Steuerini
15.12.2013: Koalitionspapier statt Wochenkommentar Drucken E-Mail

Der dieswöchige Wochenkommentar entfällt. Zu viel ist bereits über die neue Koalition zwischen SPÖ und ÖVP geschrieben worden, dass ich alle einlade, das Koalitionsübereinkommen (Ganztext im Anschluss) selbst zu lesen und sich eine Meinung zu bilden.

Aufmerksam machen möchte ich auf die zahlreichen Demonstrationen, welche kommende Woche in Wien stattfinden. Siehe: Veranstaltungen

 
Wochenkommentar vom 8.12.2013: Warum der Widerstand der Lehrer in einen des öffentlichen Dienstes und schließlich in einen aller Arbeitnehmer übergehen muss Drucken E-Mail

 

Nicht nur die Lehrer machen derzeit mobil, drohen mit Kampfmaßnahmen, weil sie die Qualität des Bildungswesens in Gefahr sehen. Aber auch drastische Gehaltskürzungen für die zukünftigen Pädagogen sind der Gewerkschaft ein Dorn im Auge.

Die Gemeindebediensteten stehen ebenfalls „Gewehr bei Fuß“. Ihnen wurden bisher bundesweite Lohnverhandlungen seitens der Regierung verweigert. Nun sitzen sie zwar gemeinsam mit Neugebauer am Verhandlungstisch, ein möglicher Abschluss der Verhandlungen soll für sie jedoch lediglich als Richtschnur für weitere Verhandlungen mit den Ländern dienen.

Am 6.12.2013 hielten die Finanzbeamten Dienststellenversammlungen ab. Auch sie drohen mit einem Streik, sollten die Vorhaben der Regierung - weniger Personal und eine Streichung der Gehaltsbiennalsprünge, also empfindliche Gehaltseinbußen - umgesetzt werden.

Auch bei der Polizei befürchtet man auf Grund der geplanten Einsparungen bzw. Zusammenlegungen von rund 100 Polizeidienststellen sowie Gehaltskürzungen durch Aussetzen eines Biennalsprunges massive Arbeitsverschlechterungen.

Im Bereich der Justiz werden zahlreiche Planstellen nicht nachbesetzt. Darüber hinaus fordern die Standesvertreter mehr Unabhängigkeit der Justizbehörden und die Abschaffung des Weisungsrechtes der herrschenden Politik.

Es geht also im Wesentlichen um massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für die öffentlich Bediensteten, um Erhöhung der Arbeitsbelastung sowie der Arbeitszeit, gepaart mit teilweise drastischen Gehaltskürzungen. Das bedeutet aber auch, dass diese Verschlechterungen auf Kosten der Gesamtbevölkerung gehen. Und es bedeutet die Fortsetzung des in Österreich immer wieder beliebten Spiels, eine Bevölkerungsgruppe gegen die andere auszuspielen. Im Endeffekt zählen dann beide zu den Verlieren.

Ja, es geht bei all dem, was nun diskutiert wird, auch ums Geld. Nicht nur, aber auch. Die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst wurden auch bisher von dieser Umverteilung der gesellschaftlichen Wertschöpfung genauso wenig verschont wie jene in der Privatwirtschaft. Beide zählen seit nunmehr über 10 Jahren zu den Verlierern eines Systems, welches unter Mithilfe der etablierten Parteien die Millionen und Milliarden zu Finanzhaien, Banken, dem Großkapital und Erfüllungsgehilfen hinscheffelt, während die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung diese Umverteilung bezahlt und wenn sie dafür nicht mehr zur Verfügung steht, weil sie in die Arbeitslosigkeit gedrängt wurde, mit drohender Verarmung konfrontiert wird. Während auf diese Weise auch die Staaten verarmen, die Sozialsysteme ausgehungert und in Frage gestellt werden, werden die Profiteure immer reicher und beherrschen längst eine durch und durch korruptionsanfällige politische Kaste.

