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Woko vom 17.2.2019: Als gäbe es kein morgen! Drucken E-Mail

 

Das derzeitige politische Geschehen ist sowohl national als auch europäisch und international ein wenig erfreuliches. Denn es ist eine Tatsache, dass die Politik dem wirklich brennenden Problem unserer Zeit hinterherhinkt - der ökologischen Katastrophe, auf die wir zusteuern.

Die USA, China und Russland sind derart mit Fragen einer Neuaufteilung ihrer weltweiten Einflusssphären beschäftigt, dass sie nicht einmal bemerken, wie sehr all das, was hier zu teilen ist, letztlich davon abhängt, inwiefern man in Zukunft in bestimmten Teilen dieser Welt überhaupt noch Lebensbedingungen für Menschen vorfinden wird. Oder aber sie wissen darüber Bescheid und bringen sich in Stellung für die Aufteilung der verbleibenden

Restgebiete.

Die Europäische Union bemüht sich - auch in Anbetracht der Politik der Großmächte - um eine politische Neuausrichtung dieses Europas, um im Wettstreit mit den Supermächten nicht völlig auf der Strecke zu bleiben. Die Politik der freien Märkte und die Militarisierung Europas stehen dabei im Zentrum, während dieses Europa sowohl im sozialen als auch im demokratiepolitischen Bereich immer mehr zu zerbrechen droht.

Die nationale Politik thematisiert insbesondere das Problem der Zuwanderung im Spannungsfeld der Bedrohung der Heimat durch die Fremden, während die Heimat in Wahrheit durch Versäumnisse in der Klimapolitik auf nationaler und internationaler Ebene bedroht ist. So ganz nebenbei scheint von der Umweltministerin bis hin zum Bundeskanzler diesen noch immer nicht klar zu sein, dass die wirklichen Völkerwanderungsströme erst in Zukunft drohen, und zwar nicht, weil in irgendwelchen Ländern Krieg herrscht und Menschen verfolgt werden, sondern weil die Menschen auf Grund der Klimaerwärmung und deren Folgen jegliche Lebensgrundlagen verlieren werden und sich dorthin auf den Weg machen werden, wo Leben noch möglich ist. Diese Problematik zugunsten einer kurzsichtigen Hetzkampagne gegen alles Fremde hintanzustellen, mag zwar aus populistischen Gründen opportun sein, ihrem Wesen nach ist eine solche Politik jedoch verantwortungslos und mehr als naiv, vor allem auch deshalb, weil man durch diese Versäumnisse die Lebensgrundlage kommender Generationen auf das Spiel setzt.

Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen. Wir steuern auf eine Klimakatastrophe ersten Ranges zu. Und das ist noch dazu keine neue Erkenntnis, sondern bereits bei der ersten internationalen Klimakonferenz im Jahr 1979 - also vor nunmehr 40 Jahren - wurde die Erderwärmung von allen bedeutenden Wissenschaftlern als die politische Herausforderung für die Zukunft gesehen, auf die es zu reagieren gilt, um wenigstens das Ärgste zu verhindern.

Wir wissen, dass die Gletscher mit zunehmender Geschwindigkeit schmelzen, wir wissen, dass der Meeresspiegel steigt, wir wissen, dass riesige Gebiete dieser Erde austrocknen, während andere zunehmend unter Wasser zu stehen drohen, wir wissen, wir wissen. Wir spüren, dass die Sommer selbst bei uns immer heißer werden, wir kennen die zunehmenden Ernteschäden, wir kennen die Unwetterschäden und wir wissen, dass diese, nehmen sie weiterhin zu, was nach wissenschaftlichen Aussagen zu erwarten ist, in naher Zukunft von keiner Versicherung und keinem Staat mehr bezahlt werden können.

Aber unsere Politiker, unsere Volksvertreter - auf internationaler und auf nationaler Ebene - spielen weiterhin ihre Machtspiele und setzen dabei die Zukunft der gesamten Menschheit aufs Spiel. So als gäbe es kein morgen.

 
Woko vom 10.2.2019: Die wahren Dienstleister sind immer öfter die Kunden selbst Drucken E-Mail

 

Die postindustrielle Gesellschaft ist eine Dienstleistungsgesellschaft. In der Tat ist der Großteil der Beschäftigten in diesem Sektor tätig. Während in Österreich nur mehr 4,3% der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft und 25,6% in der Industrie tätig sind, liegt der Dienstleistungsbereich mit 70,1% der Beschäftigten an der Spitze dieser Wirtschaftssektoren (Statistik Austria).

