Steuerini
Woko vom 10.6.21: Schein und Sein der türkisen Volkspartei Drucken E-Mail

 

Seit geraumer Zeit tut sich bei der ÖVP ein eklatanter Widerspruch auf: Private und öffentliche Aussagen wollen so gar nicht mehr zusammenpassen. Die Getreuen rund um Kurz und dieser selbst chatten gerne und halten dabei mit ihren Meinungen nicht zurück. Ob es dabei um Frauen geht, um die Rolle der Kirche oder der Medien, um Postenschacher - egal: So viel Ehrlichkeit hätte wohl niemand den Mannen um Kurz zugetraut. Andreas Hanger, Fraktionsführer der Schwarzen im Ibiza-Untersuchungsausschuss, hält die in den Chats getätigten Aussagen zwar nicht für glücklich, beharrt aber eisern darauf, dass dies Privataussagen seien und somit eigentlich die Öffentlichkeit nichts angingen.

Von wegen, Herr Hanger, selbstverständlich gehen diese Aussagen die Öffentlichkeit etwas an, tun sich doch dadurch tiefe Gräben zwischen dem auf, was eine Regierungspartei öffentlich sagt und dem, was sie eigentlich tut bzw. vor hat. Der Chatverlauf zeichnet ein moralisches Bild einer um Kurz versammelten Führungsriege, welches nicht nur einmalig in der 2. Republik ist, sondern - ungeachtet der strafrechtlich noch zu klärenden Konsequenzen - von keinem Bürger dieses Staates hingenommen werden kann, wird doch dadurch offenbar, dass das, was die türkise ÖVP den Bürgern vorgaukelt, nicht der Realität entspricht, sondern ihre politische Aufgabe einzig und allein darin zu bestehen scheint, ihre Machtpositionen abzusichern und zu erweitern, auch wenn dadurch bedeutsame Säulen unseres demokratischen Staatswesens zerstört werden.

Das geht uns alle an, das kann und darf nicht „privat“ sein. Es ist vergleichbar mit einem Bundeskanzler, welcher kraft seines Amtes offiziell die Interessen der österreichischen Bürger zu vertreten hat und der in privaten Chats bekannt geben würde, die Österreicher könnten ihn…

In Spitzenpositionen der Politik sind solche Gräben zwischen privater und öffentlicher Meinung nicht hinnehmbar und solche „Volksvertreter“ sind schleunigst mit allen zu Gebote stehenden Mitteln aus öffentlichen Ämtern zu entfernen.

Schein und Sein wichtiger Führungsleute der Kurz-ÖVP liegen so weit auseinander wie Himmel und Hölle. Während der ehemalige Justizminister Brandstetter aus einem der Chatverläufe, in die er involviert war, wenigstens Konsequenzen zog und seinen Rücktritt aus dem Verfassungsgerichtshof bekannt gab, lässt Kanzler Kurz durchblicken, selbst dann noch im Amt bleiben zu wollen, wenn es gegen ihn zu einer Anklage kommt. Ähnliches kann von den anderen Getreuen des Kanzlers, deren Haltungen durch die Chatverläufe bekannt geworden sind, angenommen werden. Wer hätte gedacht, dass Jörg Haiders Buberlpartie noch einmal übertroffen werden kann!

 
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Liebe Leserinnen und Leser!

Die „Steuerini“ ist in die Jahre gekommen. Seit nunmehr 22 Jahren existiert diese politische Initiative, seit Beginn bin ich, der mittlerweile ebenfalls in die Jahre gekommen ist, Aktivist der Steuerinitiative und seit vielen Jahren ihr Synonym.

Nach wie vor betrachte ich die Steuerpolitik als DAS notwendige Vehikel einer längst überfälligen Umverteilung der gesellschaftlich erbrachten Wertschöpfung in unserem Land, aber auch europa- und weltweit. Die derzeit stattfindende Diskussion über eine höhere Besteuerung von Großkonzernen gibt u.a. Zeugnis von dieser Problematik, obwohl sie bedauerlicherweise wieder einmal auch für die Unfähigkeit von Regierungen steht, die von ihnen selbst geschaffenen Herrschermonopole in ihre Schranken zu weisen und den Primat der Politik über das Wirtschafts- und Finanzkapital wiederherzustellen.

Nichts desto trotz oder gerade deshalb ist es notwendig, sich weiterhin mit steuerpolitischen Fragen auseinanderzusetzen und auf Änderungen in der Verteilungswirkung zu drängen. Wir dürfen auch nicht außer acht lassen, dass gerade in nächster Zeit gigantische Herausforderungen auf uns zukommen werden, welche ohne eine Änderung in der Steuerpolitik den überwiegenden Teil der Menschen auf die Verliererseite drängen werden. Die Klima- und Umweltproblematik, die Corona-Krise, der zu erwartende Anstieg jener Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen die Flucht aus ihren Heimatländern antreten werden, weil sie dort ihre Lebensgrundlagen verloren haben, aber auch der zu erwartende Kampf um lebensnotwendige Ressourcen wie dem Wasser und die digitale Umformung nahezu aller Lebensbereiche sind solche Entwicklungen, auf welche gerade in der Steuerpolitik neue Wege zu beschreiten sind.

Die „Steuerini“ hat in den 22 Jahren ihres Bestehens unzählige Artikel und Kommentare verfasst, die meisten davon wöchentlich, und zahlreiche davon in unterschiedlichen Medien publiziert. Wir haben Vorschläge unterbreitet, Aktionen durchgeführt und Initiativen ergriffen. Einige davon konnten durchaus erfolgreich abgeschlossen werden, andere harren noch einer Verwirklichung oder müssen neuen Entwicklungen angepasst werden. Aber es ist mir bewusst, dass Erfolg bzw. Misserfolg in einer so komplexen Sache immer auch eine Zeitfrage ist und Beharrlichkeit notwendig ist.

Aus diesem Grunde wird meine Arbeit auch fortgesetzt, allerdings werde ich von den wöchentlich erscheinenden Kommentaren abgehen und diese etwas unregelmäßiger und abhängig vom politischen Tagesgeschehen und meinen Zeitressourcen veröffentlichen. Der selbst auferlegte Druck, jede Woche einen Kommentar zu veröffentlichen, ist nicht immer zielführend, weil nicht Quantität, sondern Qualität meine Arbeit auszeichnen soll und ich (vielleicht auch altersbedingt) häufig mehr Zeit für notwendige Recherchen in einer Sache benötige.

Bleiben Sie also meinen Bemühungen gewogen, auch wenn diese nicht jede Woche einen Niederschlag in schriftlicher Form finden. Werfen Sie des öfteren einen Blick auf die Homepage oder auf meine Seite auf Facebook!

 

Gerhard Kohlmaier, 5.6.2021

 
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