Auch die Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft nehmen seit Jahren drastische Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen und - gemessen an der Inflation sowie am BIP - eine Senkung ihrer Reallöhne hin.

Während jedoch wir Arbeitnehmer - egal ob im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft - eine Verschlechterung unserer materiellen Lebensbedingungen nach der anderen hinnehmen sollen, gehen die Zockereien an den Finanzmärkten hurtig weiter. Gerade erst vor einigen Tagen wurden Währungs- und Zinsspekulationen von Banken in großem Ausmaß aufgedeckt. Bei der Beschränkung dieser gefährlichen Geschäfte des Finanz- und Bankwesens versagt die Politik seit Jahren, im Falle der Pleiten von solchen Geschäften hingegen agieren die Politiker im Sinne der scheinbar Verbündeten sofort und übertragen die Lasten auf die Steuerzahler.

Während die Politiker den Arbeitnehmern eine Halb- und Unwahrheit nach der anderen präsentieren, wird - großteils unbemerkt von der Öffentlichkeit - bereits am nächsten Angriff auf alle Arbeitnehmer gebastelt: dem Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP), das kurz vor seiner Fertigstellung sein soll. 600 Berater von Großkonzernen beraten hinter verschlossenen Türen im Wesentlichen über vermehrte Machtbefugnisse von Konzernen, denen sich die Staaten unterzuordnen haben. Ein Untergraben von Klimazielen, des Verbraucherschutzes, weltweites Lohndumping, Schwächung der Arbeitnehmerrechte usw. werden erwartet. Konzerne sollen Regierungen wegen entgangener Gewinne klagen können, wenn diese nicht in deren Interesse agieren. Die Parlamente werden entmachtet, die Demokratie gezielt unterhöhlt. Die Rechte der europäischen Arbeitnehmer werden den Interessen der Großkonzerne angepasst bzw. geopfert werden, ein weiterer Abbau der Sozialsysteme wird die Folge sein.

Schon zu lange haben die Bürger dieses politische Trauerspiel hingenommen. Tatenlos haben sie zugesehen, wie die Sozialpartnerschaft alten Stils immer deutlicher mit Füßen getreten wird. Spielen die Gewerkschaften beim geordneten Abbau der Arbeitnehmerrechte nicht mehr mit, dann bricht man die Verhandlungen eben einseitig ab. Heute bei den Lehrern, morgen bei den Gemeindebediensteten, übermorgen bei den Beschäftigen im Handel, der Metallindustrie usw.

Daher ist es wichtig, dass wir Arbeitnehmer endlich die richtigen Antworten auf eine Politik geben, die längst nicht mehr in unserem Interesse agiert. Der Streik als demokratisches Grundrecht ist eine Möglichkeit dazu. Nicht nur der Streik der Lehrer, nicht nur ein Streik der öffentlich Bediensteten, sondern in letzter Konsequenz ein Streik aller Arbeitnehmer! (Gerhard Kohlmaier)

 
Aktuelles Thema: Privatisierung - eine immer wiederkehrende Strategie Drucken E-Mail

Die folgenden Ausführungen habe ich im Mai 2011 verfasst. Sie sind aktueller denn je. Sogar die Akteure sind zum Teil die gleichen geblieben. Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll macht sich derzeit ganz besonders für Privatisierungen stark, vor allem für jene, die seine Machtstellung nicht gefährden. Siehe "Steuernews/Arbeit und Wirtschaft".

Unsere Politiker sind nicht Eigentümer des Volksvermögens, sondern seine Verwalter. Daher: Keine Privatisierungen ohne vorhergehende Volksabstimmungen!

