16.2.: Neues aktuelles Thema: Die Bürger und Steuerzahler haben in der HYPO-Affäre Rechte, die sie einfordern. Sonst werden sie die Gefolgschaft verweigern! |
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Die Sache stinkt zum Himmel. Die Regierung verfolgt trotz eindeutiger Expertise von international anerkannten Fachleuten, dass eine Insolvenz der HYPO die bei weitem billigste, volkswirtschaftlich sowie politisch verträglichste und risikoärmste Variante ist (Wyman-Studie - einsehbar und downloadbar unter http://neos.eu/Parlament/2014-02-05_Anfrage-HypoAA.pdf ) nach wie vor die Anstaltslösung, nach der die Lasten dieses Megabankraubes einzig und allein dem Steuerzahler aufgebürdet werden sollen. Dass diese Wyman-Studie, die von der Regierung bisher geheim gehalten wurde, ans Licht der Öffentlichkeit gelangt ist, ist im Wesentlichen einem Zufall zu verdanken - einer parlamentarischen Anfrage der NEOS. Die Verantwortlichen in der Regierung hüllen sich nach wie vor in Schweigen darüber und denken gar nicht, die vom Finanzministerium selbst in Auftrag gegebene und mit Steuermitteln bezahlte Studie publik zu machen. Aber nun können Sie selbst Einblick in diese nehmen und auch nachlesen, dass eine Insolvenz der Bank der einzig vernünftige Weg ist, wie man mit diesem Scherbenhaufen HYPO umgehen kann.
Die Regierung will den von Josef Pröll, der 2009 die im Besitz der Bayrischen Landesbank befindliche HYPO über Nacht verstaatlicht hatte, angefangenen Kurs einer Lastenübertragung auf die Steuerzahler nun zügig fortsetzen. Sie hält sich daher auch nicht an Ratschläge internationaler Experten, sondern zaubert wieder einmal altbekannte Systemfreunde aus dem Hut, welche die Österreicher nun medial auf die für sie katastrophale Anstaltslösung vorbereiten.
Zu diesem Zweck wird nun alles in Gang gesetzt, was diesem Ziel dienlich sein könnte. So wird seit heute fleißig die Ratingagentur-Keule geschwungen, also die Steuerzahler damit für die schlechte Anstaltslösung zu gewinnen versucht, indem man eine Abwertung der HYPO und des Landes Kärnten durch die Ratingagentur Moody‘s medial in Szene setzt. Selbst der Bad Bank-Befürworter Nowotny hat noch im Juli 2011 in einem TV-Interview den Ratings von amerikanischen Agenturen keine große Bedeutung beigemessen. Nun aber scheint sie ihm in sein Konzept zu passen. Diese Drohung von Moody‘s ist als Unterstützung einer Politik der Regierung einzustufen, die durch eine Bad Bank-Lösung alle Lasten den Steuerzahlern umhängen soll. Diese zahlen sodann die Gläubiger und Spekulanten, die bei HYPO mitgemischt haben, aus. Letztere verlieren keinen Cent. Alleine Hedgefonds werden durch die Steuerzahler Milliarden verdienen. Man rechnet mit dem drei- bis fünffachen ihres Einsatzes. Geld, das dann wieder auf den Finanzmärkten für weitere Spekulationen gegen die Interessen der Bürger eingesetzt werden kann.
Anleihebesitzer und Spekulanten lassen sich jeden Cent ihrer Investitionen vom Steuerzahler abgelten. Banken, wie die Raiffeisenbank, und Versicherungen, die Beteiligungen an der HYPO halten, bekommen ihre Investitionen vom Steuerzahler zurückgezahlt. Und schließlich bekommen auch fast alle Bundesländer, die Beteiligungen halten, getätigte Risken durch den Steuerzahler zurückerstattet.
