Steuerini
Wochenkommentar vom 23.9.2012: Wir brauchen auch eine andere Geldpolitik Drucken E-Mail

 

Unser neoliberales Wirtschaftssystem ist vorläufig am Ende, denn unsere Wirtschaftsentwicklung ist längst abgekoppelt von der Geld- und Finanzwirtschaft. Was letztere an Schuldenbergen produziert, vermag erstere durch das erhoffte Wachstum, das es nicht ewig gibt, schon lange nicht mehr wettzumachen. Was letztere an enormen Gewinnen durch eine künstliche Geldpolitik erzielt hat, denkt sie in keiner Weise in die Wirtschaftskreisläufe zu investieren, sondern nach wie vor im Sinne einer Selbstgelderschaffungspolitik zu vermehren.

Jahrzehntelang hat eine neoliberale Wirtschaftslogik durch ihre Doktrin der Freiheit der Märkte und des Waren- und Geldverkehrs alles getan, um enorme Summen von Geld von unten nach oben hin umzuverteilen. Diese Umverteilung geschah u.a. durch die Loslösung der Geldpolitik von der Wirtschaftspolitik bzw. durch die Geldschöpfung mittels Zinseszins. Geld wird und wurde nicht mehr vom Markt geschaffen, sondern durch Schulden, wobei das durch die Banken erzeugte Geld (Nur wenige Prozent davon sind gedeckt) all jene bevorzugt, die ihr Geld arbeiten lassen können. Die Verlierer dieses Systems müssen jene sein, die für ihr Geld arbeiten.

Die durch diese Politik erzeugte katastrophale Situation von Staaten und Volkswirtschaften wird nun auch noch durch eine europäische Eurokrisenstrategie zugunsten der Finanzmärkte gedopt. Ein nach oben offener ESM verstärkt diese Art von Geldpolitik, welche durch ihre schädlichen Auswirkungen auf die Budgets der Nationalstaaten an ihre Grenzen gestoßen ist. Er garantiert, dass Geld nach wie vor in die Banken gepumpt wird, um diesen wahnsinnigen Kreislauf einer Finanzwirtschaft auch in der krise gewährleisten zu können. Damit sind die nächsten Blasen, die durch die Finanzmärkte ausgelöst werden, programmiert.

Als erste Maßnahme gibt es für diese Situation eine bewährte neoliberale Strategie: Zurückfahren der Löhne und Gehälter, Kürzen der Pensionen, Abbau des Sozialstaates usw. Derzeit am Beispiel Griechenland, aber auch in Spanien und anderen europäischen Ländern vorexerziert.


Dann, zusätzlich - wenn die kurzfristige Strategie nicht mehr ausreicht, um die Interessen der Finanzmärkte zu befriedigen - gibt es da immer noch die Möglichkeit das entstandene Dilemma auf eine andere Art und Weise auf die Mehrheit der Menschen zu übertragen: eine inflationäre Geldpolitik. Dadurch ist gewährleistet, dass die staatlichen Bedingungen für die Fortsetzung einer Umverteilung für die Vermögenden wieder hergestellt werden, natürlich wieder auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung. Die derzeitige europäische Geldpolitik sendet zumindest zahlreiche Signale aus, dass man nun diesen Weg einschlagen will.

Schließlich lässt man das System crashen und nützt gerade in dieser Zeit des Schocks die Bedingungen für den Aufbau eines neuen Umverteilungssystems aus, das gleich oder ähnlich funktioniert wie das derzeitige.

Die herrschende Politik hat sich überall in Europa für eine Fortsetzung des neoliberalen Kurses gegen die Mehrheit der Menschen entschieden. Neben dem Einsatz für eine andere Steuerpolitik müssen wir daher in der Zivilgesellschaft insbesondere auch auf eine Veränderung der Geldpolitik drängen, eine Geldpolitik, welcher der Umverteilung nach oben und den Machenschaften des Finanzkapitals ein Ende setzt.