 

Aktueller Kommentar vom Mai 2011:

 

Die neoliberale Strategie schwenkt auf die Privatisierung um

Die Neoliberalen ändern wieder einmal ihre Strategie. Es ist die Privatisierung, auf die sie nun umschwenken. Sie wird, ob in Griechenland oder in Österreich von den Neoliberalen nun ganz besonders als DAS Mittel gepriesen, um die steigenden Staatsschulden, welche durch die Finanzkrise und dem danach erfolgten Zugriff auf die Steuergelder ganzer Volkswirtschaften verursacht wurde, in den Griff zu bekommen - oder besser gesagt: um die neoliberale Umverteilung von volkswirtschaftlichem Vermögen zu Gunsten einer vermögenden Schicht fortzusetzen.

In Österreich sind es insbesondere der Wirtschaftskammerpräsident Leitl und der Präsident der Industriellenvereinigung Veit Sorger, welche zur weiteren Privatisierung von Staatsbetrieben bzw. Staatsanteilen an Betrieben drängen und sich „in den Dienst der guten Sache“ stellen.

Nachdem die Neoliberalen für die Aufrechterhaltung eines systemkranken, aber für sie selbst durchaus profitablen Finanz- und Wirtschaftssystems die Steuerzahler ganzer Volkswirtschaften in die Geiselhaft genommen und ausgequetscht haben, scheint diese Geldquelle aus mehreren Gründen zu versiegen:

  1. Die Abgaben- und Steuerbelastung für die Mehrheit der Bevölkerung ist bereits so hoch, dass bei weiteren Belastungen nicht ganz einkalkulierte Widerstände breiter Gesellschaftsgruppen zu erwarten sind
  2. Eine weitere Anhebung der Steuer- und Abgabenquote hätte zur Folge, dass eine massive Diskussion über die Anhebung von Vermögenssteuern und anderer Steuerprivilegien der Vermögenden einsetzen würde, ein Szenario, dass die Neoliberalen unbedingt vermeiden wollen
  3. In Griechenland, wo die neuerlich beabsichtigten Steuer- und Abgabeerhöhungen zu massiven Widerständen innerhalb der Bevölkerung und zu zahlreichen Generalstreiks führt, zeigt sich, dass sich das neoliberale System selbst gefährdet, wenn es ihm nicht gelingt, die Bevölkerung, nachdem diese bewusst hinters Licht geführt wird, zu „Scheinverbündeten“ zu machen.

In so einer Situation pflegen die Neoliberalen ihre Strategie zu ändern und eine neue „Einnahmequelle“ zu erschließen. Die systemerhaltenden staatlichen Mittel werden nämlich nur dann weiter fließen, wenn die Staatshaushalte nicht vollkommen aus den Fugen geraten, indem den Staaten beispielsweise keine Kredite mehr gewährt werden, welche sie den Neoliberalen zur weiteren Umverteilung von Unten nach Oben zur Verfügung stellen können.

Daher schießen sie sich nun auf die Argumentation ein, durch eine Privatisierung würde am schnellsten wieder Geld in die Staatskassen fließen. Auch wenn diese Argumentation auf den ersten Blick verlockend erscheinen mag, so ist die Privatisierung bei näherer Betrachtung alles andere als ein taugliches Mittel zum Schuldenabbau, weil sie nämlich mittel- und längerfristig sowohl das teuerste als auch sozial unverträglichste ist.

Die Privatisierung von staatlichen Unternehmen trifft uns nämlich in dreifacher Hinsicht:

  • als ArbeitnehmerInnen
  • bei der Verteilung von Steuern
  • als Konsumenten.

Als ArbeitnehmerInnen möchten wir sichere Arbeitsplätze, eine gute Entlohnung sowie verträgliche Arbeitsbedingungen.

Als BürgerInnen möchten wir möglichst wenig an Steuern bezahlen und möglichst viel an Förderungen erhalten.

Als Konsumenten möchten wir preisgünstige und qualitativ hochwertige Waren und Dienstleistungen erhalten.

