Woko vom 24.1.20121: Ein Regierungswechsel steht bei Weitem nicht an - und wenn, dann nicht mit der SPÖ Drucken

 

Es ist nichts Neues. Kanzler Kurz ist ein gewiefter Stratege, der es ausgezeichnet versteht, die politischen Kontrahenten je nach Sachlage und Stimmungslage in der Bevölkerung für den eigenen Vorteil einzuspannen. Erste Anzeichen dafür war und ist die Tatsache, dass Kurz in solchen Zeiten zunehmend von der medialen Bildfläche verschwindet und selbst den Kontrahenten mehr und mehr die Bühne überlässt. Natürlich nicht dafür, dass diese sich politisch profilieren, sondern dass sie es sind, die den aufkeimenden Volkszorn ausgesetzt sind.

Eine solche Strategie fährt der Kanzler derzeit rund um das Impfdesaster, durch welches die Bevölkerung nicht nur verunsichert ist, sondern dem Regierungskurs auch zunehmend misstraut.

Nicht nur, dass die so als sicher und wirksam gepriesenen Impfstoffe, dieses ihnen von der Regierung und den Medien zugewiesene Attribut nicht ganz zu halten scheinen, es mehren sich auch die Meldungen über problematische Zwischenfälle nach der Verabreichung der Impfungen sowie die Einschätzung von deren Wirksamkeit in Bezug auf die neuartigen Virusmutationen. Hinzu kommen die Lieferungsverzögerungen der Pharmakonzerne, die Problematik rund um die Impfreihenfolge, bei der sich wieder einmal zeigt, dass manche Menschen sich eben für gleicher als andere halten und ihre Funktion missbrauchen, um die Warteliste auszutricksen.

Was also liegt näher für den Schlaumeier Kurz als in dieser für ihn und seine Popularität heiklen Phase andere Protagonisten in den Vordergrund treten zu lassen. Das betrifft sowohl den eigenen Koalitionspartner, der vor allem in Gestalt des Gesundheitsministers wiederum jene Prügel einstecken soll, die Kurz selbst verfehlen sollen, aber auch die Koalitionsparteien. Schulterschlüsse mit den NEOS und der SPÖ stehen derzeit wieder auf der Tagesordnung.

Dass die SPÖ-Chefin Rendi Wagner diese Strategie des Kanzlers noch immer nicht durchschaut hat, ist mittlerweile keine Überraschung mehr, dass aber selbst der Wiener Bürgermeister Ludwig sich für die Interessen des Kanzlers einspannen lässt und gemeinsam mit diesem die Verlängerung des wirtschafts-, sozial- und gesundheitspolitischen Ausnahmezustandes verkündet, ist ein Novum.

Letzteres veranlasst zahlreiche Medien zur gewagten These, der Kanzler hätte womöglich einen Koalitionswechsel von GRÜN hin zur SPÖ vor, und ich halte es auch für möglich, dass so mancher SPÖ-Politiker sich selbst schon in einem zukünftigen Regierungsamt unter der Regie von Kurz wähnt.

Blöd wäre er, Kanzler Kurz, einem so schwachen Koalitionspartner, wie ihn die GRÜNEN darstellen, der in der gesamten Regierungsarbeit so gut wie kein eigenes Profil zeigt, die Rote Karte zu zeigen. Da ist es doch wesentlich naheliegender, einen weiteren Beitrag zum Niedergang der Sozialdemokratie zu leisten, die sich aus ihrer selbstverschuldeten Misere nicht aufzurappeln und selbst schwerste Regierungsfehler nicht zu nützen vermag. Selbst eine so schwache SPÖ wie unter der Parteichefin Rendi Wagner ist Kurz noch ein Dorn im Auge.

Es geht Kurz nicht um einen Kurswechsel mit der SPÖ, es geht ihm darum, diese weiter zu schwächen. Das haben nur die Sozialdemokraten noch nicht erkannt.