Wochenkommentare
Wochenkommentar vom 15.9.2013: Stellungnahme der "Steuerini" zum neuen Lehrerdienstrecht Drucken E-Mail

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Wien, 15. September 2013

Stellungnahme der „Steuerinitiative im ÖGB“ zum Entwurf der Dienstrechtsnovelle 2013 - Pädagogischer Dienst

Sehr geehrte Damen und Herrn!

Die „Steuerinitiative“ (www.steuerini.at) nimmt zu dem sich in Begutachtung befindenden neuen Lehrerdienstrecht in offener Frist wie folgt Stellung:

  1. Die durch den Entwurf initiierten Gehaltseinbußen für zukünftige LehrerInnen, gerechnet über deren Aktivdienstzeit, sind strikt abzulehnen. Noch dazu, weil diese Verluste gleichzeitig einhergehen mit einer massiven Erhöhung der Arbeitszeit und einer geringeren Betreuungszeit für jede einzelne Schülerin und jeden einzelnen Schüler. Der „Steuerinitiative“ ist keine Berufsgruppe bekannt, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine derartige Beschneidung ihrer Lebensverdienstsumme hätte hinnehmen müssen, und sie geht davon aus, dass die Lehrerinnen und Lehrer, sollte der Entwurf zum Gesetz werden - unter welcher Regierung auch immer - in einen unbefristeten Streik treten werden.
  2. Das neue Lehrerdienstrecht zielt auf eine Erhöhung der Unterrichtsquantität, das bedeutet, dass in Hinkunft mehr Unterrichtsstunden und mehr SchülerInnen von jedem Lehrer zu unterrichten wären. Dass dies jedoch nur auf Kosten der Unterrichts- und Betreuungsqualität für den einzelnen Schüler zu erreichen ist, nimmt der Gesetzgeber nicht nur hin, sondern er täuscht darüber hinaus die Bevölkerung, indem er die zusätzliche Arbeitszeit mit einer Erhöhung der Betreuungsqualität verbindet. Eine derartige Falschinformation kann weder in Zeiten eines Wahlkampfs noch überhaupt von einer verantwortungsbewusst agierenden Regierung bzw. der zuständigen Ministerien hingenommen werden.
  3. Strikt abgelehnt wird auch die zukünftige Verwendung von LehrerInnen ungeachtet ihrer Ausbildung. Eine Erhöhung der Schul- und Bildungsqualität kann zudem nicht durch eine Herabstufung der Ausbildungskriterien, wie sie der Gesetzesentwurf beinhaltet, erzielt werden. In dieser Hinsicht kann das neue Gesetz den Erfordernissen einer zukünftigen Schulpolitik in keiner Weise entsprechen.
  4. Das neue Lehrerdienstrecht stellt abseits der Arbeits- und Unterrichtsbedingungen für die LehrerInnen die Weichen für ein Schulsystem der Zukunft, für die Bedingungen, unter denen Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern das zukünftige Schulsystem erleben werden. Diese Weichenstellung ist nahezu in allen Bereichen ein Rückschritt, insbesondere jedoch wird durch das Gesetz der autonome Spielraum von Schulen empfindlich eingeschränkt.
  5. Die Reform oder Veränderung unseres Schulwesens lässt sich nicht mit einem Gesetz beginnen, welches nahezu sämtliche Handlungsspielräume der Hauptakteure in diesem Schulwesen, nämlich der LehrerInnen, einengt und verschlechtert. Die „Steuerinitiative“ kann einem zukünftigen Dienstrecht für die LehrerInnen so lange nicht zustimmen, als nicht ein mehrheitsfähiges, sinnvolles Gesamtkonzept unseres Schulwesens auf dem Tisch liegt. Das neue Lehrerdienstrecht ist der Versuch das Pferd von hinten aufzuzäumen und wird auch aus diesem Grund von der „Steuerinitiative“ abgelehnt.
  6. Letztlich unterstützt das neue Gesetz, weil es überwiegend nur ein Einsparungskonzept im österreichischen öffentlichen Schulsystem darstellt, den weiteren Ausbau eines privaten Schulsystems und befürwortet somit die weitere Entwicklung eines Zweiklassensystems im Schulwesen. Diese neoliberale Tendenz des Gesetzes wird von der „Steuerinitiative“ vehement abgelehnt.
  7. Schließlich merkt die „Steuerinitiative“ an, dass das vorliegende Gesetz weder inhaltlich noch in seiner legistischen Konzeption akzeptiert werden kann. Selbst eine „Überarbeitung“ der Gesetzesvorlage erscheint nicht sinnvoll, sondern einzig und allein vollkommen neue Verhandlungen mit den Sozialpartnern unter Beachtung der nun erfolgten Einwände aller Schulpartner.