Das nennt man Umverteilung nach oben in der Krise. Umverteilung von Geldern, die durch die Arbeit der Menschen in diesem Land erwirtschaftet wurden, hin zu jenen, die ihren Reichtum nicht durch Arbeit, sondern durch Geldvermehrung mittels spekulativer Investitionen erwirtschaften. Eine Art Meisterstück neoliberaler Politik.
Dass der Bund im Falle einer Pleite der Bank für die Haftungen des Landes einspringen müsse, ist eine Erfindung der Befürworter der Anstaltslösung. Eine derartige Verpflichtung kennt die österreichische Bundesverfassung nicht.
Derzeit setzt die Regierung alles daran, sich um eine Aufklärung der Machenschaften und versäumten Kontrollmechanismen rund um das HYPO-Debakel herumzuschwindeln, indem sie den schwarzen Peter allein dem verstorbenen LH Haider zuzuschieben versucht und darauf pocht, dass es nun Zeit zum Handeln sei. Falsch. Es ist Zeit für eine lückenlose Aufklärung, bevor man vernünftig handeln kann. Jeder weiß, dass der verstorbene Landeshauptmann eine gewichtige Rolle in der Affäre eingenommen hat, dass aber seine Machenschaften von Vertretern der SPÖ und ÖVP unterstützt und gebilligt wurden. In welchem Ausmaß und mit welchem Wissensstand ist zu eruieren. Schließlich wollen die Staatsbürger und Steuerzahler die Abwicklung einer HYPO-Lösung zum Schluss nicht auch noch jenen überlassen, die dafür mitunter mitverantwortlich sind.
Die Rolle der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht in der Causa muss Anlass sein, dieses verfilzte System von Parteigünstlingen und Vasallen offenzulegen und durch unabhängige Institutionen zu ersetzen. Die Verantwortlichen in der Nationalbank haben nicht nur wie Gouverneur Nowotny 2008 keine „notleidende HYPO“ konstatiert, sie haben jahrelang zugesehen, wie die HYPO Klagenfurt gegen Wettbewerbsregeln bei der Vergabe von Krediten verstoßen hat, ohne dabei tätig zu werden. „Und dies obwohl das Notenbankgesetz den Generalrat verpflichtet, makroökonomische Verwerfungen mit Folgen für den Kapitalmarkt aufzuzeigen. Angesichts des Auseinanderlaufens von Einlagen und Ausleihungen hätte der Generalrat tätig werden müssen.“ (NZZ, 15.2.2014)
Zu klären wird auch sein, was in den fünf Jahren, seitdem die HYPO nun tatsächlich im Staatsbesitz ist, genau geschehen ist. Ich meine dabei nicht nur die scheinbare politische Tatenlosigkeit oder Verschleppung des Dilemmas, sondern insbesondere auch alle Geschäftstätigkeiten der Bank in dieser Zeit.
Das kann nur durch ein von der etablierten Politik unabhängiges Institut geschehen. Allein in den letzten Tagen sind hier genügend Verdachtsmomente aufgetaucht, nach denen selbst in dieser Zeit die Bank zum Selbstbedienungsladen von Günstlingen geworden ist und Gelder in Millionenhöhe verteilt wurden.
Die österreichische Bevölkerung (ca. 8 500 000) soll nach dem nun von der Regierung präferierten Anstaltsmodell angeblich zwischen € 2000.- und € 2350.- pro Staatsbürger für die HYPO zahlen, vom Baby bis zum Greis gerechnet. Nimmt man einen durchschnittlichen Wert von € 2200.- an bedeutet dies, dass ein 4- Personenhaushalt mit zusätzlich € 8800.- belastet werden soll. Da aber nur zahlen kann, wer auch etwas verdient, wirkt sich dieser Schuldenberg katastrophal auf die Einkommensverhältnisse der Beschäftigten ( Im Jänner 2014 waren dies 3 420 000) aus. Jeder dieser Arbeitnehmer soll daher an die € 5500.- auf den Tisch legen.
