Wochenkommentare
Wochenkommentar vom 12.2.2012: Das Belastungspaket 1 ist fertig Drucken E-Mail

 

So sieht es also aus, das Belastungspaket 1 der Regierung für die Bevölkerung. Denn es muss davon ausgegangen werden, dass dies erst der Beginn einer noch wesentlich stärkeren Belastungswelle für die Mehrheit der Bevölkerung ist und weitere empfindliche Einschnitte in die materiellen Lebensbedingungen der Menschen folgen werden.

Denn während die neoliberal agierenden Regierungen den Menschen in den europäischen Ländern weiszumachen versuchen, man bekäme die Krise mit gesetzlich verankerten Schuldenbremsen und/oder Sparpaketen in den Griff, ist das Gegenteil der Fall. Sie ufert allerorts aus: Griechenland wird auch mit 130 Mrd. € nicht vor der Staatspleite zu retten sein, kaum ein Ökonom traut Portugal zu seine Schuldensituation selbst bewältigen zu können, Italien sitzt auf einem Schuldenberg von über 1900 Mrd.€, Spanien droht gerade durch die Tatsache, dass sich Privatsektor und Staat gleichzeitig entschulden wollen, in einer Schuldenfalle zu versinken, das Ungleichgewicht in der Wirtschaftsleistung von so genannten ärmeren und reicheren europäischen Ländern wächst weiterhin. Daher soll auch der europäische „Rettungsschirm“ auf 1500 Mrd.€ angehoben werden, wie der „Standard“ am 31.1. berichtete. Inzwischen wird auf den Finanzmärkten munter weitergezockt, besonders „in“ sind derzeit wieder einmal Spekulationen auf eine Staatspleite Griechenlands, an der einige Hedgefonds mittels CDS (Kreditausfallsversicherungen) gehörig verdienen wollen.

Die europäische Politik hat - wie auch die österreichische - in den drei Jahren seit Beginn der Krise keinerlei nennenswerte Beschränkung für die Hasardspiele des Finanzkapitals erwirkt. Im Gegenteil, die Regierungen lassen sich nach wie vor vom Finanzkapital die neoliberalen Regeln diktierten, sie agieren nach wie vor als Handlanger eines Systems, in welchem die Mehrheit der Menschen permanent zur Kasse gebeten wird, um die abstrusen Machenschaften eines jeglicher Kontrolle entglittenen Finanzkapitals weiterhin zu gewährleisten.

So bleibt denn dieses Kapital, der eigentliche Verursacher der Krise bzw. der Krisen, unter dem Schutz der Regierungen. Die wahren Hintergründe der Krisen, die wahren Zahlen werden der Bevölkerung bewusst vorenthalten, um sie nicht auf die Idee zu bringen, diesen Machenschaften - sowohl den politischen der Parteien als auch jenen des Finanzkapitals - ein Ende zu setzen, indem sie beispielsweise mittels Volksabstimmungen das Ende dieses längst gescheiterten neoliberalen Systems einläuten.

Das österreichische Belastungspaket 1 ist auf dem Hintergrund dieser Gesamtproblematik  einer ungezügelten freien Markt- und Finanzwirtschaft zu sehen. Von den Parteien kolportierte Forderungen wie „Wir alle müssen einen Beitrag leisten“ haben von Anbeginn der Diskussion um ein Sparpaket die wahren Hintergründe der Krise bzw. der steigenden Staatsverschuldung verschleiert und die Bevölkerung auf eine falsche Solidarität mit jenen vorbereitet, welche sie in das Schlamassel gebracht haben und weiterhin bringen werden.. Die „ausgabenseitige Budgetsanierung“, also die Sanierung auf Kosten der Bevölkerung (der Beamten, der Pensionisten, der Kranken, der Bedürftigen,...) macht für das Jahr 2012 über 17 Milliarden € aus, während durch Steuereinnahmen 2,68 Milliarden € beigesteuert werden. Das macht ein Verhältnis von 82 zu 18 zugunsten der Belastung der Bevölkerung.