Betrachtet man nun das Wesen der Dienstleistung in der Interaktion zwischen Dienstleister und Kunde, so lässt sich das Tun des Dienstleisters in einer ordentlichen Beratung, einer speziellen Serviceleistung oder zumindest in Hilfestellungen bei Problemen charakterisieren. Allerdings wird in vielen Dienstleistungsbereichen gerade dieser Dienst am Kunden gar nicht mehr erbracht.

Es sind einerseits neue technische Entwicklungen, die Automatisierung sowie die Digitalisierung, welche bewirken, dass die Kunden nicht Dienstleistungen empfangen, sondern zu Dienstleistern werden. Sie erbringen nicht nur Dienstleistungen für sich, sondern auch für jene Institute, welche ihnen ihren eigenen Dienst an sich selbst in Rechnung stellen.

Besonders geschickt gehen dabei Bankinstitute vor. Die Kunden regeln ihre Geldgeschäfte online selbst, die Bankinstitute verlangen dafür Gebühren. Wer den Geldverkehr nicht via Computer regelt, sondern dafür eine Bankfiliale aufsucht, sieht sich im Regelfall nicht Mitarbeitern letzterer gegenübergestellt, die ihm bei seinen Geldtransaktionen zur Seite stehen, sondern einer Vielzahl von Automaten, die seiner Eingaben harren. Eine moderne Bankfiliale ähnelt einer Automatenspielhölle, bei welcher der Kunde nicht nur abgezockt wird, sondern eben die dafür notwendigen Tätigkeiten selbst erbringt.

Auch von den Flughäfen kennen wir den Trend vom Kunden hin zum Dienstleister. Wir nehmen die Buchung selbst vor, drucken uns die Tickets selbst aus, führen Platzreservierungen durch, checken unser Gepäck selbst ein und bringen dieses seit Neuestem auch noch selbst zum richtigen Förderband. In den Supermärkten steigt der Trend zum vom Kunden selbst durchgeführten Bezahlungsvorgang.

Selbstverständlich gibt es noch richtige Dienstleistungsbereiche, wie beispielsweise den Beruf des Kellners oder des Friseurs. Wie lange noch, bleibt dahingestellt.

Eine bedeutsame Folge davon, dass wir Kunden selbst zu Dienstleistern an uns selbst mutieren, ist die Tatsache, dass wir so auch stillschweigend zu unbezahlten Mitarbeitern von Unternehmen und Konzernen werden. Diese entlassen andererseits massenweise Mitarbeiter, die sie bisher für ihre Tätigkeiten entlohnen mussten. Banken und Versicherungen beispielsweise haben in den letzten Jahren jährlich zwischen 6% und 7% ihrer Mitarbeiter abgebaut.

Diese „Rationalisierung“ ist nur unter dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung rational, denn die Konzerne ersparen sich dadurch nicht nur Lohnkosten, sondern eine Menge an Steuern, da diese nach der Lohnsumme und nicht nach der Wertschöpfung der Unternehmen berechnet werden. Für die überwiegende Zahl der ehemaligen Mitarbeiter jedoch ist diese Entwicklung alles andere als „rational“, denn sie landen in der Arbeitslosigkeit. Während solcherart das Betriebsergebnis der Banken im Jahr 2017 im Schnitt um 22% (Standard, 20.6.2018) gestiegen ist, ist der Dienstleistungsbereich neben Industrie und Gewerbe mittlerweile der Beschäftigungsbereich, in dem die Arbeitslosigkeit am meisten zunimmt.

 

Die postindustrielle Gesellschaft ist im Wesentlichen nach wie vor eine Dienstleistungsgesellschaft, aber eben zunehmend eine, in welcher es der Kunde ist, der seine Dienstleistung an sich selbst erbringt. Noch dazu erbringt er diese Leistung an sich selbst in den meisten Fällen nicht nur unbezahlt, sondern er zahlt dafür sogar noch in Form von Gebühren. Eine Entwicklung, die Anlass zur Sorge gibt.


 
Woko vom 3.2. entfällt Drucken E-Mail

Der Wochenkommentar vom 3.2. entfällt. Der nächste Kommentar erscheint am 10.2.2019.