Sehen wir uns unter diesen Aspekten einmal einige „Paradebeispiele“ solcher Privatisierungen an:

Die Teilprivatisierung der Post beispielsweise (welche nun weiter vorangetrieben werden soll) hat eine so genannte „Straffung der Organisationsstruktur“ mit sich gebracht, durch welche Hunderte von Postämtern geschlossen und Arbeitsplätze reduziert bzw. Beamte in irgendwelchen sinnlosen Pools „geparkt“ wurden, bis sie freiwillig bei Kürzung der Gehälter zu Hause bleiben oder in Frühpension „gegangen werden“. Die Gebühren wurden drastisch erhöht, die Serviceleistungen nahezu überall empfindlich eingeschränkt. Die so genannten „sozial verträglich abgebauten“ Arbeitsplätze sind auf unbestimmte Zeit weg und belasten die Arbeitslosenrate zusätzlich. Von allfälligen Gewinnen aus dem Unternehmen profitieren wenige Aktionäre. Die Zeche dafür zahlt eine ganze Volkswirtschaft, indem unprofitable Bereiche des Unternehmens „ausgegliedert“ oder überhaupt stillgelegt werden oder aber zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur für die Bevölkerung nach wie vor mittels Steuergelder betrieben oder gestützt werden müssen (Beispiel Busverkehr, vor allem in ländlichen Gebieten).

Jüngstes Beispiel ist die Schließung der 2001 endgültig privatisierten Zigarettenproduktion der Austria Tabak in Hainburg – durch welche 240 Arbeitsplätze in Hainburg und 80 in der Zentrale in Wien vernichtet werden.

Der Mutterkonzern Japan Tobacco Industries (JTI) verlegt die Produktion in ein anderes EU-Land.


Nach Ablauf der gegebenen Standortgarantie wurden bereits die Werke in Schwaz und Fürstenberg stillgelegt (160 Arbeitsplätze). 2007 wurde das Unternehmen von Gallaher an JTI verkauft und von dieser eine weitere Standortsicherung abgegeben. Aber 2009 schloss der japanische Konzern die Linzer Tabakfabrik und vernichtete dadurch 275 weitere Arbeitsplätze und nun erfolgte die Schließung der Produktion in Hainburg.

Nicht vergessen darf man, dass die Austria Tabak ein Unternehmen war, welches jahrzehntelang profitabel gearbeitet hatte und einen nicht unbedeutenden Beitrag zu den Staatsfinanzen geleistet hat. Nach der Privatisierung der Gewinne bleibt dem Steuerzahler nun die Verwaltung der Verluste durch verloren gegangene Arbeitsplätze.

 

Es muss endlich Schluss sein mit dem neoliberalen Wunschkonzert, Verluste auf die Steuerzahler umzuwälzen und Gewinne zu privatisieren! Wir dürfen nicht dabei zuschauen, wie durch weitere Privatisierungen private Konzerne immer mehr Macht auf die politische Gestaltung des Staates bekommen, der Staat seinen Aufgaben für das Gemeinwohl der Bürger nicht mehr nachkommen kann, wie Staaten auf diese Art und Weise immer erpressbarer werden.

 

Insbesondere die nun verstärkt zu erwartenden Angriffe der Neoliberalen, wichtige Bereiche, die das staatliche Gemeinwohl betreffen, sei es die Energieversorgung, Teile der Gesundheitsversorgung, des Bildungswesens oder gar der Wasserversorgung, zu privatisieren, ist entschieden entgegen zu treten.

 

Unsere gewählten Politiker sind nicht Eigentümer des Volksvermögens, sie sind dessen treuhändischen Verwalter und wir müssen Ihnen das Recht absprechen, dieses unser gemeinsames Eigentum einfach nach ihren Gutdünken zu verkaufen.

 

Die „Steuerinitiative“ fordert daher, dass es in Zukunft keine Privatisierungen von  Volksvermögen mehr geben darf, ohne vorher eine Volksabstimmung über ein diesbezügliches Vorhaben durchzuführen.


www.steuerini.at

 

F.d.I.v.: Gerhard Kohlmaier, Steuerinitiative im ÖGB, 1020 Wien, Mai 2011

 
2. Wochenkommentar vom 1.12.2013: Was ist, wenn sie streiken? Drucken E-Mail


Ein möglicher Streik der Lehrer erhitzt die Gemüter, mag sein, dass auch einer des öffentlichen Dienstes insgesamt im Raume steht.