Von einer Besteuerung der wirklich Vermögenden ist im Belastungspaket 1 keine Spur zu finden, keine echte Vermögensbesteuerung, keine Erbschafts- oder Schenkungssteuer, keine Finanztransaktionssteuer, nur eine höhere Besteuerung von sehr hohen Einkommen und eine halbherzige Reform der Gruppenbesteuerung. Das Ende der Spekulationsfrist beim Verkauf von Immobilien trifft ebenfalls nicht nur die Vermögenden. Auch auf nachhaltige ökologische Lenkungseffekte im Steuersystem hat man verzichtet. Geblieben ist ein Geldbeschaffungspaket auf dem Rücken der Mehrheit der Bevölkerung, welches mit Sicherheit nicht ausreicht, um den Hunger der neoliberalen Player zu stillen und dem bald ein weiteres folgen wird.

 

Ein anderer Schauplatz: Die Griechen wollen das von der EU auferlegte Sparpaket nicht so richtig schlucken. Kein Wunder, bringt es doch große Teile der Bevölkerung an den Rand ihrer Existenz. Kein Wunder, gefährdet es doch die Selbständigkeit des Landes und bringt es unter eine ungewollte Fremdherrschaft. Kein Wunder, bedeutet es doch überhaupt nicht, dass sich Griechenland durch diesen Ausverkauf des Landes und seiner Ressourcen aus einer Krise katapultieren kann, für die es großteils nichts konnte.

Die Griechen bedürfen unserer Unterstützung, unserer Solidarität. Was die Neoliberalen heute dort anrichten, werden sie morgen auch bei uns machen. Es sei denn, wir wehren uns dagegen. (Gerhard Kohlmaier)

 

 

 
Wochenkommentar vom 5.2.2012: Die SPÖ bereitet der FPÖ den Weg Drucken E-Mail

 

Spindelegger werde unruhig, berichtete „Die Presse“ am 31.1. und er orte einen „unglaublichen Konslidierungsbedarf“, der weit über das bisherige Sparziel der Regierung von 10 Milliarden Euro hinausgehe. Die ÖVP lehnt die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer nach wie vor strikt ab und spricht von einem Klassenkampf, den die SPÖ lostrete.

Der Druck der ÖVP auf den Koalitionspartner ist taktisch bedingt. Für die ÖVP, die in Wählerumfragen mittlerweile auf Platz drei liegt, gibt es zwei Möglichkeiten an der Regierungsbank zu verbleiben:

  • ein Sparpaket, bei dem sich die SPÖ in den wesentlichen Punkten nicht durchsetzt, das sie aber mitträgt, um nicht selbst aus der Regierung zu fliegen
  • das Scheitern dieser Regierung und Neuwahlen, um eine Regierungsneuauflage mit der FPÖ anzustreben.

Die Karten der SPÖ bestehen letztlich nur aus einem Blatt: entweder sie setzt sich bei der Besteuerung von Vermögen durch oder aber sie wandert - spätestens bei den nächsten Wahlen - in die Opposition, denn dann wird sie Schwarz-Blau oder Blau-Schwarz nicht mehr verhindern können. Oder gibt es da nicht noch eine andere Möglichkeit?

Es deutet alles darauf hin, dass die SPÖ einen politischen Scheinkurs fahren möchte, welcher auf eine Täuschung der WählerInnen abzielt. Denn anstatt die unbedingte Vermögensbesteuerung als einzig gangbaren Weg zur Budgetsanierung - abgesehen von Strukturreformen, welche nicht zu Lasten der Bevölkerung gehen - zu fordern, zeichnet sich immer mehr ab, dass das Sparpaket zum Großteil die Mehrheit in der Bevölkerung treffen wird. Die ein oder andere „vermögensbezogene Steuer“ wird man da mit der ÖVP wohl ausverhandeln, damit das Wahlvolk kuscht. Ein riskantes Unternehmen. Denn gelingt die Täuschung nicht, und davon muss ausgegangen werden, weil die SPÖ ihre WählerInnen bereits zu lange an der Nase herumgeführt und den neoliberalen Kurs entscheidend mitgetragen hat, dann ist die SPÖ wohl auf Jahre hinaus in Opposition und wird auf der Regierungsbank durch  die FPÖ ersetzt werden. (Gerhard Kohlmaier)