Deshalb fordert die "Steuerinitiative", dass es den Banken untersagt wird, Geld als Kredite zu vergeben, welches durch das Bankkapital selbst nicht gedeckt ist, also die Erschaffung von Geld fortzusetzen. Kein Geld der Steuerzahler mehr an Banken, die sich nicht an diesen Grundsatz halten! (Gerhard Kohlmaier)

 

 
Wochenkommentar vom 16.9.2012: Von wegen geringe Einnahmen durch Vermögenssteuern! Drucken E-Mail

Die europäischen Politiker bleiben - insbesondere jetzt, nach der Entscheidung der deutschen Verfassungsrichter - bei ihrem Krisenkurs: Milliarden und Abermilliarden an direkten und indirekten Hilfsgeldern zur so genannten Rettung des Euro auf Kosten der Zukunft von ganzen Volkswirtschaften, auf Kosten der Steuerzahler.

Während durch diese Politik die Steuer- und Abgabenbelastung für die überwiegende Mehrheit der europäischen Bevölkerung auch in der Zukunft drastisch steigen wird - bei gleichzeitiger Verminderung der materiellen Lebensbedingungen, bei steigender Arbeitslosigkeit, sinkenden Sozialleistungen, Zurückschrauben der staatlichen Leistungen im Bildungs- und Gesundheitsbereich - zählen wenige Prozent der Bevölkerung zu den Profiteuren dieser Politik und werden immer vermögender. Gerade jetzt in der Krise.

Es ist daher unbedingt notwendig eine Vermögenssteuer in den europäischen Ländern einzuführen und die Vermögenden entschieden mehr als bisher zur Sanierung der Staatshaushalte heranzuziehen. Die gebetsmühlenartigen Vorbehalte der konservativen Politiker und Vermögenden, eine solche Besteuerung würde den Staaten kaum etwas bringen, weil es zu wenig Vermögende gäbe, ist gerade jetzt wieder durch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung widerlegt worden: http://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.405712.de

Geht man davon aus, dass nur Personen mit einem Vermögen über € 250 000.- (bei Ehepaaren  € 500 000.-) - und dies auch nur nach zusätzlicher Anrechnung von Kinderfreibeträgen (pro Kind € 100 000.-) sowie Freibeträgen für Unternehmen, dann träfe eine solche Besteuerung in allen europäischen Staaten an die 8 Prozent der Bevölkerung.

Ein Steuersatz von 10% auf Vermögen, welche über den genannten Freigrenzen liegen, würde nach Berechnungen des DIW allein in Deutschland ca. 9% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ergeben oder umgerechnet ca. 230 Milliarden Euro. Interessant an der Diskussion und der Überlegungen des DIW ist auch die Einführung einer Zwangsanleihe für die Vermögenden, welche diese Freigrenzen überschreiten.

2011 betrug das österreichische BIP 301 Mrd. Euro. Eine ähnliche Besteuerung würde also rund 27 Milliarden Euro einbringen und würde zu einer deutlichen Entspannung sowohl des finanziellen Staatshaushalts als auch zu einer Entlastung des Großteils der Bevölkerung führen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil einer Vermögensbesteuerung ist der Umstand, dass sie wohl die einzige Besteuerung ist, welche nicht zu einem Einbrechen des Inlandskonsums führt, sondern im Gegenteil zu einem Ansteigen.

Wir brauchen eine andere Steuerpolitik in Europa und in Österreich. Die Besteuerung von Vermögen ist ein wesentlicher Schritt zu einer gerechteren Verteilung der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung. (Gerhard Kohlmaier)

 
Wochenkommentar vom 9.9.2012: Unterzeichnen auch Sie die Petition für Neuwahlen in Kärnten Drucken E-Mail

 

 

Kärnten is lei meins.....So scheinen Dörfler und seine Scheuchs zu meinen und setzen sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Neuwahlen zur Wehr. Obwohl die Mehrheit der Kärntner Bevölkerung nach den zahlreichen Korruptionsskandalen in und rund um die Kärntner Landesregierung sich für Neuwahlen im Land ausspricht, ignoriert die FPK den Volkswillen und blockiert eine Abstimmung nach der anderen im Kärntner Landtag.

Nun gibt es jedoch noch eine weitere Möglichkeit, Neuwahlen in Kärnten zu erzwingen, nämlich dann, wenn die Bundesregierung einen Antrag auf Neuwahlen stellt und im Bundesrat darüber erfolgreich abgestimmt wird. So müsste auch unsere Bundesregierung unter Beweis stellen, dass der demokratische Mehrheitswille des Volkes ihr ein ernstes Anliegen ist.

