Wochenkommentar vom 3.6.2012: Schmieds Danaergeschenk Drucken

Die Ankündigung von Frau Minister Schmied, die Einführung der Zentralmatura nach lang geäußerten Bedenken von Eltern, Schülern und Lehrern nun doch um ein Jahr zu verschieben, kommt spät. Vielerorts vielleicht zu spät. Die verständliche Freude vieler Kritiker und Gewerkschaftsvertreter darüber ist aus meiner Sicht jedoch nicht unbedingt nachvollziehbar.

Denn an den Schulen sind die Lehrfächerverteilungen für das nächste Schuljahr bereits längst unter Dach und Fach, das heißt, die Stundentafeln für das nächste Schuljahr sind bereits fixiert. Diese Stundentafeln bzw. die Anzahl der Stunden in den unterschiedlichen Fächern haben jedoch bedeutenden Einfluss auf die Wahlmöglichkeiten der SchülerInnen für die mündliche Reifeprüfung. Es darf davon ausgegangen werden, dass diese Stundentafeln in Hinblick auf die zu erwartende Einführung der Zentralmatura im Jahre 2014 (BHS/2015) erstellt wurden.

Wenn Schulen nun jedoch - nach der Verlautbarung der Frau Minister - die Reifeprüfung nach dem alten Modell durchführen wollen, so ergeben sich mitunter Probleme in der Wahlmöglichkeit von Fächern bzw. Fächerkombinationen für die SchülerInnen, da diese nun für das „alte“ Modell unter Umständen nicht auf die nötige Stundenzahl in bestimmten Fächern kommen, um in diesen auch die Reifeprüfung ablegen zu können. Es könnte also so manche Ungerechtigkeit in der Wahlmöglichkeit von Fächern und Fächerkombinationen bevorstehen, sodass die Schulen in solchen Fällen auf eine Veränderung der Lehrfächerverteilung drängen müssten. Ob die Schulbehörde einem solchen Szenario zustimmen würde, darf bezweifelt werden. Ob die Zeit dazu bis zum Beginn des kommenden Schuljahres ausreicht, ebenso.

Dass Bundesministerin Schmied sich dieser Problematik bewusst war, darf angenommen werden. Die Einwände gegen die Einführung der Zentralmatura im Jahr 2014 waren von Beginn an so heftig und die Ministerin hätte eine Aufschiebung rechtzeitig vor Erstellung der Stundentafeln für das nächste Schuljahr ankündigen können. Ob es Teil ihrer Strategie war, damit so lange zu warten, bis die skizzierte Problemlage wirksam wird, ist möglich. So dürfte sich das verspätete Geschenk an manchen Schulstandorten als Danaergeschenk entpuppen und die von Schmied gewünschte freiwillige Durchführung der Zentralmatura 2014 zu einer unfreiwilligen werden. (Gerhard Kohlmaier)