Woko vom 27.12.2020: Bitte nicht „zurück zur Normalität“! Drucken

Erschienen auch als Gastkommentar in der "Wiener Zeitung" vom 1.1.2021: https://www.wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2087135-Bitte-nicht-zurueck-zur-Normalitaet.html

 

Die ersten Österreicherinnen und Österreicher wurden heute gegen eine Covid 19-Erkrankung geimpft. Bundeskanzler und Gesundheitsminister feierten das Ereignis medial im Rahmen der schon gewohnten Pressekonferenz. Der Bundeskanzler sprach sogar von einem „historischen Tag“, welcher eine „Rückkehr zur Normalität“ ermöglichen werde.

Nein, bitte nicht! Diese „Normalität“ ist alles andere als ein wünschenswertes Zukunftsszenario für die österreichische Bevölkerung.

Sie bedeutet, dass die Märkte wiederum die Vorherrschaft über die Lebensgestaltung der Menschen gewinnen werden. Alles wird dem Marktgeschehen und dem Gewinnstreben von Konzernen untergeordnet, auch die Interessen des Menschen selbst.

Sie bedeutet, dass die bescheidenen Versuche regionale Wirtschaftskreisläufe zum Leben zu erwecken, bald wieder versiegen werden. Die großen Konzerne werden unter Mithilfe der Politik den „Kleinen“ wiederum ein Bein nach dem anderen stellen, bis diese aufgeben müssen.

Sie bedeutet, dass sich die meisten Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer  weiterhin verschlechtern werden. Weniger Arbeitsplätze, weniger Lohn, schlechtere Absicherungen der Betroffenen bei Arbeitsverliust oder Krankheit.

Sie bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger weiterhin ihrer Wahl- und Entscheidungsfreiheiten beraubt und neue Abhängigkeiten geschaffen werden. In Teilen Österreichs schließt man beispielsweise derzeit Bankomatstandorte und zwingt damit die Menschen zur Abwicklung ihrer Geldgeschäfte über das Online-Banking. Ein weiterer Schritt zur Abschaffung des Bargeldes.

Sie bedeutet, dass die Umweltzerstörung, welche zumindest in Teilbereichen durch die Corona-Problematik etwas eingebremst worden ist, wiederum ungehindert fortgesetzt werden wird.

Sie bedeutet, dass ethische Fragestellungen nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie ins Konzept von Parteien passen. Sei es in der Frage der Einwanderung, der sozialen Absicherung der Menschen, der Sterbehilfe usw.

Diese „Normalität“ wollen wir nicht wieder haben. Sie gefährdet die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder, sie ist das wirklich gefährliche Virus, das es auszumerzen gilt.