 
Aktuelles Thema: Wir, das Volk, müssen uns für die Umverteilung einsetzen und können ihr auch zum Durchbruch verhelfen! Drucken E-Mail

 

Es ist im Wesentlichen unwichtig, auf Grund welcher Studie man die Vermögensverteilung in Österreich betrachtet, weil sich alle darin einig sind, dass in unserem Land im internationalen Vergleich eine besonders hohe Vermögensungleichheit besteht. Fasst man, wie das schon Aristoteles tat,  unter Vermögen all das zusammen, was einen monetären Wert besitzt, so ist diese Verteilungsungleichheit in keinem anderen EU-Land so hoch wie in Österreich.

Während in den südlichen und östlich gelegenen Ländern Europas die große Mehrheit der Menschen in den eigenen vier Wänden lebt, also Immobilienvermögen besitzt, beträgt der Anteil der Immobilienbesitzer in Österreich gerade einmal 47,7% (Agenda Austria, 2015). Diese Tatsache korreliert jedoch stark mit den Einkommensverhältnissen. Denn das Brutto-Durchschnittseinkommen von Arbeitern und Angestellten in Österreich inkl. 13. und 14. Monatsgehalt ist 2360 Euro. Nur 10% der Arbeitnehmer verdienen mehr als 4259 Euro brutto (Hauptverband der Sozialversicherungsträger, 2016). Dass man bei diesen Einkommen Probleme mit dem Auskommen hat und sich beim Vermögensaufbau schwer tut, liegt auf der Hand.

Dazu kommt, dass spätestens seit der Finanzkrise und den darauf folgenden Geldschwemmen der EZB eine weitere Ära der Umverteilung gesellschaftlich erzielter Wertschöpfung von unten nach oben folgte. Die Schere zwischen Einkünften aus Lohnarbeit und Kapitalgewinnen ging noch weiter auseinander, einerseits deshalb, weil man Gewinne privatisierte und Verluste verstaatlichte, andererseits auch deshalb, weil sich Renditen in erster Linie auf den Immobilienmärkten erzielen ließen - oder aber durch das Erben von Vermögen.

Insgesamt besitzen 1% der Österreicher, die Reichsten, 40,5% des Nettovermögens, während die ärmsten 50% zusammen gerade einmal 2,5% des gesamten Nettovermögens ihr Eigen nennen können (AK, Nationalbank 2017).

Aus den genannten Gründen ist das Festhalten am derzeitigen Steuersystem, wie es die türkis-blaue Regierung praktiziert, ein Festhalten an einer extrem ungleichen Verteilung der gesellschaftlich erbrachten Wertschöpfung zum Wohle weniger Vermögender und zum Nachteil der überwiegenden Mehrheit der Bürger.

Weil die Regierung in der Verteilungsfrage Klientelpolitik gegen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung betreibt, muss sie ständig davon ablenken. Dies gelingt ihr vor allem durch die Schaffung neuer Feindbilder, welche sie für die prekäre finanzielle Situation zahlreicher Österreicher verantwortlich macht. Sie gibt vor, es seien die Ausländer, die Asylwerber, welche den Österreichern Arbeitsplätze wegnehmen, Sozialleistungen beanspruchen und die der Grund für ihre schlechte finanzielle Situation seien. Während sie einem neuen Nationalismus, dem große Teile der Bevölkerung aufsitzen, das Wort redet, geht die Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen weiter hurtig voran. In Wahrheit ist es die von der Regierung geschützte Klientel und die dieser eingeräumte Steuerprivilegien, welche diese Schieflage erzeugen.

Selbstverständlich spielt, was die konkreten Lebensverhältnisse der Österreicher betrifft, auch das relativ hohe Niveau des österreichischen Sozialstaates eine Rolle, das bedeutet, dass viele Leistungen, für die in anderen Ländern die Bürger selbst die Mittel aufbringen müssen, in Österreich solidarisch im Rahmen des Sozialstaates aufgebracht werden. Aus diesem Grund bewirkt aber auch jeder Abbau von Sozialleistungen eine Verschärfung des Ungleichgewichts in der Vermögensverteilung und lässt die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter aufgehen. Es ist daher besonders verwerflich, wenn die türkis-blaue Regierung im Bereich der Sozialversicherungen Leistungskürzungen vornimmt oder aber eine Familienpolitik betreibt, von welcher die ärmsten und kinderreichsten Familien am wenigsten profitieren.