 

 
Wochenkommentar vom 29.1.2012: Es scheint ein Bevölkerungsbelastungspaket geschnürt zu werden Drucken E-Mail

 

Noch liegt das Sparpaket nicht auf dem Tisch, aber soweit in den letzten Tagen und Wochen Informationen durchgesickert sind, wird es sich dabei wohl um ein weiteres Belastungspaket für die Mehrheit der BürgerInnen handeln, während die Vermögenden wieder einmal relativ ungeschoren davonkommen dürften.

Dabei hat die Forderung einer spürbaren Besteuerung von Vermögen und Finanzkapital nicht das geringste mit einer Neiddebatte oder mit Enteignung zu tun, sondern sie stellt - nüchtern betrachtet - eine Notwendigkeit dar, welche auf mehreren Fakten beruht:

  • Die verheerenden Spekulationsgelüste des Finanzkapitals sind nur über eine Besteuerung von dessen Machenschaften einzudämmen, vor allem weil die Politik es bisher verabsäumt hat, diesem Zügel durch gesetzliche Regelungen anzulegen
  • Der Neoliberalismus hat in den letzten Jahren eine nahezu erschreckende Umverteilungswirkung nach sich gezogen. So sind auf der einen Seite für wenige Prozent in der Bevölkerung gigantische Vermögenszuwächse zu verbuchen, während der Großteil der Werktätigen und der Bürger davon ausgesperrt wurde
  • Wenn die Politik eine Veränderung des neoliberalen Systems ablehnt, und alle Anzeichen deuten derzeit noch darauf hin, dann kann dieses System nur mehr durch den Beitrag der bisherigen Profiteure aufrechterhalten werden, will man nicht soziale Unruhen, eine wirtschaftliche Rezension bzw. einen Gesamtcrash des Systems riskieren. In diesem Fall aber würden die Vermögenden wesentlich mehr verlieren als das durch einen Steuerbeitrag, welcher die budgetären Möglichkeiten des Staates auf Jahre hinaus sichert, der Fall wäre
  • Eine weitere Belastung der Mehrheit der Bevölkerung, sei es durch die Erhöhung von Steuern und Abgaben, sei es durch eine ausgabenseitige Senkung von Sozialleistungen,    durch Kürzung von Gesundheitsleistungen, Pensionen oder Gehältern und Löhnen wird die perspektivenlose Politik einer Strache-FPÖ weiter stärken und einen Rechtsruck auslösen. Nicht einmal die ÖVP kann das wollen, liegt sie doch in den letzten Umfragen in der Wählergunst bereits 6 Prozent hinter der FPÖ

Die bisher bekannt gewordenen Informationen zur Budgetsanierung geben Anlass zur Besorgnis. Die überwiegende Anzahl von Maßnahmen zielt auf eine weitere Einschränkung der materiellen Lebensbedingungen für die Mehrheit der BürgerInnen. Die SPÖ versucht dabei offensichtlich einen halbherzigen Kurs zu fahren: von den bisherigen Vorschlägen zu einer Vermögensbesteuerung werden die tatsächlichen Vermögen nämlich kaum betroffen sein. Damit ist jedoch die Krise nicht mehr zu bekämpfen, im Gegenteil, sie wird verschärft. Am Beispiel von Griechenland, wo erst gestern zusätzlich zum 130 Milliarden Euro schweren Hilfspaket ein zusätzlicher Finanzbedarf von weiteren 15 Milliarden bekannt gegeben wurde, zeigt sich die desaströse Wirkung einer Budgetpolitik, die darauf ausgerichtet ist, das Land kaputtzusparen. Schwenkt die SPÖ nicht noch im letzten Moment der Verhandlungen mit der ÖVP auf eine rein einnahmenseitige Budgetsanierung durch eine echte Vermögensbesteuerung um, wird sie zum weiteren Handlanger einer neoliberalen Politik, gefährdet die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit und trägt zur Gefährdung des sozialen Friedens in unserem Land bei. (Gerhard Kohlmaier)

