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Zur Zeit sind keine Einträge vorhanden!A. Thema: Stockers Verantwortungsbewusstsein |
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Stockers Verantwortungsbewusstsein ist ein Affront gegen jeden verantwortungsbewussten Politiker sowie gegen die Bürger unseres Landes  Anlässlich der Erläuterungen des neuen ÖVP-Parteiobmanns Stocker zu seiner Wendehalspolitik im Umgang mit der FPÖ bzw. deren Parteichef Kickl stellt sich die Frage nach der Verantwortung von Politikern für ihr Handeln, und zwar im konkreten Fall, aber auch darüber hinausgehend für politisches Tun allgemein.  Nun, Stocker erklärt seinen Gesinnungswandel in Bezug auf den Parteivorsitzenden der FPÖ damit, dass Österreich in schwierigen Zeiten möglichst rasch eine Regierung bräuchte - im konkreten Fall eben eine unter dem FPÖ-Kanzler Kickl und der ÖVP, für welche Stocker den Vizekanzler abgeben würde. Woran lässt sich denn nun diese politische Verantwortung messen?  Eine Möglichkeit, die politischen Verantwortung eines konkreten Tuns einschätzen zu können, bietet uns die utilitaristische Sichtweise, nach der es vor allem um die Folgen einer Handlung bzw. um deren Nutzen für das Allgemeinwohl geht. Diesbezüglich stehen Stockers Karten schlecht: Die Folgen einer Koalitionsregierung mit Kickl sind derzeit in vielen Bereichen nicht abzuschätzen. Ja, wir können davon ausgehen, dass Österreich dieses Mal keinerlei Sanktionen seitens der EU bevorstehen, wir können aber nicht davon ausgehen, dass uns bereits hinlänglich bekannte Akteure innerhalb der FPÖ dem Land schweren Schaden zuführen, wenn sie an der Regierung gelangen. Und darauf will Stocker, wie er stets betont, keinerlei Einfluss nehmen.  Ob Stocker davon ausgehen kann, dass eine Regierungszusammenarbeit mit Kickl den empirischen Nachweis erbringen wird, dass diese Regierung für das Gemeinwohl aller Bürger im Staaten größtmöglichen Nutzen erbringen wird, muss ebenfalls bezweifelt werden, spaltet doch die FPÖ und ihr Vorsitzender die Bevölkerung des Landes schon seit geraumer Zeit in einem Besorgnis erregenden Ausmaß wie keine andere Partei.  Eine andere Möglichkeit, politische Verantwortung dingfest zu machen, bietet uns die Gerechtigkeitstheorie eines John Rawls, welcher dieses verantwortungsbewusste Handeln daran festmacht, dass es dem Wohlergehen aller unter dem Grundsatz der Gerechtigkeit verpflichtet sei. Seine „Fairness“-Theorie beinhaltet einerseits die größtmögliche Gleichheit aller und lässt andererseits Ungleichheiten nur insofern gelten, als dass sie die Chancengleichheit wahren und sich zum Vorteil aller Beteiligten auswirken müssen. Das wird nicht nur schwierig, es ist sogar unmöglich mit einer Partei, die immer wieder rassistisch auftritt, die stets bemüht ist, Ungleichheiten zu schaffen.  Eine weitere Möglichkeit der Einschätzung von verantwortungsvollen politischem Handeln besteht in der Verallgemeinerungsfähigkeit dieses Handelns bzw. der Entscheidungen, die man trifft. Stocker sollte sich also gemäß dem Kategorischen Imperativ von Kant die Frage stellen, ob er davon ausgehen kann, dass sein Handeln zu einem allgemeinen Prinzip, zu einer allgemein gültigen Gesetzmäßigkeit erhoben werden kann. Sollte es also auch in Zukunft so sein, dass Regierungskoalitionen mit jenen Parteien bzw. Personen zu vereinbaren sind, welche man aus guten Gründen zuvor kategorisch abgelehnt hat? Wohl kaum, und diese Gesetzmäßigkeit würde wohl auch kein Bürger mittragen.  Selbstverständlich gehört zum Wesen der politischen Verantwortung auch ein soziologischer und kommunikativer Aspekt. Es sollte also so sein, dass die Entscheidung, die man trifft, sich mehrheitlich in der Gesellschaft widerspiegelt, deren Werten entspricht, und dass diese auch auf der Grundlage eines Kommunikations- und Verstehensprozesses der Bevölkerung beruht.  Derzeit entspricht die Entscheidung Stockers weder dem Mehrheitswillen der Bevölkerung, noch ist sie von einem Vertrauensverhältnis zwischen dem Parteiobmann der ÖVP und den Bürgern getragen, ja, dieses Vertrauen ist nicht einmal innerhalb der eigenen Partei gegeben.  Wenn der Bundesparteiobmann der ÖVP daher seine Entscheidung, mit Herbert Kickl in Koalitionsgespräche einzusteigen und mit der FPÖ eine gemeinsame Regierung bilden zu wollen, mit seinem Verantwortungsbewusstsein für das Land und für die Bürger dieses Landes begründet, dann stellt er unter Beweis, dass er keine Ahnung davon hat, was Verantwortung eines Politikers bedeutet. Und offensichtlich ist ihm das auch gleichgültig.  Gerhard Kohlmaier, 13.1.2025, www.steuerini.at |