Woko vom 11.10.: Was für ein kläglicher Journalismus! Drucken

Seit Beginn des Wahlkampfes bieten die österreichischen Medien den Bürgern dieses Landes ein emotionales Sittenbild der österreichischen Politik. Nicht Inhalte stellen die Journalisten in den Vordergrund, sondern ihre eigene Befindlichkeit sowie die der Parteichefs und der politischen Protagonisten. Jede, mitunter auch noch so dumme Worthülse eines Politikers wird aufgegriffen, jede Mimik und Gestik gedeutet. Spricht der „alte“ oder der „neue Strache“, wie versucht er Wähler zu manipulieren, tritt Kurz staatsmännisch oder aggressiv auf, reagiert Kern zu empfindlich, hat er gar ein „gläsernes Kinn“? Das alles sind Fragestellungen, welche die Wahlkampfberichterstattung der österreichischen Medienlandschaft prägen. Abgesehen davon, dass einige Boulevardblätter ganz offen Stimmung für oder gegen einen Kandidaten machen und ihnen offensichtlich jeder Untergriff recht ist, der die Verkaufszahlen in die Höhe treibt.

Ja und mitunter hört man ein bedauerndes Wort darüber, dass die Inhalte in dieser Wahlauseinandersetzung zu kurz kämen, wohl auch, weil sie teilweise zu kompliziert für das gemeine Volk wären.

Dabei wäre es die Aufgabe der Journalisten, gerade über diese Inhalte zu informieren. Das Volk ist nämlich nicht zu dumm, es wird nur nicht oder sehr unvollständig informiert. Dieser journalistischen Aufgabe kommen die meisten Medien überwiegend nicht nach. Die Oberflächlichkeit des Wahlkampfes, den sie zu Recht bedauern, ist u.a. auch das Ergebnis ihrer Berichterstattung.

Ähnlich verhält es sich mit der Moderation der Gespräche in den audiovisuellen Medien. Ungestört können sich da Wahlwerber den Großteil der Sendung über ihr Verständnis von Einwanderung unterhalten, weil eben dieses eine emotionale Spaltung der Zuseherschaft begünstigt. Konkrete sachliche Fragestellungen sind die Ausnahme. Offensichtlich ist eine hohe Zuschauerquote am leichtesten dann zu erreichen, wenn diese Emotionalität im Vordergrund der so genannten Berichterstattung steht.

Und schließlich wären da noch die Analytiker, welche im Fokus ihrer Interpretationen ebenfalls die Stimmung eines Gespräches, die Frage, welcher Politiker welche Wählerschichten anspricht und ähnliche Fragen haben. Auch bei ihnen gehen die Sachfragen kläglich unter.

 

Karl Kraus hat über den Journalismus einmal überspitzt gemeint: „Der Journalismus ist ein Terminhandel, bei dem das Getreide auch in der Idee nicht vorhanden ist, aber effektives Stroh gedroschen wird.“ Leider halten sich zahlreiche österreichische Journalisten an diese Charakterisierung.