Ja dürfen sie denn das, fragt sich so mancher und vergisst dabei, dass der Streik von Arbeitnehmern ein demokratisches Grundrecht ist. Selbst die Präsidentin des Wiener Stadtschulrates, Brandsteidl, meint in der „Krone“ vom 1. Dezember, dass ein Streik „nicht am Rücken der Kinder ausgetragen werden dürfe“. Ziemlich naiv, meine ich. Ich kenne keinen Streik, der Wirkung hat, wenn alles seinen alten Gang geht. Eisenbahner sollen nur streiken, wenn die Eisenbahn fährt, Metaller nur dann, wenn die Produktion aufrecht bleibt, Ärzte nur, wenn sie gleichzeitig operieren, Lehrer nur dann, wenn Schule stattfindet. Das ist politische Bildung auf einem Niveau, das ich keinem Schüler wünsche.

Bemerkenswert finde ich auch den Vorschlag der Frau Präsidentin, bei einem länger andauernden Streik einfach die Ferien zu kürzen, weil die Regelung ohnehin aus einer Zeit stamme, „in der die Kinder als Erntehelfer gebraucht wurden“. Eine völlig neue Sichtweise des Streikrechts offenbart sich da dem Bürger. Arbeitnehmer, die streiken, müssen in Hinkunft also mit einer drastischen Erhöhung ihrer Arbeitszeit rechnen: Eisenbahner holen eventuelle Verspätungen und doch ausgefallene Züge beispielsweise in ihrer Urlaubszeit nach, Metaller verzichten ebenfalls auf Urlaubstage, Ärzte operieren nach einem Streik Tag und Nacht durch, ja, und Lehrer unterrichten eben in den Ferien.

Zudem bin ich verwundert über den Vorschlag der Präsidentin, in diesem Fall die Sommerferien zu kürzen. Da wäre es doch viel naheliegender gleich zu handeln und die so genannten „Energieferien“ dafür zu nutzen. Diese wurden während der Ölkrise 1974 eingeführt, um in den Schulen Energie zu sparen. Was man sich heute dort spart, wird mittlerweile jedoch in wesentlich höherem Ausmaß an anderen Orten und durch das vermehrte Verkehrsaufkommen, Beschneiung und Betrieb von Wintersportgebieten usw. verbraucht. Ein ökologischer und von der Warte des Energiesparens aus gesehen auch ökonomischer Irrwitz.

Und schließlich könnten die Lehrer den eventuell versäumten Stoff ja auch während der so genannten normalen Unterrichtszeit nachholen, wenn die Kinder statt auf Schikurse, Sommersportwochen, Exkursionen in die Bundeshauptstadt usw. fahren, einfach an den Schulen bleiben und Unterricht stattfindet.

Doch ein guter Vorschlag, Frau Präsidentin. Meinen Sie nicht auch?

 

Gerhard Kohlmaier

 
Wochenkommentar vom 1.12.2013: Koalitionsverhandlungen, die Angst machen! Drucken E-Mail

 


ÖVP und SPÖ haben sich offenbar auf eine gemeinsame Überlebensstrategie geeinigt. Unter dem Motto „Täuschen wir die Bürger weiter!“ nimmt man sich einer Bildungsreform an, die den Namen nicht verdient. Alles, was bisher auf dem Tisch liegt - von der Zentralmatura über das neue Lehrerdienstrecht bis hin zur Ausbildungsfrage künftiger Pädagogen - ist ein Stückwerk, welches dem österreichischen Bildungssystem großen Schaden zufügen wird. Als wäre damit nicht schon genug des pädagogischen Irrsinns, haben die Rumpfparteien sich nun offensichtlich auch auf eine gemeinsame Schule bis zum 12. Lebensjahr geeinigt.