Die „Steuerinitiative“ fordert daher neben der morgigen Sondersitzung zur HYPO-Affäre:
- Die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Klärung aller politischen Verantwortungen und eventuellen Amtshaftungen
- Die Veröffentlichungen der WYMAN-Studie durch die Regierung in den Medien
- Die Einsetzung von parteipolitisch unabhängigen Experten, die nicht in irgendeiner Form mit dem österreichischen Bankwesen und dem österreichischen Parteiwesen verbunden sind, für die weitere Vorgangsweise in der Abwicklung der Problematik
- Die Offenlegung aller Bankbeteiligungen, aber eine Information über die Kreditsummen und getätigten Anleihen sowie der erfolgten Rückzahlungen inkl. Zinsen. Die öffentliche Aufarbeitung von allen spekulativen Investitionen und allfälliger Gewinne daraus.
- Eine Auflistung der vorhandenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Bank
- Die Veröffentlichung der seit der Verstaatlichung der Bank in Auftrag gegebenen Studien, deren Kosten und die Bekanntgabe der begünstigten Personen bzw. Institute
- Die Rückzahlung der durch HYPO-Verkaufserlöse vom Land Kärnten zurückgehaltenen 500 Millionen Euro an den Bund bzw. eine Sperre dieser Gelder zur ausschließlichen Tilgung des entstandenen Schadens
- Eine rechtliche Überprüfung der Haftungen des Landes Kärnten durch unabhängige Experten
- Einen parlamentarischen Beschluss über das weitere Vorgehen, in welchen auch die Oppositionsparteien eingebunden sind, d.h. eine Beschlussfassung mit einer Zweidrittel-Mehrheit
- Sollte ein derartiger Beschluss nicht möglich sein, dann fordert die „Steuerinitiative“ eine Volksabstimmung darüber, ob der Anstaltslösung oder der Insolvenz der Bank der Vorrang eingeräumt werden soll.
Mag. Gerhard Kohlmaier, Steuerinitiative im ÖGB, www.steuerini.at, 16.2.2014
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13.2.: Antwort der FPÖ/Strache |
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S.g. Herr Kohlmaier,
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herzlichen Dank für Ihr Schreiben an HC Strache.
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Für die FPÖ ist klar, wir wollen erstens einen Untersuchungsausschuss zur Notverstaatlichung, zweitens soll der Finanzminister dem Nationalrat alle Fakten auf den Tisch legen, damit wir auf dieser Informationsgrundlage eine Entscheidung treffen können – daher haben wir eine Sondersitzung mit den anderen Oppositionsparteien für kommenden Montag beantragen - und drittens ist für die FPÖ klar, dass wir uns für die günstigste Lösung für die Steuerzahler aussprechen werden. Und sollte die günstigste Lösung der Konkurs der Hypo sein, wie im Wyman-Report ausgeführt wird, so werden wir uns für diese Variante stark machen.
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Wie uns unsere Experten aber versichern, ist es so, dass die am Montagabend von der Regierung präsentierte reine staatliche Bad Bank Variante (sprich die sogenannte "Anstalts-Lösung") die teuerste Lösung für den Steuerzahler ist, und das werden wir nicht mittragen.
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Am 14. Dezember 2009 wurde die Hypo Alpe Adria Bank international AG zum symbolischen Preis von vier Euro von der Republik Österreich übernommen. Um die Bevölkerung über die tatsächlichen Umstände dieser Verstaatlichung zu täuschen, wurde dieser Vorgang von Seiten der rot–schwarzen Bundesregierung als "Notverstaatlichung" bezeichnet.
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Damit wurden die Risiken, die durch den Expansionskurs der vorherigen Eigentümer, deren Vertreter sich derzeit in München vor einem Strafgericht für ihre Taten Zusammenhang mit der Hypo Alpe Adria verantworten müssen, auf den österreichischen Steuerzahler abgewälzt.
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Zusätzlich erhielten die Bayern LB als vormalige Hauptaktionärin der Hypo Alpe Adria ein Mitspracherecht beim weiteren Vorgehen der Republik mit der Hypo Alpe Adria eingeräumt. Dies verdeutlicht die ungünstigen Bedingungen, die von den Vertretern der Republik Österreich im Dezember 2009 ausgehandelt wurden.
