Woko vom 10.11.: An einer anderen Steuerpolitik führt kein Weg vorbei! Drucken

Denkt man an Steuern oder Abgaben, dann denken wir meist an die Besteuerung von Löhnen und Gehältern, an Sozialabgaben, an Verbrauchsteuern, an Kapital- und Gewinnsteuern. Wir denken an den Staatshaushalt, welcher mittels Steuern sein Budget füllt, um dieses im Idealfall dann wieder zu Gunsten der Bürger einzusetzen.

Die staatliche Steuerpolitik hat sich seit Jahrzehnten, ja seit Jahrhunderten in erster Linie an ökonomischen Gegebenheiten orientiert. Das war im Wesentlichen ein erfolgreiches Rezept, auch wenn die Steuerlast zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ungleich verteilt war und Erstere die Profiteure dieses Systems waren und sind. Nichts desto trotz ging dieses System geraume Zeit einher mit wirtschaftlichem Wachstum, Steigerung des Wohlstandes für große Bevölkerungsteile, schließlich und endlich aber auch mit sozialem Frieden und einer sozialen Absicherung der Bürger in Krisenzeiten.

Dieses Steuersystem ist jedoch aus mehreren Gründen an seine Grenzen gestoßen und bedarf einer gründlichen Sanierung.

Die bisherige Besteuerung von Löhnen und Gehältern, also jene der Arbeit schlechthin, ist nicht nur im Vergleich zur Besteuerung der Unternehmen und Konzerne bzw. von deren Gewinnen viel zu hoch, sie setzt in einer automatisierten und digitalisierten Arbeitswelt auf Dauer auch dem Staatshaushalt Grenzen. Dieser Veränderung in der Arbeitswelt wird im österreichischen Steuersystem äußerst ungenügend begegnet. Eine Möglichkeit dazu wäre der Ersatz der Lohnsummenbesteuerung durch eine Wertschöpfungsabgabe, eine weitere - zumindest EU-weit - bestünde in der einheitlichen Besteuerung von Unternehmen, etwa im Bereich der Körperschaftssteuer, um den Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedsstaaten zu drosseln. Aber leider geht Österreich auch diesbezüglich den falschen Weg.

Beim Anteil an vermögensbezogenen Steuern am Gesamtsteueraufkommen des Staates hinkt Österreich seit Jahrzehnten den anderen EU-Ländern hinterher. Nimmt man die EU 15 als Vergleichsbasis, so hat sich deren Anteil durchschnittlich seit 2002 auf 5% erhöht, während er in Österreich bei 1,3% liegt und nach Abschaffung von allgemeinen Vermögenssteuern, Börsenumsatzsteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer u.a.m. nahezu nur mehr aus der Grunderwerbssteuer und Grundsteuer gespeist wird.

Im Bereich der Umweltsteuern (Energie-, Transport-, Umweltverschmutzung- und Ressourcensteuer) zählt Österreich ebenfalls zu den Schlusslichtern der EU-Mitgliedsstaaten. Gerade in Zeiten der Klimakrise, deren Auswirkungen wir heute bereits schmerzhaft zu spüren bekommen, sei es in der Land- und Forstwirtschaft, durch Naturkatastrophen oder aber in der zunehmend unerträglichen Hitze in Ballungsgebieten bestreiten unsere Regierungen falsche Wege, welche wesentliche Steuerungsmechanismen in ökologischen Bereichen vermissen lassen.

 

Es wäre höchst an der Zeit, falls es nicht ohnedies bereits zu spät ist, eine grundsätzliche Änderung unseres Steuersystems in Angriff zu nehmen - sowohl im Sinne der Wirtschaft, welche davon letztlich ebenfalls profitieren würde, als auch im Sinne der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, insbesondere jedoch im Bewusstsein, dass Politik auch bedeutet, Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen. Letztere ist vor allem für unsere Kinder und Enkelkinder durch die Versäumnisse aller vergangenen Regierungen in der Steuerpolitik mehr als gefährdet.