Wochenkommentar vom 23.3.2014: Das Ende der Bittschriften Drucken

 

Bittschriften sind in unserer Demokratie in Mode gekommen. Alleine zwischen 2008 und 2013, also der letzten Gesetzgebungsperiode, wurden 294 dieser Petitionen und Bürgergesuche im Nationalrat eingereicht, die derzeitige Regierung ist mit weiteren 52 Bittschriften konfrontiert.

Dass Bürgerbegehren dieser Art inflationäre Ausmaße erreichen, verwundert wenig, wächst doch die Unzufriedenheit der Bürger mit den politischen Entscheidungen ihrer gewählten Repräsentanten deutlich.

Allerdings zeigt das österreichische Petitionsrecht auch die Grenzen dieser Art von Bürgerbeteiligung auf, indem es diese demokratische Mitbestimmung des Volkes auch klar in ihre Grenzen verweist. Diese endet nämlich beim Petitionsausschuss, in welchem die Regierungsvertreter die Mehrheit haben. Diese können eine Petition „zur Kenntnis nehmen“, von der „weiteren Behandlung Abstand nehmen“. Sie können aber auch, wie im gegenständlichen Fall der Petition zur Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der politischen Verantwortlichkeit in der HYPO-Affäre, welche innerhalb kürzester Zeit immerhin an die 65000 Bürger unterzeichnet haben, diese von der Parlamentsseite nehmen und an einen Ausschuss verweisen, womit das Bürgerbegehren sein Ende gefunden hat und auch nicht weiter unterschrieben werden kann.

Die Mitbestimmungsmöglichkeit des österreichischen Volkes an wichtigen Entscheidungen der Regierung kann also jederzeit von dieser selbst unterbunden werden. Ein demokratisches Mitbestimmungsrecht sieht anders aus. So sind die zahlreichen Petitionen, die im Nationalrat eingereicht werden, ebenso zahnlos wie es die 37 Volksbegehren seit Bestehen der 2. Republik waren.

Auch das Volksabstimmungsgesetz sieht für die Durchführung einer Volksabstimmung über einen Gesetzesbeschluss eine einfache Mehrheit im Nationalrat vor. So kann also die Regierung selbst jede Volksabstimmung verhindern, und sie tut es auch, wie man am Beispiel der verweigerten Abstimmung über den Lissabon-Vertrag gesehen hat.

Solcherart wird der Souverän, der eigentliche Träger demokratischer Prozesse, ausgebremst, sein Bemühen um die politische Mitgestaltung ad absurdum geführt oder mitunter sogar für parteipolitische Interessen missbraucht, gelebte Demokratie ausgehebelt. Was bleibt, sind von der Politik enttäuschte Bürger, die immer mehr Abstinenz von dieser Scheindemokratie üben und sich aus dem alltäglichen politischen Gestaltungsprozess heraushalten.

Wenn aber die herrschenden politischen Kräfte eine echte Mitbestimmung und Mitgestaltung der Politik durch das Volk verhindern, dann muss das Volk selbst aktiv werden, um seinem Willen zur Durchsetzung zu verhelfen. Volksabstimmungen vom Volk ausgehend, ohne die Zustimmung der Regierenden, müssen die Konsequenz aus einer demokratiefeindlichen Scheinmitbestimmungsregelung sein. Solche „Volksabstimmungen von unten“, angeregt und vertreten durch zahlreiche Organisationen aus der so genannten Zivilgesellschaft, getragen vom Volk selbst, durchgeführt mit Hilfe der modernen elektronischen Medien, bieten die Möglichkeit dem Volkswillen zum Durchbruch zu verhelfen, denn keine Regierung wird auf Dauer dem Druck des geäußerten Volkswillens standhalten können. Worauf warten wir denn noch? (Gerhard Kohlmaier)