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Seit diesem beispiellosen Vorgang ist es den Vertretern von SPÖ und ÖVP in den letzten vier Jahren nicht gelungen, einen tragfähigen Plan zur Abwicklung der Hypo Alpe Adria Bank zu entwickeln. Neben den finanziellen Einbußen für die Republik Österreich durch die ebenfalls verstaatlichten Österreichischen Volksbanken AG ÖVAG und die KA Finanz als Bad Bank der Kommunalkredit AG stellt die Hypo Alpe Adria eine enorme Belastung für den Staatshaushalt dar.
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Dennoch war es keiner der beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP seit 2009 ein Anliegen, die genauen Umstände der Verstaatlichung ans Licht zu bringen noch eine sinnvolle Vorgehensweise für das weitere Verfahren mit der Hypo Alpe Adria zu erarbeiten.
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Ganz im Gegenteil wird bis heute von Regierungsseite aus versucht, die öffentliche Diskussion in die Irre zu führen. Ein Gutachten (Wyman-Report), das vom Finanzministerium über die Optionen zur Abwicklung der Hypo Alpe Adria sowie die Auswirkungen für das Staatswesen, wurde unter Verschluss gehalten. Es liegt der Schluss nahe, dass der Inhalt den politischen Verantwortlichen nicht zusagte; erst nach offensichtlicher Indiskretion im Finanzministerium konnte das Gutachten von der Opposition der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
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Tatsache ist, dass es bei der nun von der Bundesregierung vorgeschlagenen „Anstalts-Lösung“ auch Profiteure gibt. So erspart sich der Haftungsverbund der Hypo-Landesbanken an die 1,5 Milliarden Euro und hier vor allem die ÖVP-geführten Länder wie Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg. Auch darf man nicht vergessen, dass auch der Raiffeisenkonzern als Miteigentümer einiger Hypo-Landesbanken von dieser Lösung massiv profitiert. So kann Raiffeisen sein gesamtes Risiko mit Hilfe von SPÖ und ÖVP auf die heimischen Steuerzahler abwälzen.
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Aufgrund der bisherigen Vorgänge in dieser Causa stellt sich für die FPÖ die Frage, ob die politisch Verantwortlichen von SPÖ und ÖVP das Interesse der Republik Österreich im Auge haben oder eine Lösung aus anderen Gründen bisher verschleppt wurde.
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Mit den besten Grüßen
Ihr Büro HC Strache
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11.2.: Antwort des Dialogbüros der GRÜNEN |
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Sehr geehrter Herr Mag. Kohlmaier,
vielen Dank für die Übermittlung Ihres offenen Briefes an Herrn Bundeskanzler Faymann und Herrn Finanzminister Spindelegger an uns Grüne.
Wir Grüne drängen zur Aufklärung und zum Schutz der SteuerzahlerInnen in Bezug auf das Hypodesaster auf eine Sondersitzung des Nationalrats. Mehr Informationen finden Sie bei Interesse hier:
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dialogbüro der Grünen
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Es ist Zeit für ein Wirtschaften zum Wohl der Menschen |
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Beim Weltwirtschaftsforum in Davos, das diese Woche endete, waren sich die Vertreter der Industrienationen im Wesentlichen einig: Es geht bergauf, die Zahlen verkünden, das Ärgste an der Finanz- und Wirtschaftskrise sei überstanden.
Der Aufschwung als Zahlenwerk, wirtschaftliches Wachstum als Parameter für... - ja, wofür eigentlich? Für den statistischen Abbau von Staatsschulden durch Finanztricks, für positive Bankbilanzen, für neue Möglichkeiten des internationalen Finanzkapitals die weltweiten Märkte unter ihre Alleinherrschaft zu bringen.
