jahrzehntelang mit einem Problem beschäftigen, seine Meinung beeinflussen können. Die Allheilmittel für die Probleme scheint alleine er in den Händen zu halten.
Â
Bereits 1994 versuchte Kickls damaliger Chef Jörg Haider im Wahlkampf mit dem Slogan „Einfach ehrlich - einfach Jörg“ seine Ehrlichkeit in den Mittelpunkt der Politik zu stellen. Wohin die Reise ging, ist mittlerweile bekannt. Betrug der Schuldenstand Kärntens vor Haider Amtsantritt 1999 unter einer Milliarde Euro, so hinterließ er dem Land und der gesamten Republik nach seinem Tod 2008 ein finanzielles Desaster.
Â
Die ÖVP und ihr neuer Parteiobmann Christian Stocker sind gut beraten, die Ehrlichkeit des FPÖ-Chefs Kickl ernst zu nehmen. Ansonsten droht ihr und leider auch der gesamten Republik Österreich ein böses Erwachen!
Â
Gerhard Kohlmaier, 7.1.2025 |