Woko vom 5.5.: Steuerreform: Falsche Verteilungswirkung, falsche Lenkungseffekte Drucken

 

Die von der Regierung in Aussicht gestellte Steuerreform soll - und darin sind sich Bundes- und Vizekanzler einig - Entlastungen bringen. Wer zahlt schon gerne Steuern?

Allerdings sind Steuerzahlungen in einem funktionierenden, demokratischen Staatswesen nicht ein Beutezug gegen die Bevölkerung, sondern Steuereinnahmen sind eine Notwendigkeit für ein funktionierendes Staatswesen, denn so lange sie nicht in dunklen Kanälen versickern, kommen sie allen Bürgern zugute und dienen der Bereitstellung öffentlicher Güter wie Bildung, Sicherheit, Forschung, Rechtssprechung, Landesverteidigung, Landwirtschaft, Arbeit, Gesundheit, Sozialem, Kunst, Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt, um nur die wichtigsten Bereiche zu nennen.

Welch große Bedeutung das Steuersystem hat, zeigt sich u.a. daran, dass fast die Hälfte der österreichischen Wirtschaftsleistung durch den Staat erbracht wird. Selbstverständlich geht es bei der Steuerdiskussion auch darum, welche Bevölkerungsschichten welchen Beitrag zum Gesamtaufkommen leisten, wie die Steuerbelastung verteilt ist. Aber es geht auch um die Frage, welche Lenkungseffekte durch Steuern erzielt werden, denn Steuern sind auch zum Steuern da.

Auf diese zwei Aspekte - also auf die Verteilungsgerechtigkeit und dem Lenkungseffekt - ist bei der in Aussicht gestellten Steuerreform, will man ihren Effekt beurteilen, daher das Hauptaugenmerk zu richten.

In Österreich machen die indirekten Steuern, also beispielsweise die Mehrwertsteuer oder die Mineralölsteuer, welche die Bezieher kleinerer Einkommen ungefähr gleich stark belasten wie die hoher Einkommen, über 30% der Steuereinnahmen aus. Für eine sozial gerechtere Verteilung der Steuerlast wäre eine bessere Verlagerung der Steuerlast auf die Ebene der direkten Steuern sinnvoll. Davon ist in der Steuerreform der Regierung jedoch keine Rede.

Auch die seit langer Zeit bestehende ungleiche Verteilung der Steuerlast bei den direkten Steuern zwischen Steuern auf Einkommen und solchen auf Vermögen bleibt bei der künftigen Steuerreform unangetastet, obwohl Österreich bei der Vermögensbesteuerung im internationalen Vergleich nach wie vor zu den Schlusslichtern gehört.

Bei der Unternehmensbesteuerung für Kapitalgesellschaften und Konzerne setzt die Regierung den von der Regierung Schüssel eingeschlagenen Weg einer weiteren Steuertalfahrt fort. Schüssel reduzierte sie von 34% auf 25%, nun soll sie auf 20% weiter gesenkt werden. Die überwiegend als Personengesellschaften geführten Klein- und Mittelbetriebe schauen bei der Senkung durch die Finger. Und nebenbei ist diese Senkung dauerhaft wirksam, während eine Lohnsteuersenkung im Lauf der Zeit wiederum von der „kalten Progression“, welche diese Regierung trotz des Wahlversprechens nicht abschaffen wird, aufgefressen wird. Diese beabsichtigte Beibehaltung der „kalten Progression“ ist ein deutliches Zeichen, dass die Regierung weiterhin vor allem die kleinen und mittleren Lohn- und Gehaltsempfänger überproportional zur Kasse bitten will, denn bei den wirklich hohen Gehältern bleibt dieses Abzockmanöver wirkungslos, weil es keine höheren Steuerstufen mehr gibt, welche etwaige Lohnzuwächse durch eine höhere Besteuerung schmälern können.

Die türkis-blaue Regierung setzt im Wesentlichen eine in ihrer Verteilungswirkung seit Jahrzehnten bestehende problematische Steuerpolitik fort. Die Folge davon wird sein, dass die Schere zwischen Arm und Reich in unserem Land noch weiter auseinanderklafft, als dies ohnedies schon der Fall ist.

Das größte Manko dieser sogenannten Reform ist jedoch ihre Resistenz gegen wichtige Lenkungswirkungen für die Zukunft des Landes und seiner Menschen. Die angedachten ökologischen Steuerungswirkungen sind nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein der uns drohenden Klimakatastrophe. Keine Steuerungseffekte beim Energieverbrauch, keine CO2-Steuer, die umweltschonende Verbraucher belohnt und Umweltschädlinge mehr zur Kasse bittet, keine Besteuerung von Kerosin, keine Veränderung bei den umweltbelastenden Subventionen im Verkehr und in der Landwirtschaft. Auch im Bereich der Bodenbewirtschaftung sowie des Wasserverbrauchs fehlen dringend notwendige Lenkungseffekte.

Zudem kann man eine Steuerreform mit dem angekündigten Gesamtvolumen von ca. 6,5 Milliarden Euro nur dann sinnvoll finanzieren, wenn sie diesen Betrag im Wesentlichen über Umverteilungseffekte aufbringt, also über eine höhere Besteuerung von Vermögen, Kapital, spekulativen Gewinnen usw. Nur dann wäre gewährleistet, dass die Normalbürger eventuelle Steuerersparnisse im Endeffekt nicht selbst bezahlen müssen. Sie sind es nämlich, welche durch die angekündigten Einsparungen am meisten betroffen sein werden. Im Bildungs-, Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich oder etwa auch im Verkehr führen Einsparungen entweder zu Leistungskürzungen oder zur Erhöhung von Selbstbehalten. Letztere können sich viele Bürger nicht mehr leisten, den Reichen und Vermögenden hingegen kann der in diesen Bereichen „schlanke Staat“ nichts anhaben, denn sie verfügen über die Mittel, sich diese Leistungen selbst zu finanzieren.

 

Gesamt gesehen fehlt es der angekündigten Steuerreform an Reformcharakter. Sie ist die Fortsetzung einer noch stärkeren ungerechten Verteilungswirkung innerhalb der Staatsbürger als bisher, sie weist zudem keinerlei entscheidende Lenkungseffekte für die Zukunft des Landes und seiner Bürger auf.