Das alles lässt sich mit Zahlen belegen. Zahlen, die auf geduldigem Papier stehen, denn sie können und werden bereits morgen überholt sein. Dann gelten eben andere Zahlen. Man, das heißt die politischen Akteure und Heilsverkünder einer neoliberalen Wirtschaftsordnung, haben sich getäuscht, sie konnten nicht voraussehen, wie sich die Märkte entwickeln würden. Die österreichische Regierung übt dieses Szenario seit Jahren. Denn schließlich sei ja alles so kompliziert, so vernetzt, so global.
Nichts gegen Zahlen, denn zweifelsohne kann man Schuldenquoten, Wachstum, Gewinne, aber auch Arbeitslosigkeit usw. in Zahlen ausdrücken. Aber neben der Unsicherheit solcher Prognosen wiegt noch viel schwerer, dass diese Zahlenspiele so überhaupt nichts über die Befindlichkeit der Menschen aussagen, deren Lebensbedingungen von diesen Kennzahlen abhängig gemacht werden. Und es sind doch schließlich die Menschen, um deren Wohlbefinden es gehen sollte, wenn man über Wirtschaft spricht.
Wirtschaftliches Handeln im Dienste der Menschen. Nein, das ist längst nicht mehr gemeint, wenn die Regierungen der Industriestaaten das Wort Ökonomie in den Mund nehmen. Sie meinen damit im Wesentlichen Kennzahlen, durch welche sich für das Finanzkapital die Möglichkeiten des Einflusses auf die Politik, deren Gewinnspannen und Möglichkeiten Geld durch Spekulation zu vermehren ausdrücken lassen. Weisen diese Zahlen nach oben, dann ist die Wirtschaftswelt für diese Konzerne in Ordnung.
So lobte man in Davos die griechische Regierung, welche sich an den von der Troika auferlegten Sanierungskurs halte, erste Früchte zeige, die sich in solchen Zahlen ausdrücken lassen. Die Realität der Lebensbedingungen der Griechen im Land spielt dabei eine untergeordnete Rolle, obwohl sich auch diese in Zahlen ausdrücken lässt. Die Realeinkommen der Menschen sind in den letzten 5 Jahren um fast 40% gesunken, die Arbeitslosigkeit liegt bei nahezu 30%, die Jugendarbeitslosigkeit bei 50%. An die 150000 Universitätsabsolventen haben in diesem Zeitraum das Land verlassen. Viele Griechen können sich die Grundbedürfnisse des Lebens wie Essen, Wohnen, Teilhabe am kulturellen Leben nicht mehr leisten, die Selbstmordrate hat gigantische Ausmaße angenommen, weil die Menschen keine Auswege aus ihrer Tristesse mehr sehen.
Davon müsste die Rede sein, wenn man - zugegeben auch in Davos - die hohen Arbeitslosigkeitszahlen in vielen Ländern bedauert. Wie kann man regionale Wirtschaftskreisläufe stärken, wie kann man eine Geldwirtschaft, welche auf Geldvermehrung durch Geld mittels Spekulation, Korruption, Monopolstellung usw. fußt, wirksam und langfristig verhindern.
Vergessen wir die Zahlen. Blicken wir doch endlich auf die Qualität unserer Ökonomie, die sich im Wohlbefinden der Menschen ausdrücken soll. Wir brauchen einen Wirtschaftsbegriff, in welchem sich dieses Wohlbefinden unter anderem in der Identifikation mit der Tätigkeit ausdrückt, welche Menschen verrichten, nicht in der Abscheu davor. Wir benötigen eine Wirtschaft, in der die Gewinne wieder in den Wirtschaftskreislauf einfließen bzw. zur Erhöhung der menschlichen Lebensqualität verwendet werden. Wir müssen dem Mammon Geld und Konsum endlich abschwören und Wirtschaftswachstum als Wohlfühlwachstum verstehen.