 

 

 

 
Wochenkommentar vom 22.1.2012: Schwache SPÖ erhält "Schützenhilfe" Drucken E-Mail

Ich erinnere an die Ausgangsposition: Die ÖVP wollte und will ausgabenseitig sanieren, die SPÖ einnahmenseitig - vorrangig, wie zumindest die SPÖ immer betonte. Die ÖVP sprach von Beginn der Verhandlungen davon, dass eine einnahmenseitige Sanierung, sprich Steuererhöhungen, überhaupt nur in Frage käme, wenn alle Möglichkeiten der ausgabenseitigen Sanierung ausgeschöpft seien. Im Klartext heißt das: Erst wenn alle Möglichkeiten einer Budgetsanierung auf dem Rücken der Mehrheit der Bevölkerung ausgeschöpft sind, ist die ÖVP bereit über Steuererhöhungen der Vermögenden zu sprechen.

Die SPÖ begab sich daher von Anbeginn der Gespräche mit dem Regierungspartner in eine Defensivposition, vor allem deshalb, weil es ihr nicht gelang, die von der ÖVP bevorzugte ausgabenseitige Budgetsanierung als das zu entlarven, was sie im Wesentlichen ist: eine Budgetsanierung, bei welcher die Vermögenden ausgespart bleiben. Dementsprechend waren die an die Öffentlichkeit gelangten Themen über Einsparungsbereiche vorwiegend geprägt von Vorschlägen, welche zu Lasten der Mehrheit der Bevölkerung gehen.

Jeder  das Vermögen betreffende Steuervorschlag der SPÖ wurde bisher seitens der ÖVP kategorisch abgelehnt, auf der anderen Seite zeichnen sich jedoch deutliche Zugeständnisse der SPÖ-Verhandler beim ausgabenseitigen Sanieren, also beim Sanieren auf Kosten der Mehrheit der Steuerzahler ab, insbesondere im Bereich der Sozial- und Pensionspolitik.

Offenbar ist dieser lasche SPÖ-Kurs nun sogar der AK und dem ÖGB zu viel geworden und sie haben am 20.1. gemeinsam ein Forderungspaket vorgelegt, in welchem sie die meisten ÖVP-Forderungen strikt zurückweisen: http://www.oegb.at

Allerdings enthält das Paket in Hinblick auf eine Besteuerung des Vermögens im Wesentlichen keine konkreteren Vorschläge als die ohnedies bekannten SPÖ-Positionen.

Die zu Recht aufgestellten Forderungen der Arbeitnehmervertretungen lesen sich wie ein Wunschkatalog, aus dem die Verhandlungspartner wählen könnten, und nicht wie eine verpflichtende Forderung. Ob da die bereits zum Standardrepertoir gewerkschaftlicher Forderungen gehörende Ankündigung, dass der ÖGB über ein breites Spektrum von Maßnahmen verfüge, falls seine Forderungen ungehört bleiben sollten, den Verhandlungspartner ÖVP tatsächlich beeindrucken? Oder aber wäre es nicht besser gewesen, eine klare Forderung auf den Tisch zu legen und im Falle ihrer Nichtberücksichtigung auch gleich die nächsten Schritte anzukündigen? Wenn das reichste Prozent der Bevölkerung mehr als ein Drittel des Volksvermögens besitzt, wenn in den vergangenen 10 Jahren das vermögendste Drittel seinen Reichtum um ca. 100% erhöhen konnte, während die Arbeitnehmer im selben Zeitraum ihr Einkommen um 12% steigern konnten, dann ist klar, dass nicht nur der Vermögenszuwachs besteuert werden muss, sondern Vermögen an sich. Aber diesbezüglich vermisst der Bürger auch klare Worte der Arbeitnehmervertretungen. Diese wären jedoch vor allem auch deshalb notwendig gewesen, weil die meisten Menschen nicht daran glauben, dass die einnahmenseitige Budgetsanierung tatsächlich nur die Vermögenden treffen wird. Das hätte man klarstellen müssen, seitens der SPÖ, seitens des ÖGB und der AK.