Daniel J. aus Kärnten hat nun eine Petition initiiert, die für diesen Weg eintritt und in wenigen Tagen bereits über 17 000 Unterstützer gefunden hat. Am kommenden Dienstag soll die Forderung Mitgliedern der Bundesregierung überreicht werden. Unterstützen auch Sie die Petition unter:

http://www.avaaz.org/de/petition/Neuwahlen_in_Karnten_1/?bcpRWcb&v=17657

 


 

 
Wochenkommentar vom 2.9.2012: Die Steuerinitiative lehnt eine Volksbefragung über die Abschaffung des Wehrdienstes ab und fordert eine Volksabstimmung darüber Drucken E-Mail

Die Regierung braucht zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht zumindest die Stimme einer der Oppositionsparteien. Während SPÖ und ÖVP die Bevölkerung auf die Verbindlichkeit des Ergebnisses der angekündigten Volksbefragung hinweisen, geben die GRÜNEN deutlich zu verstehen, dass sie ihre Zustimmung zum Darabos-Modell verweigern werden (Siehe OÖN, 31.8.2012). Somit zeigt sich - trotz der rhetorischen Beteuerungen von Faymann und Co den Volkswillen als einen verbindlichen anerkennen zu wollen - wieder einmal, dass die Volksbefragung nicht mehr und nicht weniger als ein Stimmungsbarometer der Volksmeinung darstellt und die Frage, in welcher Form dieses „Volksvotum“ umgesetzt wird, mehr als fraglich ist.

Da wäre eine Volksabstimmung wesentlich hilfreicher, denn ihr Ergebnis ist für die Regierung verbindlich. Die Regierung führt zwar an, dass eine solche in dieser Frage nicht möglich sei, da entweder über einen fertigen Gesetzesentwurf abgestimmt werden müsse oder eine Verfassungsänderung im Raum stehe.

Also warum einigt sich die Regierung nicht vorher über einen Gesetzesentwurf und lässt das Volk dann darüber entscheiden? Dann weiß das Volk klar, worüber es abstimmt. Das ist bei der Volksbefragung in keiner Weise der Fall.

Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Politiker endlich einmal dieses höchste demokratische Instrument einer Volksabstimmung aus dem Würgegriff der Regierenden befreit - also eine Verfassungsänderung bzgl. des Einsatzes dieses Instruments durchführen - sodass es auch dann als demokratisches Mittel eingesetzt werden kann, wenn es nicht um eine Verfassungsänderung geht, wohl aber um wichtige Entscheidungen, welche die Bürger nicht mehr ihren gewählten Repräsentanten alleine überlassen wollen.

Dann bräuchte man keinen fertigen Gesetzesentwurf, sondern die Bevölkerung könnte zwischen verschiedenen Modellen wählen, über diese abstimmen und das Ergebnis wäre ohne weitere Diskussion von der Regierung umzusetzen.

Doch die Angst der Regierenden vor der Entscheidungsgewalt der Bürger scheint nach wie vor zu groß, daher wird dieses wirkungsvollste demokratische Mittel wohl ganz bewusst in einer gesetzlichen Umklammerung gehalten, welche es zahnlos werden lässt. Es ist wohl kein Zufall, dass in der 2. Republik erst zwei Volksabstimmungen stattfanden - über Zwentendorf und der Beitritt zur EU. Und es ist auch kein Zufall, dass die Regierungen selbst dort, wo es um Verfassungsänderungen und/oder gravierende Änderungen der politischen Einflussnahme und Gestaltungsmöglichkeit in unserem Land (siehe Vertrag von Lissabon, ESM und Fiskalpakt) geht, sich an jeden legistischen Strohhalm und an gefällige Gutachtermeinungen klammern, um eine solches Volksvotum nicht durchführen zu müssen.

Die „Steuerini“ ist die erste Organisation in Österreich, welche die Volksabstimmung als das wesentliche demokratische Mittel einer längst fälligen anderen Umverteilungspolitik seit 1999 in den Mittelpunkt ihrer Forderungen stellt. Wir müssen vermehrt darauf drängen, dass das Recht auf Volksabstimmungen ausgeweitet wird, die gesetzlichen Grundlagen dafür geändert werden, damit wir das Recht auf Mitgestaltung unseres Gemeinwesens nicht am Wahltag verloren haben.

Die Volksabstimmung ist die Seele unserer Demokratie und wir dürfen nicht zulassen, dass diese Seele noch länger vom Körper der politischen Einflussnahme des Volkes getrennt wird! Daher lehnt die „Steuerini“ eine Volksbefragung über die Abschaffung des Wehrdienstes ab und fordert eine Volksabstimmung darüber!