Der Bürger ist verwirrt, zumindest der ÖVP-Wähler, denn dass die SPÖ ein Verfechter der Gesamtschule ist, ohne die Bildungsausgaben drastisch zu erhöhen und für die Bereitstellung notwendiger Ressourcen zu sorgen, ist spätestens jedem klar, der den Inhalt des neuen Lehrerdienstrechts kennt. Dieses stellt die bürokratischen und institutionellen Weichen für diese Gesamtschule und garantiert die nachhaltige Zerstörung des staatlichen Schulwesens. Aber dass die ÖVP, die noch vor den Wahlen hoch und heilig versprochen hat, sie werde an der Langform des Gymnasiums auf jeden Fall festhalten, sich nun auch an dessen Demontage beteiligt, mutet auf den ersten Blick doch eigenartig an. Es darf vermutet werden, dass die Gegenleistung der SPÖ wohl darin bestehen wird, bei der Forderung nach Vermögenssteuern Zurückhaltung zu üben.

Was geschieht hier hinter den verschlossenen, aber mitunter doch durchlässigen Türen der Koalitionsverhandlungen? Offensichtlich sind die beiden Parteien gerade dabei den zukünftigen Machterhalt auf der Fortsetzung von Wählertäuschungen und Kompromissen zu besiegeln, die so faul sind, dass sie zum Himmel stinken. Während Ideenlosigkeit in zahlreichen zentralen Fragen unseres Gesellschaftssystems herrscht und ein gut durchdachtes Konzept eines zukünftigen Schulwesens weiter auf sich warten lässt, einigt man sich darauf, der Bevölkerung die „neue Tatkraft des Regierens“ auf dem Gebiet der Bildung vorzugaukeln. Eine Hauruck-Aktion folgt auf die andere. Hier erhofft man den Applaus der Bevölkerung, welcher - so denkt der politische Schelm - schon bisher mehrheitlich nicht aufgefallen ist, dass dieser Reformwahn die Zukunft ihrer Kinder und des Landes nachhaltig gefährden wird. Wie auch, sorgten die Parteien doch in nahezu jeder Stellungnahme dafür, dass der wahre Inhalt der Reformideen der Bevölkerung möglichst lang vorenthalten wird, aber ein Feindbild vom angeblich faulen Lehrer aufgebaut werden konnte.

Doch langsam wendet sich das Blatt, allmählich beginnen auch Schüler und Eltern zu verstehen, dass es dabei nicht um das zukünftige Wohl der Schülerinnen geht, sondern dass offenbar ein staatlicher Einheitsbildungsbrei für die breite Masse geschaffen werden soll, dem nur jene entkommen werden, die sich teure Bildung an Privatschulen leisten können. Es wird ihnen dabei immer klarer, dass dies kein „Kampf“ der Regierung gegen die Lehrer ist, sondern dass in erster Linie die Zerstörung des staatlichen Schulwesens und somit der Zukunftschancen von ohnehin bereits benachteiligten Bevölkerungsschichten im Zentrum des politischen Vorhabens steht. Bildung für die sozialen Eliten, Einsparungen bei allen anderen, die man ihrer Chancen beraubt, ist das wahre Ziel dieses Reformchaos. Diese Systemlogik kennen wir bereits: Geld für die Banken und Umverteilung hin zu den Vermögenden, aber geringe Löhne und Einsparungen in vielen Bereichen bei der Bevölkerung.

Die Verantwortung für dieses politische Trauerspiel tragen zwei von den Wählern bereits abgestrafte Parteien, welche ihre Pfründe um jeden Preis erhalten wollen. Dass das keine Zukunftsoption sein kann, wird den Bürgern immer bewusster, und es ist daher zu bezweifeln, ob sie dieses Regierungsverständnis von SPÖ und ÖVP noch länger tatenlos hinnehmen werden. (Gerhard Kohlmaier)


 

 
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