Woko vom 7.12.2014: HYPO - Sie haben nichts daraus gelernt! Drucken

 

Der Griss-Bericht zum HYPO-Desaster gibt neben den politischen Versäumnissen zahlreicher Politiker und Institutionen auch einen tiefen Einblick in deren prinzipielles Amtsverständnis.

So zeigte die gestrige Diskussion in „Im Zentrum“ (http://tvthek.orf.at/program/Im-Zentrum/6907623), wie die Vertreter der einzelnen Parlamentsparteien mit dem von der Griss-Kommission aufgearbeiteten Fehlverhalten unserer Volksvertreter auch in weiterer Zukunft umzugehen gedenken: Diffamierung des politischen Gegners, Ausbreiten der schützenden Hand über politisch Gleichgesinnte und Nahestehende, Weiterwursteln nach bisherigem Muster zum Schaden der Bevölkerung.

Nicht das Aufarbeiten von Sachfragen war den Parteienvertretern ein Anliegen, sondern sie hatten offensichtlich bereits die anstehenden Wahlgänge vor Augen und übertrafen sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen, um die eine oder andere Wählerstimme mehr zu ergattern. Und darin übten sich nicht nur die Regierungsvertreter, sondern auch alle anderen geladenen Parteienvertreter. Frei nach dem Motto von Stefan Petzner, der über seine politischen Vasallendienste für den ehemaligen Landeshauptmann Haider vor einigen Tagen meinte „Mir war jedes Mittel recht,...ich habe jeden angepinkelt, der anzupinkeln war“ geht es in der österreichischen Politik weiterhin munter zu, wenn es darum geht, das Volk zu täuschen. Zugegeben, nicht ganz so niveaulos, wie dies ein Herr Petzner zu tun pflegte, aber im Wesentlichen ist das Ansinnen dasselbe. Es geht um Tarnen und Täuschen, um Scheinmoral und Scheinpolitik, wie ich bereits in meinem Wochenkommentar vom 9.11. geschrieben habe.

Die Gesetzeslage ermöglicht diese Vorgangsweise. Denn außer einem potentiellen Rücktritt vom Amt, so man sich zur Zeit der Debatte in diesem überhaupt noch befindet, gibt es keine politische Verantwortlichkeit der politischen Mandatare. Josef Pröll, Maria Fekter, Wolfgang Schüssel u.v.m. können sich also entspannt zurücklehnen und allenfalls beruhigt ihren neuen Broterwerben, in denen diese Art der politischen Moralvorstellung offensichtlich sehr geschätzt ist, nachgehen. Dass sie für ihr politisches Tun jemals zur Verantwortung gezogen werden, das haben sie nicht zu befürchten.

Auch die sich noch im Amt befindlichen Akteure des HYPO-Desasters, wie der Präsident der Nationalbank, die Verantwortlichen der Finanzmarktaufsicht u.a.m, deren schwere Versäumnisse der Griss-Bericht ebenfalls offenlegt, sollten - zumindest bis zur endgültigen Klärung der Sachverhalte - von ihren Ämtern dispensiert werden. Im gesamten öffentlichen Dienst ist so eine Vorgangsweise normal, vor den Spitzen des Staates macht sie halt.

Politische Verantwortung ist aber immer auch moralische Verantwortung. Wer ihr nicht nachkommt, sollte zumindest den Groll der Bürger und der Medien spüren. Das betrifft auch die Parteikollegen, die sich mit schützender Verbündetenhand vor jene stellen, die ihrer Verantwortung nicht nachgekommen sind. Das wäre eine Aufgabe von unabhängigen Medien, doch wie wir wissen, gibt es die nicht.

So bleibt es wieder einmal dem Bürger überlassen, wie er reagiert, ob er reagiert, welche Konsequenzen er aus diesem politischen Schauspiel zieht. Wie wäre es damit, solchen politischen Akteuren nicht nur bei den Wahlen seine Gefolgschaft zu verweigern, sondern im gesamten öffentlichen Leben. (Gerhard Kohlmaier)