 
Griechenland heute: eine Warnung für die Bevölkerung Europas Drucken E-Mail

 

Ein einmonatiger Aufenthalt in Griechenland - ich unternahm eine Rundreise am Peloponnes und war auch drei Tage in Athen - demonstrierte mir die Auswirkungen neoliberaler Politik auf Kosten der Mehrheit der Menschen. Die Sparpolitik, die man den Griechen als Gegenleistung für die Geldhilfe aufgezwungen hat und die in erster Linie durch Lohn- und Pensionskürzungen sowie den verschärften Abbau von Sozialleistungen die Mehrheit der Lohnabhängigen und Pensionsbezieher trifft, führt zur spürbaren Verarmung großer Teile der Bevölkerung. Während ein Großteil der vermögenden Griechen das Land entweder bereits verlassen haben oder zumindest ihr Vermögen, welches bisher kaum versteuert wurde, ins Ausland geschafft hat, wird nun ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung an den Rand ihrer materiellen Existenz gedrängt.

Der Tourismus am Peloponnes, eine bedeutsame Einnahmequelle für zahlreiche Griechen am Land, ist nahezu vollkommen zusammengebrochen. Dass ich in früher von zahlreichen Touristen aufgesuchten Orten der einzige Ausländer war, entsprach der Regel. Aber auch die griechischen Touristen - vor allem aus den großen Städten reisten die Griechen bisher gerne die ein oder andere Woche ans Meer oder verbrachten zumindest ein Wochenende dort - blieben aus. Allzu viele können sich solche Erholungsphasen nicht mehr leisten. Die Verkehrsfrequenz auf den Straßen ist spürbar geringer geworden. Viele Menschen, die in den Bergen wohnen, beziehen eine Pension von € 270.- Bei Lebensmittelpreisen wie bei uns wissen sie nicht mehr, wie sie die Ausgaben des täglichen Lebens bestreiten sollen. Auch die für diese Leute bisher getätigte Hilfestellung seitens ihrer Kinder, die in den Städten arbeiteten, bleibt vermehrt aus, weil diese selbst arbeitslos sind.

In Athen spürt man die um sich greifende Armut hautnah. Bettler, wohin man sieht, zahlreiche Menschen, die auf den Straßen oder in Häuserruinen schlafen, Geschäfte, die geschlossen haben bzw. schließen. Ein weiteres Problem stellt die zunehmende Kriminalität dar. Überfälle auf Passanten am helllichten Tag, Einbrüche in Geschäfte, Zunahme der organisierten Kriminalität.

In dieser kurz beschriebenen Situation macht die EU und die griechische Regierung weiterhin Druck auf all jene Bürger, die noch nicht ganz verarmt sind. Während man die Obdachlosen und Mittellosen längst ihrem Schicksal überlässt, fordert man von den Erwerbstätigen noch mehr Opfer. Dazu bediente man sich den ganzen Juli über des Damoklesschwertes der vollkommenen Staatspleite und des Austritts aus dem Euro-Raum. Weitere Einschnitte für die Bevölkerung, ein weiteres Belastungspaket im Umfang von 11,5 Mrd. € für die nächsten zwei Jahre wurde am 2.8. von der Regierung angekündigt. Und die neoliberalen Akteure der EU und des IWF zeigen sich zufrieden.

In dieser Situation reagiert der griechische Durchschnittsbürger - wie auch die Mehrheit der Bürger in allen EU-Staaten - nicht solidarisch, nicht im Sinne eines funktionierenden Gemeinwesens, aber auch nicht politisch. Nein, sein Denken und Handeln kreist einzig und allein um die Frage, wie er selbst in dieser Situation dem drohenden Schicksal der Verarmung entrinnen kann. Statt sich gegen die alltäglich wirksame Korruption von Politik- und Wirtschaftsbossen, aber auch der Beamtenschaft im Land zu stemmen, wird er selbst korrupt bzw. betrügt er den Staat, wo er nur kann. Je mehr der Durchschnittsgrieche von der Steuerlast bedroht wird, umso mehr, vor allem wenn es um das materielle Überleben geht, ist er zur Steuerhinterziehung bereit. Und auf den ersten Blick ist seine Argumentation auch noch verständlich: Einem Staat, in welchem die Steuergelder zu einem großen Teil nicht den Bürgern in Form einer funktionierenden Infrastruktur, einer guten Gesundheits- und Altersversorgung, einem guten staatlichen Bildungssystem zugute kommen, sondern in dunklen Kanälen verschwinden und zur Bereicherung einiger weniger dienen, muss man betrügen. Auf den zweiten Blick jedoch ist diese Sichtweise kontraproduktiv, führt sie doch über kurz oder lang weder zur Veränderung der Strukturen im Staatsgebilde noch zur langfristigen Absicherung bzw. Verbesserung der eigenen Situation. Im Gegenteil: der Einfluss des Staates wird dadurch noch mehr zurückgedrängt, die Stunde der Privaten hat geschlagen.

