Woko vom 18.10.2015: Die Flüchtlingskrise verdeckt die Steuerfrage Drucken

 

Die Flüchtlingskrise hat die Finanz- und Wirtschaftskrise längst überdeckt, und das wohl im Interesse der etablierten Politik. Denn während man über das Zukunftsszenario einer Asylpolitik diskutiert, wird weiterhin kräftig von unten nach oben hin umverteilt, werden die Vermögenden weiterhin reicher, die Masse der Bevölkerung jedoch immer ärmer.

Die Steuerlast trifft vor allem den Mittelstand, während die Konzerne nach wie vor genügend Steuerschlupflöcher vorfinden, um dem Fiskus zu entkommen. Oder aber sie versteuern überhaupt nicht in den produzierenden Ländern bzw. Staaten, in denen sie ihre Produkte verkaufen, sondern in Steueroasen.

Die Bevölkerung wird von den Regierungen bewusst hinters Licht geführt: Man dürfe das Kapital nicht verärgern, so wird verlautbart, man müsse optimale Bedingungen dafür schaffen und möglichst alles dem freien Markt unterwerfen, um die Profitgier  der Reichen und Superreichen weiterhin zu befriedigen.

Der Internetgigant Facebook hat beispielsweise im Jahr 2014 in Großbritannien 5800.- Euro an Unternehmenssteuern gezahlt, während für das Management Boni in Millionenhöhe ausbezahlt werden. Ermöglicht wird dies durch Steuerschlupflöcher, welche die Regierungen indirekt solchen Konzernen seit Jahrzehnten zur Verfügung stellen anstatt sie endlich zu schließen.

Selbst den Sozialstaat stellt man immer mehr in Frage und baut ihn sukzessive ab, notwendige Investitionen, wie zum Beispiel in Bildung werden zurückgefahren. Dabei wird die Bevölkerung bewusst belogen. Ein Beispiel gefällig? Der OECD-Bericht „Government at a Glance“ 2015 weist den Anteil der öffentlichen Ausgaben, den Österreichs Politik dem Bildungswesen zur Verfügung stellt, im Jahr 2013 mit 9,8% aus. 2011 lag er noch um 14%!

höher. Damit liegt Österreich deutlich unter dem OECD-Durchschnitt, wonach der Anteil der öffentlichen Aufwendungen für Bildung 14,4% beträgt. Der Bevölkerung gaukelt man vor, sich für das beste Bildungssystem stark zu machen, immer mehr zu investieren, während man in Wahrheit die Ausgaben zurückfährt und die Privatisierung breiter Bildungsbereiche vorbereitet.

Die G20-Staaten, die EU und die OECD diskutieren seit geraumer Zeit Pläne zur Eindämmung der Steuerflucht, aber bis auf geringfügige Verbesserungen ist nach wie vor wenig passiert. Und das ist auch in Zukunft nicht zu erwarten, denn die genannten Institutionen gelten längst als die Hüter der Steuerprivilegien von Konzernen, dem Finanzkapital und den Superreichen.

Sollten die Menschen jedoch irgendwann nicht mehr länger gewillt sein, diesem politischen Treiben einfach zuzusehen, so sorgt man derzeit vor und baut an der Errichtung einer europäischen Verteidigungsarmee. Diese soll nach Auskunft der Europaparlamentarier auch  der Niederschlagung von Aufständen dienen.

Die Asylproblematik ist ohne Zweifel ein wichtiges Thema. Aber wir dürfen nicht zulassen, dass sie alles andere überdeckt. Vor allem müssen wir gerade jetzt, weil auch die Unterbringung von Asylwerbern in nächster Zeit viel Geld kosten wird, einen sofortigen Stopp der Steuerschonung für Konzerne und Superreiche fordern, zudem eine echte Vermögensbesteuerung sowie die von der Steuerinitiative seit nunmehr 15 Jahren geforderte und längst fällige Umsetzung einer Wertschöpfungsabgabe. (Gerhard Kohlmaier)