Woko vom 14.9.: Wir brauchen ein neues Steuersystem. Ratschläge an den neuen Finanzminister. Teil 2 Drucken E-Mail

Er bringt es auf den Punkt, der neue Finanzminister Schelling, wenn er im Kurier- Interview vom 13.9. ganz offen zugibt, dass er sein Vermögen nicht mehr in eine Stiftung geben würde, weil die wesentlichen Vorteile inzwischen aufgehoben seien. Was Schelling mit „Vorteilen“ meint ist nichts anderes als die steuerliche Bevorzugung von größerem Vermögen oder anders die Legalisierung der steuerlichen Minderleistung von vermögenden Personen.

Tatsächlich wurden die Steuersätze für Stiftungen im österreichischen Stiftungsrecht nach seiner Einführung durch F. Lacina mehrfach angehoben, allerdings sind Stiftungen nach wie vor gegenüber Kapitalgesellschaften begünstigt. Und schließlich bieten Stiftungen nach wie vor noch ein ganz besonderes Steuerzuckerl: Beim Verkauf von Vermögensanteilen entfällt die Steuer im Fall von anderen Beteiligungen gänzlich. Alleine dadurch entgehen dem österreichischen Staat jährlich zahlreiche Steuermillionen.

Herr Schelling hätte also, wenn ihm die steuerliche Begünstigung durch das Stiftungsrecht  nicht ausreicht, nur mehr die Möglichkeit nach einer anderen Form der Steuerbegünstigung zu suchen, die zahlreichen Steuerschlupflöcher für Vermögende zu durchforsten oder aber sein Vermögen so zu besteuern, wie es die Mehrzahl aller Österreicher macht. Die Voraussetzungen dafür, dass letzteres eine Selbstverständlichkeit für alle Bürger sein soll, kann er nun schaffen. Ein erster Ansatz dazu wäre die vollständige Abschaffung des Stiftungsrechtes und die Besteuerung der Erlöse des darin geparkten Vermögens nach dem Einkommenssteuergesetz.

Die Diskussion über eine Besteuerung von Vermögen dreht sich derzeit im Wesentlichen um eine Besteuerung des Vermögenszuwachses, nicht aber um eine Besteuerung vorhandenen Vermögens, also der Vermögensmasse. Gerade diese ist es allerdings, die einer höheren Besteuerung zuzuführen ist. Denn diese Vermögensmassen konnten nur dadurch erzielt werden, weil sie sich bisher im Wesentlichen erfolgreich einer Besteuerung entziehen konnten. Die etablierte Politik hat den Vermögenden durch ihre Steuergesetzgebung die Möglichkeit dazu geboten.

Vermögen setzt sich zusammen aus Sach- bzw. Realvermögen und Finanzvermögen. Dass diese Vermögensverteilung eine exorbitante Ungleichverteilung innerhalb unserer Volkswirtschaft beinhaltet, pfeifen seit Jahren die Spatzen vom Dach. Ebenso ist es eine Pinsenweisheit, dass die Vermögenden anteilsmäßig zum Gesamtsteueraufkommen immer weniger beitragen und dieses hauptsächlich von den lohn- und gehaltsabhängigen Arbeitnehmern finanziert wird.

So gibt es in Österreich seit 2008 keine Erbschafts- oder Vermögenssteuer mehr. Wohl aber fällt eine Grunderwerbssteuer von 3,5% bzw. 2% (bei nahen Angehörigen) an, bemessen nach dem Einheitswert der Liegenschaft. Diese Bemessung der Grunderwerbssteuer ist auf Grund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs bis Mitte des Jahres neu zu regeln, ebenso die der Grundsteuer.

Die Besteuerung der Vermögenssubstanz auf der Basis einer Grundsteuer (also einer jährlichen Abgabe an die Gemeinden) zu berechnen, führt in eine nicht unproblematische Richtung, obwohl auch aus Sicht der Steuerinitiative eine Überarbeitung in Richtung einer Änderung der Einheitswertebesteuerung notwendig ist. Allerdings sollen die erzielten Steuereinnahmen nach wie vor bei den Gemeinden bleiben und nicht zum Bund hin umgeschichtet werden. Mit einer Erhöhung der Einheitswerte und einer dementsprechenden Erhöhung der daran angepassten Grundsteuer ist auf Grund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs ohnehin zu rechnen. Befreiungen von der Grundsteuer für Betriebe oder die Berechnung derselben in der Landwirtschaft sind hier tatsächlich zu überdenken und neu zu gestalten.

Die Grunderwerbssteuer bietet jedoch mehrere Möglichkeiten Eingriffe in die Vermögenssubstanz vorzunehmen, wenn man schon nicht an eine Wiedereinführung der Erbschafts- und Vermögenssteuer denkt.

Denkbar wäre beispielsweise folgende Vorgangsweise:

  1. Beibehaltung des 2%-Satzes für den Erwerb von Liegenschaften (nur bei Angehörigen) bis zu einer Höhe von € 500 000.- (darüber hinaus von 3,5%)
  2. Besteuerung des Erwerbs von Liegenschaften (keine Angehörigen) bis zu € 1000 000.- mit 3,5%, darüber hinaus 5%
  3. Beim Erwerb von zusätzlichen Liegenschaften hängt der Steuersatz von den bereits getätigten Erwerb ab. Hat also z.B. jemand bereits eine Liegenschaft um € 1000 000.- erworben, dann beträgt der Steuersatz für den nächsten Kauf 5%
  4. Berechnung von der Gegenleistung, also vom tatsächlichen Wert, und nicht vom Einheitswert für alle Liegenschaften
  5. Ausnahmeregelungen für den Erwerb von Liegenschaften durch den Bund, die Länder oder die Gemeinden braucht es nicht mehr zu geben, weil diese Aufwendungen ohnedies von der Allgemeinheit getragen werden.
  6. Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sind die Steuersätze zusätzlich zum Wert auch vom zu erwartenden Ertrag der Liegenschaft abhängig zu machen und dementsprechend neu festzusetzen.

Ob die Grunderwerbssteuer wie bisher bei den Gemeinden bleibt, hängt davon ab, in welcher Weise man den Finanzausgleich neu ordnet. Auf jeden Fall kann man dadurch jedoch Vermögenssubstanz besteuern und einen Beitrag zu einer gerechteren Verteilung der Steuerbelastung leisten.

Mit der Besteuerung von Finanz- und Geldvermögen beschäftige ich mich im 3. Teil meiner Vorschläge zu einer Steuerreform. (Gerhard Kohlmaier)