Aber, so meinen die Davoser Politiker fast einstimmig, Griechenland sei auf einem guten Kurs. Man müsse den Sparkurs im Land nur konsequent fortsetzen, die Entlassungen von Menschen im öffentlichen Dienst und in unrentablen Wirtschaftsbereichen vorantreiben, Steuern erhöhen, Sozialleistungen weiter einschränken. Dann könne man dort wieder Geschäfte machen, dann sei Griechenland gerettet. Als ob das Finanzkapital nicht schon in und mit der Krise seine Geschäfte auf Kosten der griechischen Bevölkerung gemacht hätte. Es geht den Davoser Politikern in Wirklichkeit darum, eine Umverteilungspolitik fortzusetzen, die wenige zu Gewinnern, den Großteil der Menschen aber zu Verlierern dieses Systems stempelt. Dafür müssen die Zahlen herhalten.
Gerade wir Österreicher konnten in den letzten Monaten feststellen, welche Bedeutung Zahlen für unsere Regierung haben: Budgetzahlen, Wachstumszahlen, Arbeitslosenzahlen, Staatsschuldenzahlen....Sie dienten und dienen in erster Linie zur Schönfärberei einer Politik, die auf sogenannten Systemzwängen besteht, die durch diese Zahlenspiele untermauert werden sollen. Diese Systemzwänge eines neoliberalen Wirtschaftssystems und einer neoliberalen Politik bestehen jedoch nur so lange, so lange die Menschen dieses System auch für vernünftig halten. Das jedoch ist immer weniger der Fall. Immer deutlicher wird den Menschen bewusst, dass dieses Wirtschaftssystem und seine sogenannten Wachstumszahlen nichts mehr mit einer Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu tun hat, sondern im Gegenteil mit einer Verschlechterung.
So lange jedoch unser Begriff von Wirtschaften auf Zahlen beruht, welche uns Politiker und Lobbyisten eines fragwürdigen Wirtschaftssystems und eines noch fragwürdigeren Geldsystems vorgeben, machen wir uns zu Handlangern oder/und zu modernen Sklaven dieses Systems.
Wir müssen diese selbst verschuldete Unmündigkeit endlich ablegen und andere, neue Wege einschlagen, wobei wieder der Mensch und seine Bedürfnisse im Vordergrund der wirtschaftlichen Aktivitäten stehen soll. Vorschläge dazu gibt es zur Genüge. An ihnen mangelt es nicht, wohl aber an der Bereitschaft der Regierungen, einer Ökonomie im Interesse der Menschen zum Durchbruch zu verhelfen. Von Davos und den Regierungen der Industrieländer dürfen wir uns in diesem Zusammenhang auch in Zukunft nichts erwarten außer Zahlen, die längst notwendige Veränderung müssen wir selbst vorantreiben. Sei es in der Umsetzung neuer Formen von Wirtschaften, sei es in der Verweigerung von Konsum um des Konsum willens, sei es in einer neuen Form von Geldwirtschaft. Und es wird uns dabei nicht erspart bleiben, weit über den Wahltag hinaus politisch aktiv zu werden und auf künftige politische Rahmenbedingungen für diese notwendigen Veränderungen zu pochen. Dabei werden die einfallslosen Zahlenjongleure unserer heutigen Parteien keine Rolle mehr spielen.
Gerhard Kohlmaier, www.steuerini.at, 26.1.2014
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Aktuelles Thema, 19.12.2013: Wir haben eine neue Regierung, die alte. |
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Wir haben eine neue Regierung, die alte. Zwei Parteien, die eigentlichen Verlierer der letzten Wahl, haben sich im Wesentlichen auf die Fortsetzung eines Kurses geeinigt, der sehr wohl nennenswerte Weichenstellungen für die Zukunft enthält, nämlich die Fortsetzung einer Politik, welche längst nicht mehr im Interesse der Mehrheit der Menschen in diesem Lande ist und sein kann. Es geht dabei nicht mehr um das Wohl der Bürger, auch nicht um eine faire Verteilung des von allen Erwirtschafteten, nicht mehr um Solidarität mit anderen. Denn auch diese Solidarität ist dort, wo sie noch vorhanden ist, in den Bereich des Almosen-Gebens verdrängt worden bzw. zur Privatsache des Österreichers als Spendenweltmeister geworden. Interessensgruppen, insbesondere jene, die mächtig und einflussreich sind, werden noch in ausreichendem Maße bedient, denn sie benötigt man als Verbündete für die Aufrechterhaltung der Macht. Ja, und um diese Macht geht es primär, und um die Pfründe, die damit verbunden sind.
