Offener Brief der Bürgerinitiative vom 18.8.2023 Drucken

 

Offener Brief an: Bundeskanzler, Vizekanzler, Gesundheitsminister, Umweltministerin, Bürgermeister von Wien, Stadtplanungsstadträtin Wien, Gesundheitsstadtrat Wien

Sehr geehrte Volksvertreter!


„Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit“

sind nach Aussage der Sprecherin von Gesundheitsminister Rauch im „Standard“ vom 17.8.2023 die Kriterien, gegen welche seitens der Verantwortlichen in der PVA verstoßen werden muss, damit Gesundheitsminister Rauch in der Sache tätig werden kann.

Nun sind, wie es scheint, zumindest nach Aussage sämtlicher zuständigen Stellen und Politiker, alle gesetzlichen Vorgaben zum Bau des Garagenmonsters erfüllt worden. Eigenartig erscheint uns jedoch, dass die PVA die Bewilligung zum Bau der umstrittenen Hochgarage erst 2019 erhielt, jedoch bereits im April 2018 den Auftrag über eine Gesamtsumme von ca. 5000 000 an ein Unternehmen vergab. Uns ist schon klar, dass man Planungen vor einer Genehmigung durchführen muss, dass man jedoch Aufträge zur Baudurchführung bereits ein Jahr vor einer Genehmigung erteilt, erscheint uns zumindest hinterfragenswert.

Seit dieser Genehmigung des Bauvorhabens, welches auf einem Flächenwidmungsplan aus dem Jahre 2005!!! beruht, und der nun gesetzten Aktion der Rodung des Grundstückes durch die PVA, schieben sich einerseits Politiker in der Frage der Rodungsgenehmigung den Schwarzen Peter zu oder aber erklären unisono ihre Machtlosigkeit, den Unsinn doch noch zu verhindern.

Hier schert die Sprecherin des Gesundheitsministers lobenswert aus, indem sie betont, man könne zwar nicht aus „ökologischen“, wohl aber aus den bereits erwähnten anderen Gründen in der Sache tätig werden. Wir gehen davon aus, dass dies auch für einen Kanzler oder Vizekanzler unserer Republik nicht nur eine Möglichkeit, sondern sogar eine Verpflichtung darstellt, geht es doch um öffentliche Gelder, welche hier verprasst werden sollen. Und dass dies auch für einen Bürgermeister der Stadt Wien gelten sollte, versteht sich von selbst.

Was die Wirtschaftlichkeit einer Institution wie der Pensionsversicherungsanstalt betrifft, so gelten dafür wohl andere Kriterien wie die Gesetze des Kapitals. Es sind Kriterien des Allgemeinwohls, der Gesundheit aller BürgerInnen sowie des „sozialen Friedens“ und der „Solidarität innerhalb der Gesellschaft“, wie es im Leitbild der PVA selbst zum Ausdruck kommt. In diesem Sinne ist der Bau einer Hochgarage schlicht eine Konterkarierung des eigenen Leitbildes.

Ist der beabsichtigte Bau zweckmäßig? Ja, meint die Sprecherin der PVA, denn man benötige neben den bereits vorhandenen 800 eigenen Stellplätzen unbedingt noch weitere 440 für Mitarbeiter und Kunden. Für Mitarbeiter, da viele davon aus den Bundesländern zur Arbeit anreisten, für Kunden, da viele betagt seien.

Wir haben bisher angenommen, dass es zweckmäßig sei, wenn Pendler, welche zur Arbeit nach Wien anreisen, tunlichst vor dem Erreichen der Bundeshauptstadt auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen. Zumindest ist uns diese Argumentation seit Jahren von der überwiegenden Anzahl von Stadt- und Bundespolitikern bekannt. Wir kennen keine, die besagt, möglichst viele davon sollen mit dem eigenen Auto bis zur Arbeitsstelle fahren. Ja, und sicherlich werden einige Kunden der PVA betagt sein und sind auf das Auto angewiesen. Das sollte bei den vorhandenen Parkmöglichkeiten auch kein Problem darstellen, es sei denn, alle gesunden Mitarbeiter und Kunden blockieren die vorhandenen 800 Parkplätze. Dass dazu jedoch keine Notwendigkeit besteht, liegt auf der Hand: 2 Busse halten direkt vor dem Gebäude, in zwei Jahren wird auch noch eine Straßenbahnlinie die öffentliche Erreichbarkeit erweitern.

Zweckmäßig wäre es hingegen, die vorhandene Grünfläche für die vorhandene Tages- Rehab-Station zum Wohle der Patienten zu nutzen, beispielsweise nach dem Vorbild der italienischen Stadt San Luigi, wo man Patienten Rehabilitation in der freien Natur anbietet, und das mit großem Erfolg. Das Projekt, welches in Zusammenarbeit mit der Universität Turin entwickelt wurde, gilt unter dem Begriff „Green Gym“ als Vorzeigeprojekt. So etwas verstehe wir als vernünftig und zweckmäßig.

Ob man in Zeiten von hoher Inflation, welche zahlreiche Menschen in unserem Land schwer belastet, von nicht enden wollenden Versorgungsproblemen im gesamten Gesundheitsbereich, u.a. gerade auch bei den älteren Menschen, den Grundgedanken der Sparsamkeit ins Treffen führen kann, wenn man Millionen von Euro für eine Parkgarage ausgeben will und dafür Böden versiegelt, Grün- und Erholungsflächen opfert, darf bezweifelt werden.

Die Bürgerinitiative „Lebensraum statt Verkehrsstau“ wendet sich daher nochmals im Namen von zahlreichen BürgerInnen dieser Stadt und weit darüber hinaus an alle politisch Verantwortlichen in Wien und in der Bundesregierung, diesem absurden Projekt ein Ende zu setzen und die Grünfläche wieder aufzuforsten bzw. einem sinnvollen Zweck im angeführten Sinn zu widmen.

Wir werden in der Sache nicht locker lassen, denn Unsinn wird nie zum Sinn, nur weil er von jemanden genehmigt worden ist.

In Erwartung Ihrer geschätzten Antwort verbleiben wir

Hochachtungsvoll

Mag. Gerhard Kohlmaier, Peter Lehner , Bürgerinitiative „Lebensraum statt Verkehrsstau“ www.steuerini.at

Wien, 18.8.2023