 

Weil man das bisher versäumt hat, weil die klare Absage an eine neoliberale Politik in allen Bereichen fehlt und weil daher die Menschen dieser Politik nicht mehr trauen, hat man der FPÖ zu unerwarteter Stärke verholfen. Die Verhandlungen mit der ÖVP über die konkreten Maßnahmen bezüglich des Budgets waren und sind eine der letzten Chancen der SPÖ diesen Kurs zu ändern und die anderen Parteien unter Zugzwang zu bringen - auch unter dem Risiko des Platzens der Koalition und Neuwahlen. Dass sich die SPÖ davor fürchtet, zeigt, wie wenig sie einem neoliberalen Kurs einer ÖVP oder FPÖ entgegenzusetzen weiß. Schade, denn sollte die Realität der beschlossenen Sparmaßnahmen wiederum die Mehrheit der Menschen in diesem Land treffen, dann steht Strache mit seiner FPÖ bereit, diese SPÖ abzulösen. (Gerhard Kohlmaier)

 
15.1.2012: Warum eine ausgabenseitige Budgetsanierung strikt abzulehnen ist Drucken E-Mail

Seit mehr als drei Jahren versuchen die Regierungen Europas und der USA durch staatliche Geldspritzen in Billionenhöhe das neoliberale System vor dem endgültigen Kippen zu bewahren. Nun sind die Staaten so hoffnungslos verschuldet, dass nicht einmal mehr der Kapitalbedarf der realen Wirtschaft gestillt werden kann. Auch wenn den Banken nach wie vor Milliarden zur Verfügung gestellt werden, parken diese dieses Geld lieber relativ sicher und ertragslos bei der EZB als es als Kredite zu vergeben, welche sie nie wieder sehen könnten. Keiner traut mehr einem anderen, die einzige Devise lautet: Rette sich wer kann! Ein weiteres untrügerisches Zeichen für den nahenden Kollaps ist auch die Tatsache, dass Länder wie Dänemark oder Deutschland, welche für das Finanzkapital noch als relativ sicher gelten, Anleihen zu Negativzinsen vergeben, d.h. es wird ihnen dafür etwas bezahlt, dass sie sich Geld borgen lassen.

Und in dieser Situation, welche ohnedies bereits alle neoliberalen Ökonomen an den Rand des Wahnsinns bringt, schicken sich die Regierungen auch noch an, Sparpakete zu beschließen. Also sparen, obwohl Wachstum angesagt wäre oder zumindest nachhaltige, auf die Zukunft ausgerichtete Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Man sieht es am Beispiel Griechenland, dass dies nicht der Weg aus der Krise sein kann.

Auf die Schnelle werden die Regierungen auf Grund der Ernsthaftigkeit der Lage gar nichts mehr sanieren können, abgesehen vom Geldbeutel der Vermögenden. Wenn sie das den Bürgern vorgaukeln, dann sind sie Lügner und Betrüger. Doch da kommt ihnen die Herabsufung des AAA-Status durch eine Ratingagentur gelegen. Nahezu reflexartig zieht da die österreichische Bundesregierung den Schluss, den ausgabenseitigen Sparstift noch weiter anzuziehen, unterstützt vom Präsidenten der Wirtschaftskammer und anderen Befürwortern des neoliberalen Systems.

 

Ausgabenseitige Sanierung des Staates bedeutet, auch den nächsten Sparkurs auf Kosten der bisherigen Verlierer des neoliberalen Systems durchführen zu wollen. Ausgabenseitige Sanierung ist nichts anderes als einerseits eine weitere Fortsetzung der Umverteilungspolitik nach oben, andererseits eine Deregulierungspolitik eines sozialen und demokratischen Staates. Durch sie werden all jene, die auf den Staat und seine Einrichtungen angewiesen sind, weiter zur Kasse gebeten, zum xten Male: die Sozialhilfeempfänger, die Arbeitslosen, die Beihilfenbezieher, die Pflegebedürftigen und Kranken, alle Arbeitnehmer, die Klein- und Mittelbetriebe und die Pensionisten.

