Wochenkommentar vom 20.1.2013: Häupl und die SPÖ Drucken E-Mail

 

 

Die SPÖ ist nach dem volkspopulistischem Schwenk zur Pseudoabstimmung über die Zukunft des österreichischen Verteidigungswesens drauf und dran ihre Misserfolge auf dem Gebiet einer gerechteren Verteilungspolitik durch eine weitere Politfarce zu erweitern.  Wie schon bei der Frage des Berufsheeres ist es wieder der Wiener Bürgermeister Häupl, der vorprescht und lautstark, wie es seine Art ist, eine Volksbefragung über die Gesamtschule andenkt.

Nicht nur dass Häupl mit seinem Vorschlag das Instrument einer bundesweiten Volksbefragung zum wiederholten Male dazu einsetzen will, dem Regierungspartner eins auszuwischen und in Hinblick auf die kommenden Nationalratswahlen offensichtlich einen weiteren Wahl- und Mobilisierungsprobelauf ausheckt, er missbraucht dadurch dieses Instrument, welches zu Recht bis zur Befragung über die Zukunft des Heeres am 20.1.2013 auf Bundesebene noch nie durchgeführt wurde.

Das Ergebnis der Volksbefragung ist im Unterschied zur Volksabstimmung für eine Regierung nicht nur nicht bindend (auch an das Ergebnis der Heeresbefragung müssen sich zukünftige Regierungen nicht halten), es ist darüber hinaus wesentlich billiger, das Meinungsbild (und um dieses geht es bei einer Volksbefragung) innerhalb einer Bevölkerung mittels demoskopischer Verfahren zu erheben.

Aber Häupl weiß: Im Gegensatz zu solch einfachen und billigen Verfahren eignet sich die Volksbefragung hervorragend dazu, das Volk zu manipulieren und die Parteipropaganda in den Vordergrund zu stellen. Schließlich hat der der geheime SPÖ-Chef in Wien durchaus Erfahrungen mit diesem Instrument gesammelt und will die Wiener 2013 sogar befragen, ob sie für oder gegen eine Olympiabewerbung der Stadt für 2028 sind. Als ob die Wiener nicht andere Sorgen hätten!

Die SPÖ ist gut beraten, sich schnell von diesem billigen Populismus zu verabschieden und vielmehr die Durchsetzung jener Steuerpolitik voranzutreiben, welche sie im letzten Wahlkampf auf ihre Fahnen geschrieben hat und die längst überfällig ist: Einführung einer Finanztransaktionssteuer, Wertschöpfungsbesteuerung statt Lohnsummenbesteuerung, eine Vermögensbesteuerung wenigstens auf durchschnittlichem OECD-Niveau, um endlich die unerträgliche Schieflage im österreichischen Steuersystem aufzuheben. Diese schmälert die materiellen Lebensbedingungen der überwiegenden Mehrheit der ÖsterreicherInnen zum Wohle des Finanzkapitals und der Vermögenden von Jahr zu Jahr und betrügt sie um ihren gerechten Anteil an der gesellschaftlichen Wertschöpfung. Warum strengt die SPÖ nicht eine Volksabstimmung über eine Änderung der Steuerpolitik in diesem Sinne an?

Aber während Häupl seinen Politpopulismus über Wien hinaus auf ganz Österreich ausgedehnt wissen möchte, bastelt die ÖVP-Finanzministerin an einer Steuerreform, welche die Klein- und Einzelunternehmen entlasten soll. Fekter betreibt Klientelpolitik unter großem Applaus der Wirtschaftskammer, während man sich des Eindrucks kaum mehr erwehren kann, dass die SPÖ in einem immer widerwärtiger werdenden, unkritischem, teils neoliberal ausgerichteten EU-Rausch offensichtlich ihre angestammte Klientel längst aus den Augen verloren hat. Ob der Wiener Bürgermeister sich dessen bewusst ist, nehme ich so lange an, als er nicht auch von einem Gericht bescheinigt bekommt, dass seinem Handeln - ähnlich wie dem des Kärntner Landeshauptmanns Dörfler -  deutliche Grenzen gesetzt sind. (Gerhard Kohlmaier)

Â