Woko vom 23.4.: Weg mit der kalten Progression! Drucken

„Steuern sind zum Steuern da“ ist ein wichtiger Grundsatz einer guten Steuerpolitik. Ein weiterer ist aber auch der einer Transparenz des Steuersystems, welche Verteilungswirkungen für den Bürger nachvollziehbar macht und offenlegt.

Jedes Jahr nimmt der Staat ca. 2,5 Milliarden Euro dadurch ein, dass Steuerzahler durch Lohnerhöhungen in höhere Steuerstufen fallen und somit ihre Erhöhung dem Staat zugute kommt. Diese sogenannte kalte Progression ist nichts anderes als eine indirekte Erhöhung der Steuerlast, welche für die Arbeitnehmer ohnehin schon eklatant hoch ist.

Gerade diese kalte Progression ist verantwortlich dafür, dass die Lohnsteuersenkung von 2009 (Sie wurde beim Durchschnitt der Arbeitnehmer von 49% auf 47,9% gesenkt) bereits wieder verpufft ist und bereits wieder über 49% liegt. Wie gewonnen, so zerronnen scheint das Los der österreichischen Arbeitnehmer seit Jahren zu sein. Darüber kann auch die Steuerreform, die seit 1.Jänner in Kraft ist, nicht hinwegtäuschen, denn obwohl sie den Effekt der kalten Progression abgefedert hat, ist deren Wirkung im Unterschied zu einmaligen Änderungen im Steuersystem eine permanente.

Entweder verhandeln die Sozialpartner trotz steigender Wertschöpfung seit vielen Jahren äußerst geringe Lohnerhöhungen bzw. Nulllohnrunden, was aus Sicht der Steuerinitiative völlig unverständlich ist - dann ergibt sich für die Arbeitnehmer ohnehin kein Plus - oder aber die Erhöhung wird durch die Inflation und die kalte Progression zunichte gemacht. Laut OECD löst sich daher ein Bruttogehaltsplus von 2,4% für den Arbeitnehmer in Luft auf.

Seit vielen Jahren verlangen daher die Interessensverbände der Arbeitnehmer die Abschaffung dieser automatischen Steuererhöhung, seit vielen Jahren versprechen Regierungen, diesen Automatismus abzuschaffen. Geschehen ist bis dato nichts.

Derzeit verhandeln SPÖ und ÖVP wieder einmal über die Abschaffung dieser Zusatzbesteuerung, allerdings zeichnet sich jetzt schon ab, dass an eine solche in Wahrheit nur bedingt gedacht ist. Entlastet man, wie die SPÖ vorschlägt, nur die unteren zwei Steuerstufen, dann wirkt die kalte Progression bei allen Gehältern, die über € 18000.- brutto im Jahr liegen, weiterhin. Denkt man an eine Anpassung erst ab einer kulminierten Inflationsrate von 5%, wie es die ÖVP will, dann stellen die Arbeitnehmer bei der derzeitigen Inflationsrate weiterhin jahrelang dem Staat ihr Geld unentgeltlich zur Verfügung.

Will man die kalte Progression tatsächlich abschaffen, dann gibt es nur eine Möglichkeit: nämlich die Anpassung der Steuerstufen an die jährliche Inflation. Steuerliche Gestaltungs- und Verteilungsspielräume, welche z.B. ÖGB und AK einfordern, durch eine schleichende Steuererhöhung von Besserverdienern aufrecht erhalten zu wollen, ist der falsche Weg. Jeder Bürger soll darüber Bescheid wissen, wie viel an Steuern und aus welchem Grunde er zu zahlen hat. In einem transparenten Steuersystem kann kein Platz für indirekte Steuererhöhungen oder nicht durchschaubare Umverteilungen sein! (Gerhard Kohlmaier)