Weitgehend ungeschoren von diesem Einsparungskurs bleiben jedoch all jene,  die den Staat nicht zu ihrer „Lebensbewältigung“ benötigen, sondern höchstens als Vehikel, welches gute Rahmenbedingungen für ihre Interessen festlegt: die Vermögenden. Sie sind nicht angewiesen auf staatliche Schulen für ihre Kinder, sie zahlen für deren Ausbildung in Privatschulen. Sie brauchen keinen Kassenarzt, kein Kassenspital, sie suchen sich die besten Ärzte aus und zahlen bar. Auf Heiz- und Wohnungszuschüsse, auf staatliche Pensionen usw. können sie so lange verzichten, als sie über ihr Vermögen steuerschonend verfügen können.

Über mehr als ein Jahrhundert haben sich die Arbeitnehmer Sozialgesetze erkämpft, nun sehen sie dabei zu, wie diese unter Vortäuschung falscher Tatsachen zu Grabe getragen werden. Denn es ist falsch, dass unser volkswirtschaftlicher Reichtum nicht ausreichen würde, um die Krise des Staates zu beenden. Wenn die vermögendsten 10% der Bevölkerung mehr als zwei Drittel des Volksvermögens besitzen, 90% aber nur ein Drittel, dann ist es in einem demokratischen Gemeinwesen ein verteilungspolitischer Unsinn, dieses eine Drittel noch mehr zu belasten. Im Gegenteil: Das benötigte Geld muss man sich von jenen holen, welche bisher die Profiteure einer bedenklichen Umverteilungspolitik waren, welche den Großteil des volkswirtschaftlich Erarbeiteten als Privatvermögen angehäuft haben. Das ist schlichtweg der Grund, warum in der derzeitigen Situation alles andere als eine wirksame Vermögensbesteuerung sowie eine Veränderung des Steuersystems, welche in Zukunft eine gerechtere Verteilung der Lasten garantiert und einen positiven nachhaltigen Effekt auf das Wirtschaftswachstum haben kann, wie etwa eine lenkende ökologische Steuerreform, abzulehnen ist.

 

Rette sich wer kann! Doch wer kann? Die Reichen legen ihre Gelder in Steueroasen, in Immobilien usw. an, fangen ihre systembedingten Einbrüche so gut es geht dadurch auf, dass sie ganze Volkswirtschaften im Sinne einer modernen Variante der Versklavung in ihren Zahlungsdienst nehmen und hoffen derart durch die Krise durchzutauchen.

Die Mehrheit der Bürger hingegen ist verzweifelt. Viele glauben sich retten zu können, indem sie dem Spargedanken der Parteien Glauben schenken. Dieser führt sie jedoch nur weiter in Abhängigkeit, weiter in den Verlust ihrer ohnedies - im Vergleich zu den Vermögenden - geringen Rechte und hinterlässt zudem ein Vakuum bzw. bietet einen hervorragenden Nährboden für rechtsradikale Politik und führt somit zu einem weiteren Verlust von Demokratie und Mitbestimmung.

Ihre einzige Rettungsmöglichkeit besteht darin, dass sie sich gegen diese "Rettungspolitik" zur Wehr setzen. Für sie gibt es kein „Durchtauchen“, höchstens ein „Untergehen“. Ihr einziges Mittel ist es, die Politik zu einem anderen Handeln zu zwingen. Das erfordert Bereitschaft für seine Interessen einzutreten, das erfordert auch Mut zum Handeln und dem Beharren darauf, dass dieses Budget ausschließlich über die Besteuerung von Vermögen zu sanieren ist. (Gerhard Kohlmaier)

 

 

 

 

 

 

 
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