Die Vereinfachung der Lizenzvergabe für ausländische Unternehmen ist Bestandteil des neuen „Reformpaketes“ der Regierung, die Privatisierung der nationalen Eisenbahnorganisation TRAINOSE sowie deren Instandhaltungsbereichs ROSCO ist bereits auf Schiene gebracht. Nach der Schließung von nahezu allen Eisenbahnstrecken am Peloponnes kann nun der Ausverkauf lukrativer Strecken beginnen. Im Bereich der privaten Liegenschaften entlang der Küste tut sich für das internationale Finanzkapital ein wahres Eldorado an Möglichkeiten auf. Bereits jetzt können viele Griechen, die in den letzten Jahren in den Tourismus investiert haben - sei es in Form des Baus von Appartements, Hotels oder Gründen in Strandnähe - ihre Kredite nicht mehr bedienen. Ein Ausverkauf von gut gelegnen Liegenschaften ist nur noch eine Frage der Zeit. Dann werden auch sicherlich Baugenehmigungen, die den Einheimischen bisher teilweise verwehrt wurden, an internationale Konzerne vergeben werden. Die ansässige Bevölkerung darf dann in diesen „Wohlfühloasen“ zu Dumpinglöhnen ihren Lebensunterhalt verdienen.

Die in österreichischen Letztklassezeitungen so gerne zitierten „Pleitegriechen“ sind im Wesentlichen Opfer einer neoliberalen Politik, welche auch in allen anderen europäischen Ländern zielstrebig nach Erweiterung ihrer Finanzinteressen schielt. Während Milliarden und Abermilliarden von Geldern diesem Finanzkapital weiterhin zugeführt wird, hat der griechische Durchschnittsbürger nichts von diesen „Finanzspritzen“. Die griechischen Politiker fungieren dabei wie der Rest der europäischen Regierungen als Erfüllungsgehilfen des Kapitals.

Nach einer aktuellen Studie eines ehemaligen McKinsey-Managers liegen mehr als 20 Billionen Dollar in Steueroasen (Kurier, 4.8.2012). 20 000 000 000 000 Dollar -  zusammen mit den in den letzten Jahren angehäuften Vermögenswerten von wenigen Prozent der Bevölkerung - Geld genug, um die Krise in den Staaten zu beenden. Was wir dafür brauchen, ist nichts anderes als eine andere Steuerpolitik. Die Staaten müssen sich die Gelder dort holen, wo sie sind, dort, wo sie über aberwitzige, durch die Politik ermöglichte Machenschaften und Gesetze angehäuft werden konnten.

Ob dies mit diesen Politikern machbar ist, welche die Weichen für diese Vorherrschaft des internationalen Finanzkapitals gestellt haben, machbar ist, darf bezweifelt werden. Genau so muss jedoch auch in Frage gestellt werden, ob der individuelle Überlebenskampf des Einzelnen in der Gesellschaft (egal ob in Griechenland oder in anderen westlichen Staaten) ihn vor der Auslieferung seiner Lebensbedingungen an die Interessen dieses Kapitals bewahren kann.

Griechenland ist somit - nach zahlreichen anderen Staaten dieser Welt -  nicht mehr als ein weiteres Beispiel für die Vorherrschaft neoliberalen Besitzstrebens im Sinne der Theorie Friedmans über die Interessen der Bevölkerung hinweg. In dieser Situation ist Solidarität mit den Griechen letztlich Solidarität mit uns selbst, denn die Griechen von heute werden die Europäer von morgen sein.


F.d.I.v.: Mag. Gerhard Kohlmaier, Steuerinitiative im ÖGB, Wehlistr. 150/73, 1020 Wien, 4.8.2012


 

 
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