Wir haben eine Regierung, die auch diesmal - wie schon vor fünf Jahren - die Bevölkerung im Wahlkampf getäuscht hat: mit falschen Versprechen, mit falschen Zahlen, durch das Verschweigen der wirklichen Hintergründe der Krise. Insbesondere die SPÖ ließ sich zum zweiten Mal vom Koalitionspartner über den Tisch ziehen, sie gab all das auf, was an Resten einer sozialdemokratischen Partei noch vorhanden war, um an den Futtertrögen eines Systems zu bleiben, welchem sie seit über einem Jahrzehnt huldigt und welchem sie sich verbunden fühlt. Der Dank kann den Protagonisten dieses Trauerspiels sicher sein, denn nach dem freiwilligen oder erzwungenen Verlassen der Parteikarriere warten im Regelfall schon die gut bezahlten Posten für getane Vasallendienste.
Wir haben eine neue alte Regierung, die uns das altbekannte Märchen vom armen Staat erzählt, nachdem sie alles dazu beigetragen hat, damit in diesem Staat der Großteil der gesellschaftlichen Wertschöpfung zu einer Minderheit wandern konnte und somit der Haushalt für die Bedürfnisse der Bürger empfindlich eingeschränkt werden musste. Wenn Gewinne und Dividenden, der Großteil der gesellschaftlichen Wertschöpfung von wenigen abgeschöpft werden, Verluste jedoch dem Staatsbürger umgehängt werden, dann muss jeder Staat verarmen.
Weil das noch nicht genug war, halste sie und ihre Verbündeten den Bürgern durch eine vernachlässigte Kontrollpolitik noch Milliarden von Schulden auf, einerseits durch Zockereien in den eigenen Verantwortungsbereichen wie beispielsweise in Salzburg, in Linz und in zahlreichen Gemeinden, andererseits indem sie für die Banken und für das Finanzkapital Bedingungen schuf, welche diesen das Hasardspielen auf Kosten der Steuerzahler überhaupt erst ermöglichte. Das Meisterstück dieser Umverteilung von Unten nach Oben hat man wohl mit dem HYPO-Desaster geliefert, welches auch der Raiffeisenbank auf Grund zahlreicher Beteiligungen teuer gekommen wäre. Schließlich gelang es dann doch, das Debakel dem Steuerzahler zuzuschieben. Denkt man da beispielsweise an die überhastete Privatisierung der BAWAG und so nebenbei den damit verbundenen Versuch, eine lästige Arbeitnehmervertretung an den Rand des Ruins zu fahren, so erscheint dieses Szenario im Vergleich zur HYPO-Größenordnung ja geradezu lächerlich. Natürlich sitzen die Protagonisten dieser Umverteilung mittlerweile in einflussreichen Positionen. Eine Hand wäscht die andere.
Wir haben eine Regierung, die bereits unter Beweis gestellt hat, dass ihr die Sozialpartnerschaft des alten Stils keinen Pfifferling mehr wert ist. Das sollte auch die Gewerkschaft zur Kenntnis nehmen. Es macht wenig Sinn, nach einer Partnerschaft zu buhlen, durch die man sich höchstens noch zum Verbündeten einer Politik machen kann, bei der die Arbeitnehmer zum Spielball der Interessen des Großkapitals und der Banken werden und in Geiselhaft genommen werden.
