Woko vom 5.10.: CETA, TTIP und TIPS - drei Abkommen, die die Freiheit der Bürger und Staaten gefährden! Drucken

Die Abkommen über die Freiheit des Handels (CETA, TTIP) und der Dienstleistungen (TIPS), die zwischen Canada, den USA und der EU ausverhandelt wurden und werden, erzeugen zunehmend den Unmut der Bürger.

Gemeinsam ist allen drei Abkommen, dass sie hinter verschlossenen Türen, also geheim, von der EU-Kommission verhandelt werden, wobei insbesondere Lobbyisten internationaler Konzerne Einfluss auf den Verlauf der Gespräche haben, während das EU-Parlament, nationale Parlamente oder gar Vertreter der Zivilgesellschaft keinerlei Einfluss auf die Gespräche haben. Bewusst wird auf Transparenz verzichtet, bewusst werden demokratische Meinungsbildung und Verfahrensweisen sowie die Informationspflicht und die Mitsprachemöglichkeiten demokratisch gewählter Institutionen außer Kraft gesetzt, um den Interessen von Großkonzernen zum Durchbruch zu verhelfen.

Gemeinsam ist den Abkommen aber auch, dass der darin enthaltene Investitionsschutz für  Konzerne vorsieht, dass Umsatzeinbußen, welche diese durch nationale Gesetze erleiden, in Hinkunft vor eigenen Schiedsgerichten eingeklagt werden sollen und die staatliche Gerichtsbarkeit somit umgangen wird.

Solche Investitionsschutzabkommen sind zwar nichts Neues, die nach den derzeit vorhandenen Abkommen laufenden Klagen demonstrieren aber auch, was das in Zukunft für die einzelnen Staaten bedeuten könnte: So klagt derzeit der internationale Energiekonzern Vattenfall die BRD auf 4 Milliarden Euro Verdienstentfall wegen der Entscheidung über den Atomausstieg nach der Fukushima-Katastrophe und die Stilllegung von zwei von Vattenfall betriebenen AKWs. Der Zigarettenkonzern Philip Morris klagt derzeit den Staat Uruguay wegen seiner Rauchergesetze und Warnhinweise auf Zigarettenpackunbgen auf einen Verdienstentgang von 2 Milliarden Dollar, das ist ein Sechstel des gesamten Staatshaushaltes von Uruguay. 2012 musste Ecuador wegen der Beendigung eines Vertrages zur Erdölförderung eine Entschädigungssumme von 1,77 Milliarden Dollar an den Ölkonzern Occidental zahlen.

Das bedeutet, dass in Zukunft die Bürger eines Staates, sollten sie für irgendwelche Regelungen eintreten, die sie zwar für vernünftig, zukunftsorientiert usw. halten und die ihren Ausdruck in der nationalen Gesetzgebung finden, von Großkonzernen gehörig zur Kassa gebeten werden können. Die Freiheit der Staaten und Bürger endet also dort, wo Konzerne ihre Interessen gefährdet sehen.

CETA, TTIP und TIPS gefährden aber auch noch ganz andere Rechte der Bürger wie die vielfältigen sozialen Standards, welche europäische Arbeitnehmer erst vor ca. 100 Jahren mühsam erkämpft und durchgesetzt haben. Eine Angleichung an amerikanische Sozial-standards und ein beginnendes Lohndumping sind nicht nur ein ernst zu nehmender Angriff der Großkonzerne auf die Souveränität der einzelnen Staaten, sondern auch auf die Freiheitsrechte der Bürger.

Schließlich sei nicht unerwähnt, dass diese Abkommen die Liberalisierung der Märkte bis hin zur Privatisierung von wichtigen Bereichen der Infrastruktur der Staaten und der Privatisierung von lebensnotwendigen Gütern im Auge hat und somit die Abhängigkeit ganzer Völker und Staaten von den Interessen der Großkonzerne massiv verschärfen wird.

Zahlreiche andere strittige Punkte, wie Nahrungsmittelstandards, Umweltstandards und die demokratischen Rechte sind Bestandteil dieser Abkommen, auf deren Zustandekommen - nach derzeitigem Diskussionsstand - unter Umständen nicht einmal die nationalen Parlamente Einfluss haben könnten, sollten sie vom Europäischen Parlament beschlossen werden.

Einen Vorgeschmack, wie wenig nach den Vorstellungen der EU-Mächtigen das Volk an Mitspracherecht bei solchen wesentlichen Entscheidungen haben soll, bietet die Ablehnung der von einem breiten Bündnis von über 240 Organisationen eingereichten Europäischen Bürgerinitiative durch die Europäische Kommission, welche derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten wird.

Es liegt an uns, am Volk selbst, ob und in welchem Maße wir für unsere Interessen eintreten. Eine selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative steht im Raum und soll zur Durchführung kommen, wenn die Europäische Kommission eine Erhebung des Volkswillens weiterhin verhindern wird. Dies ist auch ein indirekter Erfolg der Steuerinitiative, welche seit Jahren selbst durchgeführte „Volksabstimmungen von unten“ fordert und solche bereits in Ansätzen durchgeführt hat.

Wir alle können und sollten uns am kommenden Samstag, den 11. Oktober, am gesamteuropäischen Aktionstag gegen diese Freihandelsabkommen beteiligen (siehe: Veranstaltungen und Termine), denn wir lassen uns unsere Bürgerrechte und Freiheiten nicht von Großkonzernen beschneiden! (Gerhard Kohlmaier)