Auch in der Steuerpolitik strebt diese Regierung keine Veränderung der Verteilungsfrage an. Im Gegenteil: Sie tut alles, um die in Österreich herrschende Vermögensungleichheit noch zu vergrößern. So kommt die Senkung der Körperschaftssteuer im Ausmaß von 1,5 bis 2 Milliarden vor allem großen Konzernen a la Raiffeisen u.a. zugute, weil 80% der Gewinne auf diese Konzerne entfallen. Trotz guter Konjunkturlage liegt Österreich bei der Lohnentwicklung jedoch deutlich unter dem Durchschnitt aller OECD-Staaten (OECD, 2017).

Verändern lässt sich diese ungleiche Verteilungsfrage von volkswirtschaftlichem Vermögen nicht durch eine neue Art des Nationalismus, durch Ab- und Ausgrenzung, durch Fremdenfeindlichkeit, sondern einzig und allein durch eine Umverteilung von oben nach unten. Letztere ist am einfachsten durch einen Umbau des Steuersystems zu erzielen.

Diese ist unter der derzeitigen Regierung jedoch nicht zu erwarten, ganz im Gegenteil, die Eingriffe bzw. die als Reform verkauften Maßnahmen gehen nicht nur aus Verteilungsfragen in die falsche Richtung, sondern auch aus ökologischen Gründen, indem sie nahezu sämtliche wichtigen Antworten auf Zukunftsfragen außer acht lassen.

Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass auch Vorgängerregierungen diese notwendige Umverteilung der gesellschaftlichen Wertschöpfung nicht in Angriff genommen haben. Auch sie haben sich dem Primat des Marktes über die Politik untergeordnet und selbst einem Neoliberalismus gefrönt, aus dessen Klammern sie sich bis heute nicht befreien konnten. Insbesondere die Sozialdemokratie steht für diese Entwicklung, ein Grund dafür, warum sie in der Auseinandersetzung mit konservativen und rechtspopulistischen Parteien für viele Wähler an Glaubwürdigkeit eingebüßt hat. Auch die Gewerkschaften haben aus unterschiedlichen Gründen neoliberaler Politik kaum etwas entgegengesetzt, sie haben in Zeiten der größten Umverteilungswelle volkswirtschaftlicher Wertschöpfung von unten nach oben, von den Arbeitnehmern hin zu den Vermögenden, diesen Trend sogar unterstützt, indem sie ihren Mitgliedern lange Zeit eine Politik der Sozialpartnerschaft, die es zu dieser Zeit längst nicht mehr gegeben hat, vorgegaukelt und faule Kompromisse im Rahmen von Sozialkämpfen als das kleinere Übel verkauft haben.  Gut gelebt haben dabei nur die Funktionäre, für die Arbeitnehmer führte diese Vertretungspolitik zum geordneten Abbau mühsam errungener Arbeits- und Sozialrechte und wird bis dato fortgesetzt.

Man kann und muss davon ausgehen, dass die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bürger für eine Umverteilung der gesellschaftlich erzielten Wertschöpfung von oben nach unten, von den Vermögenden hin zur Mehrheit der Bevölkerung hin eintritt. Eine solche ist am effektivsten mittels der Einführung von Steuern zu gewährleisten, denn der Großteil der Wertschöpfungsverteilung in einem Staat wird über die Steuerpolitik geregelt.

Wie der französische Ökonom Piketty nachgewiesen hat, haben gerade Erbschaften eine große Bedeutung für die ungleiche Verteilung von Vermögen. Daher ist eine progressive Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen unumgänglich. Nahezu 40% der Streuung von Vermögen lassen sich auf Erbschaften zurückführen. Obwohl in 18 EU-Staaten aus diesen Gründen eine Erbschaftssteuer abzuführen ist, wurde diese in Österreich mit 1.1.2008 ersatzlos abgeschafft. Der Verfassungsgerichtshof hatte bemängelt, dass die Bewertungsvorschriften von Grundstücken dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen. Statt das Gesetz nachzubessern, verzichtete die SPÖ-ÖVP-Regierung vollständig auf dieses Regulativ. Dabei ergäbe sich bei einer Besteuerung von 25% ab einer Freibetragsgrenze von 1 Million Euro ein Steueraufkommen von ca. 700 Millionen Euro. Betroffen davon wären nur die reichsten 1-2% der Bevölkerung.

