Wochenkommentar vom 8.12.2013: Warum der Widerstand der Lehrer in einen des öffentlichen Dienstes und schließlich in einen aller Arbeitnehmer übergehen muss Drucken

 

Nicht nur die Lehrer machen derzeit mobil, drohen mit Kampfmaßnahmen, weil sie die Qualität des Bildungswesens in Gefahr sehen. Aber auch drastische Gehaltskürzungen für die zukünftigen Pädagogen sind der Gewerkschaft ein Dorn im Auge.

Die Gemeindebediensteten stehen ebenfalls „Gewehr bei Fuß“. Ihnen wurden bisher bundesweite Lohnverhandlungen seitens der Regierung verweigert. Nun sitzen sie zwar gemeinsam mit Neugebauer am Verhandlungstisch, ein möglicher Abschluss der Verhandlungen soll für sie jedoch lediglich als Richtschnur für weitere Verhandlungen mit den Ländern dienen.

Am 6.12.2013 hielten die Finanzbeamten Dienststellenversammlungen ab. Auch sie drohen mit einem Streik, sollten die Vorhaben der Regierung - weniger Personal und eine Streichung der Gehaltsbiennalsprünge, also empfindliche Gehaltseinbußen - umgesetzt werden.

Auch bei der Polizei befürchtet man auf Grund der geplanten Einsparungen bzw. Zusammenlegungen von rund 100 Polizeidienststellen sowie Gehaltskürzungen durch Aussetzen eines Biennalsprunges massive Arbeitsverschlechterungen.

Im Bereich der Justiz werden zahlreiche Planstellen nicht nachbesetzt. Darüber hinaus fordern die Standesvertreter mehr Unabhängigkeit der Justizbehörden und die Abschaffung des Weisungsrechtes der herrschenden Politik.

Es geht also im Wesentlichen um massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für die öffentlich Bediensteten, um Erhöhung der Arbeitsbelastung sowie der Arbeitszeit, gepaart mit teilweise drastischen Gehaltskürzungen. Das bedeutet aber auch, dass diese Verschlechterungen auf Kosten der Gesamtbevölkerung gehen. Und es bedeutet die Fortsetzung des in Österreich immer wieder beliebten Spiels, eine Bevölkerungsgruppe gegen die andere auszuspielen. Im Endeffekt zählen dann beide zu den Verlieren.

Ja, es geht bei all dem, was nun diskutiert wird, auch ums Geld. Nicht nur, aber auch. Die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst wurden auch bisher von dieser Umverteilung der gesellschaftlichen Wertschöpfung genauso wenig verschont wie jene in der Privatwirtschaft. Beide zählen seit nunmehr über 10 Jahren zu den Verlierern eines Systems, welches unter Mithilfe der etablierten Parteien die Millionen und Milliarden zu Finanzhaien, Banken, dem Großkapital und Erfüllungsgehilfen hinscheffelt, während die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung diese Umverteilung bezahlt und wenn sie dafür nicht mehr zur Verfügung steht, weil sie in die Arbeitslosigkeit gedrängt wurde, mit drohender Verarmung konfrontiert wird. Während auf diese Weise auch die Staaten verarmen, die Sozialsysteme ausgehungert und in Frage gestellt werden, werden die Profiteure immer reicher und beherrschen längst eine durch und durch korruptionsanfällige politische Kaste.

Auch die Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft nehmen seit Jahren drastische Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen und - gemessen an der Inflation sowie am BIP - eine Senkung ihrer Reallöhne hin.

Während jedoch wir Arbeitnehmer - egal ob im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft - eine Verschlechterung unserer materiellen Lebensbedingungen nach der anderen hinnehmen sollen, gehen die Zockereien an den Finanzmärkten hurtig weiter. Gerade erst vor einigen Tagen wurden Währungs- und Zinsspekulationen von Banken in großem Ausmaß aufgedeckt. Bei der Beschränkung dieser gefährlichen Geschäfte des Finanz- und Bankwesens versagt die Politik seit Jahren, im Falle der Pleiten von solchen Geschäften hingegen agieren die Politiker im Sinne der scheinbar Verbündeten sofort und übertragen die Lasten auf die Steuerzahler.

Während die Politiker den Arbeitnehmern eine Halb- und Unwahrheit nach der anderen präsentieren, wird - großteils unbemerkt von der Öffentlichkeit - bereits am nächsten Angriff auf alle Arbeitnehmer gebastelt: dem Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP), das kurz vor seiner Fertigstellung sein soll. 600 Berater von Großkonzernen beraten hinter verschlossenen Türen im Wesentlichen über vermehrte Machtbefugnisse von Konzernen, denen sich die Staaten unterzuordnen haben. Ein Untergraben von Klimazielen, des Verbraucherschutzes, weltweites Lohndumping, Schwächung der Arbeitnehmerrechte usw. werden erwartet. Konzerne sollen Regierungen wegen entgangener Gewinne klagen können, wenn diese nicht in deren Interesse agieren. Die Parlamente werden entmachtet, die Demokratie gezielt unterhöhlt. Die Rechte der europäischen Arbeitnehmer werden den Interessen der Großkonzerne angepasst bzw. geopfert werden, ein weiterer Abbau der Sozialsysteme wird die Folge sein.

Schon zu lange haben die Bürger dieses politische Trauerspiel hingenommen. Tatenlos haben sie zugesehen, wie die Sozialpartnerschaft alten Stils immer deutlicher mit Füßen getreten wird. Spielen die Gewerkschaften beim geordneten Abbau der Arbeitnehmerrechte nicht mehr mit, dann bricht man die Verhandlungen eben einseitig ab. Heute bei den Lehrern, morgen bei den Gemeindebediensteten, übermorgen bei den Beschäftigen im Handel, der Metallindustrie usw.

Daher ist es wichtig, dass wir Arbeitnehmer endlich die richtigen Antworten auf eine Politik geben, die längst nicht mehr in unserem Interesse agiert. Der Streik als demokratisches Grundrecht ist eine Möglichkeit dazu. Nicht nur der Streik der Lehrer, nicht nur ein Streik der öffentlich Bediensteten, sondern in letzter Konsequenz ein Streik aller Arbeitnehmer! (Gerhard Kohlmaier)