Woko vom 20.8.2017: Nichts Neues, Herr Kurz! Drucken

Nach dem Profil-Interview hat Sebastian Kurz auch im Kurier vom 20.8. den Bürgern nähere Einblicke in sein Denken gewährt. Und auch für dieses Interview gilt: Man muss schon genau lesen, um zu verstehen, was der Kanzlerkandidat tatsächlich vor hat.

Da erklärt Kurz, dass er sich immer bemüht hätte, die Reformvorschläge des einstigen Rechnungshofpräsidenten und nunmehrigen Mitkämpfers in der Kurz-Partei Josef Moser umzusetzen. Ich frage mich nur, wie der Kanzlerkandidat dies getan hat, denn nach Durchsicht der Parlamentsanträge der letzten Jahre ist mir kein einziger Antrag bekannt, den Herr Kurz im Zusammenhang mit den Empfehlungen des Rechnungshofes eingebracht oder unterstützt hätte. Aber das hätte doch wohl eine Selbstverständlichkeit sein müssen, hätte Herr Kurz seine bisherige Aufgabe in der Regierung schon wahrgenommen. Hat er aber offensichtlich nicht. Aber vielleicht ist er plötzlich gescheiter geworden, wer weiß!

Auf die Frage, ob es in Ordnung gewesen sei, dass der Rechnungshof von der ÖVP, insbesondere vom Altlandeshauptmann Pröll und Innenminister Sobotka,  so angegriffen worden sei, antwortet Kurz, dass man Konflikte aushalten müsse. Von diesen wurden jedoch Rechnungshofprüfer als „sachlich inkompetent“ bezeichnet, als „instrumentalisiert“, wobei man wissen muss, dass Berichte des Rechnungshofes den Genannten u.a. die Verschwendung von Steuergeldern in Millionenhöhe vorgeworfen haben. Herr Kurz hat dazu meines Wissens nach nie Stellung genommen oder den Rechnungshof in seinen Schlüssen unterstützt. Er spricht nun lieber davon, dass man „Konflikte aushalten“ müsse.

Kurz will Doppelgleisigkeiten abbauen. Ja, da stimme auch ich ihm zu. Allerdings agiert er auch in dieser Frage äußerst schwammig. Denn auf die Frage, welche Doppelgleisigkeiten er denn meine, weicht er sofort aus und spricht davon, dass dies „vom Thema abhänge“. Natürlich tut es das, aber ein künftiger Bundeskanzler wird doch hoffentlich die Themen ansprechen können, die er meint. Aber nichts Konkretes ist aus dem Mund des Kanzlerkandidaten darüber zu erfahren.

Aber er will einen „schlanken Staat“. Klingt gut. Schlank, nicht dick. Aber „schlanke Staaten“ sind meist nicht für die Mehrheit der BürgerInnen da, denn diese sollen es sich ja möglichst selbst richten. Ein leichtes Unterfangen für die Reichen, eine schwierige Übung, in den allermeisten Fällen eine unmögliche für all jene, die nicht zum erlauchten Kreis der Begüterten des amtierenden Außenministers zählen. Der schlanke Staat ist im Übrigen eine Jahrzehnte alte Forderung der Neoliberalen, die allerdings dann, wenn ihre teilweise dubiosen Machenschaften zu Verlusten führen, sehr schnell nach dem Staat rufen und die Steuerzahler für ihre Verfehlungen aufkommen lassen. Die gesamte Bankenkrise und das Abwälzen der Problematik auf die Steuerzahler, auf den Staat schlechthin, sind ein Paradebeispiel dafür.

Auch bei der Höhe der Pensionen sieht Kurz Privilegien. Zu Recht. Und er verweist sofort auf die hohen Pensionen bei der ÖBB und bei der Stadt Wien. Auch da mag er richtig liegen. Aber er agiert unredlich, indem er verschweigt, dass in den schwarzen Hochburgen der Länder und in deren Einflussbereich dieselben Privilegien bestehen wie etwa im rot dominierten Wien.

Sebastian Kurz ist ein junger, relativ unerfahrener Politiker, und man mag ihm vieles verzeihen. Aber wenn man ihm abnimmt, dass er für eine grundsätzliche politische Kehrtwende in diesem Lande steht, dann ist man ihm ordentlich auf dem Leim gegangen.

 

Nichts Neues, Herr Kurz!