Aber auch die Einkommensverhältnisse tragen wesentlich zur ungleichenVermögensverteilung bei. Aus diesem Grund sollten auch die Spitzeneinkommen einer progressiven Besteuerung unterliegen. Was spricht dagegen, auf Top-Einkünfte, die über 500 000 Euro jährlich liegen, Steuersätze von 80% einzuführen. Nichts. Oder kann mir jemand erklären, wie jemand ein Managergehalt von mehreren Millionen Euro mit seiner Leistung rechtfertigen kann.

Eine längst überfällige Änderung im Steuersystem ist die Umstellung der Sozialversicherungsleistungen von Gehältern und Löhnen hin zur erzielten Wertschöpfung eines Unternehmens. Die Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmen sind derzeit an die Lohnsumme gekoppelt. Das führt dazu, dass personalintensive Unternehmen relativ viel an Sozialversicherungsbeiträgen abführen, während Unternehmen, die wenig personalintensiv sind und mit neuen Technologien arbeiten, trotz Milliardengewinnen kaum etwas zur Sicherung von Sozialversicherungsleistungen beitragen. Die mit der Umstellung verbundenen Schwierigkeiten in Einzelbereichen (Einpersonenunternehmen, öffentlicher Bereich,…) sind bekannt und leicht zu lösen.

Und selbstverständlich benötigen wir dringend eine neue Form von Steuer, um die von K.H. Grasser unter dem Titel „Kapitalmarktoffensive“ im Jahr 2000 abgeschaffte Börsenumsatzsteuer durch eine effektive Besteuerung von Finanzgeschäften zu ersetzen. Es ist nicht verwunderlich, dass es unter dem österreichischen Ratsvorsitz der Vorsitzende der Arbeitsgruppe „Finanztransaktionssteuer“ Finanzminister Hartwig Löger war, der das Ende des Vorhabens einer europäischen Variante der Finanztransaktionssteuer verkündete. Das jedoch bedeutet nicht mehr oder weniger, als dass sich die Finanzlobby gegenüber einer Politik durchgesetzt hat, die längst nicht mehr im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung agiert. Wir brauchen Investitionen in die Realwirtschaft, nicht aber Spekulationen auf den Finanzmärkten. Wohin uns letztere führen, hat uns unter anderem die Finanzkrise gezeigt. Es ist also dringend notwendig dieser Finanzwirtschaft Zügel anzulegen, sowohl im Rahmen der nationalen als auch der internationalen Steuergesetzgebung.

Nun wissen wir jedoch aus der Vergangenheit, dass die Regierenden kein Interesse an dieser Art von Umverteilung mittels eines Umbaus des Steuersystems haben. Zu sehr sind die Repräsentanten des Volkes mittlerweile Teil eines Systems, welches zwar der Mehrheit der Bevölkerung zum Nachteil gereicht, von dem sie jedoch persönlich profitieren, so lange sie es gewähren lassen. Regierungen, Parteien oder Gewerkschaften werden diese längst fälligen Änderungen daher auch in Zukunft nicht herbeiführen.

Es muss also das Volk selbst sein, das die Regierenden zum Handeln zwingt. In einer Demokratie ist diese Willensäußerung des Volkes dann für jede Regierung verbindlich, wenn sie im Rahmen von Wahlen und von Volksabstimmungen erfolgt. Wahlgemeinschaften zum Thema „Umverteilung“ sind eine Möglichkeit, diesbezügliche Veränderungen im Rahmen der parlamentarischen Demokratie herbeizuführen. Eine andere sind Volksabstimmungen. Mit Volksabstimmungen kann dem Willen des Volkes gegen die Interessen von Parteien, Lobbyisten, gegen die Interessen und die Macht der Reichen zum Durchbruch verholfen werden. Und wenn man Volksabstimmungen von „oben“ weiterhin verhindert, dann soll sie das Volk selbst durchführen: Volksabstimmungen von „unten“ als demokratische Willensäußerung des Volkes, welche von jeder Regierung umzusetzen ist.

Gerhard Kohlmaier, Jänner 2019

 

P.S.:Beide Vorschläge (Wahlgemeinschaften, Volksabstimmung) wurden von der Steuerinitiative bereits 2008 konkretisiert und finden sich ausgearbeitet unter http://www.steuerini.at/index.php?option=com_content&view=article&id=6:strategien-gegen-eine-neoliberale-politik&catid=16:programm&Itemid=19 und auf der Homepage http://www.umverteilung.at

 
Woko vom 20.1.19: Wie lange darf Herr Waldhäusl noch? Drucken E-Mail

 

Ja, wie lange noch hat der niederösterreichische Landesrat der FPÖ Narrenfreiheit? Ja, es ist Fasching, aber erstens sollte man über Faschingseinlagen lachen können, während Waldhäusls Äußerungen jeden klar denkenden Menschen die Sorgenfalten ins Gesicht treiben, zweitens sollte das närrische Treiben doch gemeinhin außerhalb der Regierungsbänke stattfinden. Waldhäusl jedoch macht aus seiner Bestellung zum Landesrat in Niederösterreich eine ganzjährige Narrenveranstaltung.