 

Hochachtungsvoll

 

Mag. Gerhard Kohlmaier, Steuerinitiative im ÖGB, www.steuerini.at


 
1. Lehrerdemo gegen Neues Dienstrecht Drucken E-Mail

Der Schulbeginn in Ostösterreich am Montag bringt die erste Demonstration gegen die geplante Reform des Lehrerdienstrechts. Junglehrer und Lehramtsstudenten der "Initiative für ein faires LehrerInnendienstrecht" haben für 15 Uhr zu einer Protestkundgebung vor dem Unterrichtsministerium aufgerufen.

Ziel der unabhängig von der Lehrer-Gewerkschaft organisierten Aktion: Man wolle "auf die Unzulänglichkeiten des geplanten LehrerInnendienstrechts hinweisen" und aufzeigen, dass Junglehrer entgegen der Behauptungen der Regierung nicht davon profitieren würden und deshalb gegen diese Reform sind, so Initiatorin Elisabeth Denscher.

"Drastischer Qualitätsverlust"

Dabei gehe es nicht um Gehaltsfragen, sondern negative Auswirkungen auf die Schulpraxis: Die geplante Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung von derzeit 20 bis 22 auf 24 Stunden (wobei bis zu zwei Abschlagsstunden für Klassenvorstände, Mentoren sowie für Lernbegleitung und Schüler- und Elternberatung vorgesehen sind) brächte nämlich aus Sicht der Initiative eine deutliche Verschlechterung des Lehrer-Schüler-Betreuungsverhältnisses. Nachdem der Entwurf auch keine geringere Unterrichtsverpflichtung mehr für Lehrer in korrekturintensiven Fächern vorsieht, drohe außerdem "drastischer Qualitätsverlust in bestimmten Unterrichtsfächern", wird im Demo-Flyer gewarnt. "Wir wollen nicht, dass die Qualität der Bildung leidet", betont Denscher.

Dass die Regierung vor knapp drei Wochen ohne Einigung mit der Gewerkschaft den Gesetzesvorschlag in Begutachtung geschickt hat, habe die Studenten und Unterrichtspraktikanten wachgerüttelt, so Denscher. Diese seien zuletzt stark aktiv geworden, die Zahl der Mitglieder in der entsprechenden Facebook-Gruppe habe sich auf 1.000 verdoppelt. Die Gruppe will nun über soziale Medien, Mailverteiler und bei den Schulkonferenzen am Montag für den Protest mobilisieren. (APA, 1.9.2013)

 
Sommerpause Drucken E-Mail

Die "Steuerini" geht in die Sommerpause. Daher werden die Wochenkommentare in den nächsten zwei Monaten nur sehr unregelmäßig erscheinen, ebenso die Aktualisierungen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen, erholsamen Sommer und uns allen nicht allzu viele unliebsame politische Überraschungen!

Gerhard Kohlmaier

 
Nächster Wochenkommentar: 23.6. Drucken E-Mail

Der nächste Wochenkommentar erscheint aus Zeitgründen erst am 26.6.

 
Wochenkommentar vom 2.6.2013: Droht den Neoliberalen die Herrschaft zu entgleiten? Drucken E-Mail

 

Die Herrschaft über die Krise des Systems droht den Protagonisten zu entgleiten. Nachdem seit Ausbruch der Finanzkrise ihr Allheilmittel im Wesentlichen darin bestand, die Konsequenzen der Zockerei des Finanzkapitals auf die Steuerzahler zu übertragen anstatt dieses an die Kandare zu nehmen, werden die Konsequenzen dieser Politik immer deutlicher.


Während die Realwirtschaft im Wesentlichen funktioniert, ist sie längst nicht mehr der Parameter für die Wirtschaftskraft, denn diese orientiert sich fast ausschließlich an der Geldvermehrung durch Geld.

Diese Kluft schlägt sich auf mehrerlei Weise nieder: Einerseits durch eine ungebremste Fortsetzung der Umverteilung von volkswirtschaftlichem Vermögen von unten nach oben. Während man den Steuerzahlern Sparpakete auferlegt, werden die Reichen immer reicher und die Zahl der Millionäre und Milliardäre wächst weltweit. Noch nie gab es weltweit so viele Dollar-Millionäre wie derzeit.

