Woko vom 14.10.: Das Klima ist rauer geworden Drucken

 

Die österreichische Bundesregierung ist ein Jahr alt und verweist in Festreden auf ihre "andere Politik", welche mit ihr ins Land gezogen sei.

Vieles ist tatsächlich anders geworden: die Republik wurde in entscheidenden Bereichen türkis-blau eingefärbt, die Sozialpartnerschaft wurde geschwächt, die Gesellschaft wurde in der Migrationsfrage gespalten.


Vielerorts hört man, dass diese Regierung nach der Blockadesituation zwischen Schwarz-Rot wieder zum Regieren zurückgekehrt sei. Das ist nicht ganz unrichtig, denn tatsächlich fanden zahlreiche Ministerräte statt, viele Beschlüsse wurden gefasst, über 66 Regierungsvorlagen wurden ausgearbeitet. Konkret wurden ein umstrittener Familienbonus, eine ebenso umstrittene Reform der Sozialversicherung, eine problematische Reform des Arbeitszeitgesetzes sowie ein Sicherheits- und Überwachungspaket auf den Weg gebracht, welches den Überwachungsstaat ausweitet. Auch das beschlossene Schulpaket wird von Wissenschaftlern und Schulexperten in weiten Teilen abgelehnt.

Unterm Strich hat die Regierungsarbeit für weite Teile der Bevölkerung wenig bis nichts gebracht. In den wesentlichen Zukunftsbereichen sind kaum Weichenstellungen erfolgt: Erweiterungen einer sinnvollen Demokratisierung durch die Möglichkeit von Volksabstimmungen wurde aufgeschoben, die Finanzierung der Pflege ist nach wie vor nicht gelöst und es mehren sich die Anzeichen dafür, dass sich die Bevölkerung die Pflegeleistungen schließlich über Versicherungen oder Ansparungsformen selbst bezahlen wird , in der Umwelt- und Klimapolitik gibt es außer Sonntagsreden nichts Handfestes, Bildungs- und Gesundheitspolitik sind weiterhin Baustellen mit Verschärfung zum Ausbau des Zweiklassensystems, selbst in der Europapolitik glänzte die Regierung weniger durch Inhalte als vielmehr durch mediale Selbstdarstellung und touristische Basisarbeit für die Stadt Salzburg.

 

Viele konkrete Ergebnisse hat dieses erste Jahr wahrlich nicht gebracht. Allerdings ist diese Regierung bereits nach einem Jahr für ein neues Klima im Land verantwortlich zu machen. Vor allem der Koalitionspartner, die FPÖ, hat - angefangen vom Verständnis von Migrationsfragen, über den BVT-Skandal bis hin zu Angriffen auf die Pressefreiheit im Land - unter Beweis gestellt, dass diese Partei nach wie vor für eine rückwärtsgewandte Politik steht, welche dieses Land auf Dauer nicht weiterbringen, sondern in eine Sackgasse führen wird. Die Kurz-ÖVP schweigt dazu und nützt diese Politik für eine gefährliche Spaltung der Gesellschaft. Das Klima ist rauer geworden in diesem Jahr.