Wir haben vor allem eine neue Altregierung ohne politische Vision von einer anderen Wirtschaftspolitik. Wirtschaftswachstumsziele werden wie der Heilige Gral behandelt, obwohl diese Wirtschaft nur mehr unter der Prämisse wachsen kann, dass man die Löhne und Gehälter von der Wirtschaftsleistung abkoppelt. Das Resultat ist ein geringes Wachstum, welches man vor allem durch ein Sinken der Reallöhne erreicht. Gleichzeitig mit den geringeren Reallöhnen bringt man die Pensions- und Krankenkassen in ein finanzielles Dilemma und schafft leere Staatskassen. Diese geben der Regierung wiederum die nächste Legitimation zum noch härteren Abbau von Sozialleistungen, weiteren Lohnkürzungen usw. So wird ein höchst gefährlicher Kreislauf in Gang gesetzt, die Umverteilung von Unten nach Oben, von der Arbeit hin zum Kapital fortgesetzt und dem Staat in seiner Gesamtheit schwerer Schaden zugefügt. Die sich so gerne als Retter des Sozialstaates aufspielenden Regierungsmitglieder werden jedoch durch diese Politik zu den Totengräbern eines sozialen Staatswesens. Anstatt eine Wirtschaftspolitik im Interesse der Großkonzerne zu betreiben, könnte man zahlreiche neue Arbeitsplätze schaffen, indem man regionale Kreisläufe, kleine und mittlere Betriebe fördert. Ein wirklich ökologisches Energiekonzept könnte ebenfalls sinnvolle neue Arbeitsplätze bringen. Eine Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, die dazu beiträgt, dass sich die arbeitenden Menschen in ihren Tätigkeitsbereichen wohl fühlen, dass Arbeit zum Wohlbefinden der Menschen und zu einem sinnerfüllten Leben beiträgt und nicht nur zur Bereicherung weniger Profiteure, kann eine neoliberal ausgerichtete Wirtschaftspolitik nicht leisten! Eine Wirtschaftspolitik, die sich fast ausschließlich den Gewinnen der Großkonzerne verpflichtet fühlt, ist eine Wirtschaftspolitik gegen das Volk! Mit Ökonomie im Sinne seiner griechischen Wortbedeutung von Haushalten hat diese Wirtschaftspolitik der Regierung nichts zu tun.
Wir haben eine Regierung, die nicht willens ist, Steuerrückstände von Unternehmen in der Höhe von über 1,8 Milliarden Euro dem Staatswohl aller zuzuführen. Wir haben und hatten eine Regierung, welche die Steuerlast der arbeitenden Bevölkerung weiter erhöht und die des Kapitals und der Spekulanten in der Relation verringert. Wir hatten und haben eine Regierung, die den Anteil der Bildungsausgaben verringert und nicht erhöht (von 6,2% am BIP im Jahr 1995 auf 5,6% im Jahr 2012) hat, den Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP innerhalb von 17! Jahren gerade einmal um knappe 1% erhöht hat. Nimmt man die Gesamtheit aller Staatsausgaben, bemessen an der Wertschöpfung, so sind diese beständig gesunken. In die Höhe geschnellt sind hingegen die Gewinnentnahmen der Kapitalgesellschaften und der Aktionäre. Diese sind seit 1995 von 5,5 auf 10,1% vom BIP gewachsen. Nahezu im selben Ausmaß ist in diesem Zeitraum die Lohnquote gesunken.
Wir haben eine neue Regierung, die - und davon darf man getrost ausgehen - dem in die Endphase der Verhandlungen kommenden Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen den USA und der EU ebenso vorbehaltlos zustimmen wird, wie sie dies bei allen vorherigen EU-Verträgen getan hat: vom Vertrag von Lissabon über den Fiskalpakt und die die EU-Sixpack sowie -Twopack-Verordnungen. Die Folge dieses Abkommens wird eine „wirtschaftsnahe Regulierung in entdemokratisierter Form“ (Peter Fuchs, Power Shift) sein.
Wir alle sind aufgerufen, diese Politik nicht ohne Widerstand hinzunehmen. Viel Arbeit wartet auf uns!
Mag. Gerhard Kohlmaier, www.steuerini.at
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