Laut Studie der Boston Consulting Group „Global Wealth“ stieg die Zahl der Millionäre in Westeuropa im letzten Jahr um 7,6%. Auch Österreich macht da keine Ausnahme. Trotz der Krise stieg allein im Jahr 2012 die Zahl der österreichischen Millionäre um 5 500! Gleichzeitig nimmt laut Statistik Austria die Armut bzw. Armutsgefährdung der Menschen zu. Gemessen an der Gesamtbevölkerung stehen prozentuell immer weniger Wohlhabende einem immer größer werdenden Heer von immer ärmer werdenden Bevölkerungsteilen gegenüber.


Letztere sind auf Grund der einfallslosen Politik der Systembewahrer nicht nur vom immer rigoroser durchgesetzten Sozialabbau betroffen, sondern in letzter Zeit vor allem durch den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Der heute vorgelegte Weltarbeitsmarktbericht 2013 prophezeit eine weitere Zunahme der europäischen Arbeitslosenzahlen bis 2015 um 8 Millionen! Besonders trist sehen die Jobchancen für die jungen Menschen aus. Die Jugendarbeitslosigkeit in der EU beträgt bereits 23,5%, es ist also bereits jeder 4. Jugendliche arbeitslos. Tendenz steigend. Auch in Österreich ist allein im Vergleich zum Mai 2012 die Arbeitslosigkeit besorgniserregend angestiegen. Derzeit 330 309 Arbeitslose ergeben alleine in diesem Zeitraum ein Plus von 9,5%. Die offenen Stellen hingegen haben im selben Zeitraum um 11,9% abgenommen (Quelle: AMS).

Während die verordnete Sparpolitik die Krise für die Mehrheit der Menschen verschärft und die systemischen Probleme nicht einmal andeutungsweise berührt, wird die Gangart des Finanzkapitals und der politischen Erfüllungsgehilfen immer schärfer. Die neuen EU-Vorstöße von der Saatgutverordnung über die Bemühungen um ein Pflichtkonto für jeden EU-Bürger bei einer Bank bis hin zur Privatisierung von Wasser sind Beispiele für diese verschärfte Gangart.


Hierbei spielt der Bürger keinerlei Rolle mehr. Transparenz dieser Entscheidungen ist schon lange nicht mehr gegeben, die Informationslage des Durchschnittsbürgers über diese und andere politische Vorhaben (die fast ausnahmslos dem Finanzkapital dienen) tendiert bewusst gegen Null. Die Medien, überwiegend im Besitz der Systembewahrer, tun das Ihre dazu.


Und gerade weil dieser Zustand bereits erreicht ist, kann man sich seitens der Politik getrost auf eine Demokratiediskussion einlassen, welche um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zu spät kommt und zudem die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten der BürgerInnen nicht wesentlich zu verbessern gedenkt. Ein guter Beleg dafür sind die letzten zwei Volksbegehren: Das eine setzte sich für die Einführung einer Vermögenssteuer ein, das andere für den Ausbau der direkten Demokratie. Ersteres erhielt nicht einmal die notwendigen Unterschriften, um eingeleitet zu werden, letzteres erhielt nicht einmal 70 000 Stimmen. Auf dieser Basis eines bewusst zerstörten Demokratiebewusstseins großer Teile der Bevölkerung lässt sich trefflich über Demokratie diskutieren. Zumindest aus der Sicht jener Politiker, welche diese Demokratie seit Jahrzehnten ad absurdum führen.


Doch trotz allem droht den neoliberalen Politikern die Herrschaft über das System zu entgleiten. Eben weil sie nahezu alle demokratischen Einflussmöglichkeiten der BürgerInnen erfolgreich bekämpft haben, bleibt dem Volk nun nur eine Ohnmacht gegenüber diesem System, an welches sie immer weniger glauben. Und diese Ohnmacht drückt sich in der Zunahme von Unruhen aus, insbesondere in den südlichen Ländern Europas. Doch da die Folgen dieser falschen Politik auch vor Ländern wie Deutschland und Österreich auf Dauer nicht Halt machen können, ist es auch bei uns nur eine Frage der Zeit, bis das Pulferfass explodiert. (Gerhard Kohlmaier)

 

 
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