Man könnte glauben, er denkt sich nichts dabei, wenn er jugendliche Asylwerber hinter Stacheldraht einpferchen will, wenn der Betrag, den die Steuerzahler für diese Art der „Betreuung“ berappen müssen, das Dreifache von ordentlich geführten Asylantenheimen beträgt. Er ist zwar verantwortlich für die Unterbringung von jugendlichen Asylwerbern in Niederösterreich, aber offensichtlich nicht dafür, dass er diese privaten Betreibern zu exorbitanten Betreuungskosten zuschanzt. Ja, vielleicht denkt er sich bei all dem nichts, doch scheint diese Gedankenlosigkeit ansteckend zu sein und setzt sich bis in die höchsten Kreise der Landes- und Bundespolitik von FPÖ und ÖVP fort.

Dass Waldhäusl zwischen ausländischen und inländischen Wölfen unterscheiden kann, weist ihn als Wildbiologen aus, welchem nicht einmal profunde Kenner der Materie das Wasser reichen können. Dass er erstere zum Abschuss freigeben, während er letztere verschonen will, mag wohl als Beweis dafür dienen, wie sehr ihm das Heimische am Herzen liegt. Dass er, wie die Medien berichteten, Asylwerber mit Schweinen verglichen hat und Homosexuelle als „Schwuchteln“ sowie politische Gegner als Triebtäter bezeichnet haben soll, ist wohl auch Ausdruck dafür, wie sehr er sich mit biologischen Fragen auf hohem Niveau beschäftigt.

Die seinen Namen tragende „ Waldhäusl nunmehr GmbH & Co KG“, ein Firmengeflecht mit einer Beteiligung in Zypern, hat ein Wirtshaus in Waidhofen gekauft, welches von seiner Frau betrieben wird und die Gäste mit bodenständiger Küche versorgt. Selbstverständlich hat der Landesrat mit diesem Firmengeflecht so gut wie nichts zu tun, weil er ja, wie er selbst anmerkte, gar kein Mitspracherecht in dieser eigenartigen Firmenkonstruktion habe, welche auf der Webseite damit wirbt, dass sie u.a. „hervorragende Rahmenbedingungen in steuerlicher Hinsicht“ biete. Jemand wie dieser Volksvertreter, dem die Heimat über alles geht, kann doch auch gar kein Interesse daran haben, sich Steuervorteile durch eigenartige Firmenkonstruktionen zu verschaffen. Interessant ist jedoch, dass Waldhäusl Zeitungsberichten nach nun plane, die Geschäftsführung der „Waldhäusl nunmehr“ auf einen seiner Söhne zu übertragen. Wie macht er denn das, wenn er doch keinerlei Einfluss auf das Firmengeschehen hat?

Vor wenigen Tagen nun ließ Waldhäusl erneut aufhorchen, als er nach einer Kritik der Volksanwaltschaft an einer Flüchtlingsunterkunft sogleich die Abschaffung der Institution der Volksanwaltschaft zur Diskussion stellte. Erstmals sah sich nach diesem Angriff auf eine wichtige Kontrollinstanz unserer Demokratie selbst Clubchef Gudenus genötigt von einer Einzelmeinung zu sprechen, welche sich nicht mit programmatischen Forderungen der FPÖ decke, aber der Landeshauptfrau Miki-Leitner (ÖVP) sind die Äußerungen Waldhäusls  immer noch keinen Kommentar wert. Und wo bleiben die Stellungnahmen des Regierungschefs Kurz oder des Vizekanzlers Strache zum Politikverständnis des niederösterreichischen Landesrats? Offenbar sind sie mit der Art und Weise, wie Herr Waldhäusl Politik betreibt, durchaus einverstanden.

Wo aber bleibt schließlich der Aufschrei der Bürger sowie all jener Wähler, die den Politiker Waldhäusl in sein Amt gewählt haben. Er ist kaum zu vernehmen, und das macht wirklich nachdenklich.

 

 
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