Wochenkommentare
Woko vom 7.4.: Die Geister, die er rief, der Kanzler Drucken E-Mail

 

Seit dem Amtsantritt der Kurz-Strache-Regierung listet der „Standard“ die „rechten Ausrutscher“ der FPÖ penibel auf. Und siehe da, da hat sich ein Sammelsurium von Äußerungen angesammelt, die allesamt nicht von irgendwelchen Parteimitgliedern oder Sympathisanten stammen, sondern von Funktionären der FPÖ. Vom Wunsch des niederösterreichischen Landesrat Waldhäusl nach einer „Sonderbehandlung“ für integrationsunwillige Asylwerber über die Liederbuch-Affäre der Burschenschaft Germania, deren stellvertretender Vorsitzender, der FPÖ-Politiker Landbauer, von den antisemitischen und das Nazitum verherrlichenden Texten nichts gewusst haben will, bis zu den zahlreichen Berührungspunkten zwischen FPÖ-Männern und der rechtsradikalen Identitären-Bewegung spannt sich da der Bogen.

Die „rechten Ausrutscher“ sind alles andere als solche, sie weisen innerhalb der Partei eine beständige Systematik auf und sind Bestandteil der Gesinnung vom kleinen Jugendfunktionär bis hinauf in die Parteispitze.

Diese FPÖ ist eine von gefährlichem rechten und rechtsradikalen Gedankengut durchsiebte Partei und die Parteispitze kann und will sich davon offenbar nicht trennen. Wie auch, wenn es Bestandteil der eigentlichen Gesinnung ist. Strache selbst ist zwar in konkreten Anlassfällen um Abschwächung bemüht, mehr ist jedoch nicht drinnen. Zu groß scheint die Gefahr, die Partei könne bei eindeutiger Distanzierung zerbrechen.

Diese FPÖ hat seit ihrem Bestehen über Peter, Haider bis hin zu Strache diese Nähe zum

nationalsozialistischen Gedankengut nie aufgegeben. Es ist daher richtig, dass die SPÖ - zumindest auf Bundesebene - eine Zusammenarbeit mit ihr ausschließt, auch wenn der burgenländische Landeshauptmann sich ihrer bedient, um sich an der Macht zu halten.

Und es ist ein Jammer, dass der schwarze Bundeskanzler Kurz seine Position ebenfalls mit dieser Partei absichert.

Kurz ist auf diesen FPÖ-Zug aufgesprungen, um eine schwächelnde SPÖ auf Bundesebene loszuwerden und die Kanzlerschaft zu erobern. Das ist ihm gelungen. Nun aber hat er ein Problem, welches er auf Dauer nicht allein durch geschicktes Schweigen und durch blasse Stellungnahmen in äußersten Notfällen, wenn sozusagen der Hut brennt, so einfach wieder loswerden kann.

Der Grund dafür ist ein zweifacher: Einerseits bekommen immer mehr Österreicher mit, welche Partei mit dieser FPÖ ins Regierungsamt gewählt wurde. Selbst die am Wahltag Frustrierten, von denen viele die FPÖ nicht aus Überzeugung, sondern eben aus Enttäuschung über eine katastrophale SPÖ-ÖVP-Performance ins Amt gehievt haben, erkennen zunehmend, wen sie da zur Macht verholfen haben.

Andererseits mehren sich die Stimmen im Ausland, insbesondere im benachbarten Deutschland, dass mit dieser FPÖ eine Partei in der österreichischen Regierung sitzt, von der ganz bestimmte Gefahren ausgehen und mit der man die Zusammenarbeit zumindest überdenken muss, wenn nicht sogar in bestimmten Bereichen abbrechen.

 

Die Strategie von Kurz, auf internationaler politischer Bühne zu glänzen und die Arbeit im Staat dem Regierungspartner zu überlassen, ist an deutliche Grenzen gestoßen, weil sie mittlerweile an seinem Image gehörig kratzt. Man darf gespannt sein, ob es ihm gelingt, die Geister, die er rief, auch wieder loszuwerden, denn eines ist sicher: Schweigen oder Scheinempörung allein werden seine Position sowie die Koalition auf Dauer schwächen. Es reicht eben nicht aus, rechtsextreme Gesinnungsgemeinschaften als widerlich zu bezeichnen, sondern man muss auch jegliche Zusammenarbeit mit jenen abbrechen, die ihr Gedankengut in der Nähe von solchen Vereinigungen ansiedeln.

 
Entfall des Woko Drucken E-Mail

Der Wochenkommentar vom 31.3. entfällt aus Krankheitsgründen. Der nächste Kommentar erscheint voraussichtlich am 7.4.

 
Woko vom 24.3.: Es ist an der Zeit, eine Politikerscham zu entwickeln Drucken E-Mail

Während sich in Schweden die Klimaproblematik zur Einführung einer Ökosteuer im Flugverkehr sowie einem breiten Trend innerhalb der Bevölkerung - bekannt als Flugscham - niedergeschlagen hat, wurde in Wien eine dritte Piste für den Flughafen Wien bewilligt.

Die verantwortlichen Politiker jubeln, sprechen von der Schaffung neuer Arbeitsplätze, von der steigenden Attraktivität des Flughafens, von Wachstum. Aber während Wien auf  diese Art und Weise wachsen will, wird durch das stärkere Flugaufkommen auch die Umweltbelastung durch den vermehrten Ausstoß klimaschädlicher Emissionen zunehmen.

Das Diktat des wirtschaftlichen Wachstums und der Gewinnsteigerung scheint die österreichische Politik leider auch in jenen Bereichen fest im Griff zu haben, wo Wachstum nachweislich in die ökologische Katastrophe führen muss, abgesehen von der Tatsache, dass es kein unbeschränktes Wachstum geben kann.

Seit Jahrzehnten ist die österreichische Verkehrspolitik selbst die Katastrophe, weil sie nicht vorausschauend agiert. In ganz Österreich wurden Bahnlinien stillgelegt, verfallene Bahngebäude, Brücken usw. legen Zeugnis von dieser Entwicklung ab. Wie kurzsichtig diese Politik ist, zeigt sich derzeit etwa am Beispiel der Stilllegung der Bahnverbindung zwischen Waidhofen und dem tschechischen Slavonice. Während Erholungssuchende die ehemalige Bahntrasse als Radweg nützen können, donnern über die Bundes- und Landesstraßen tausende mit Holz schwer beladene LKW, die eigentlich auf die Schiene gehörten. Der letzte, in dieser Region niederschlagslose und heiße Sommer hat unter Mithilfe des Borkenkäfers große Mengen von Wald vernichtet, der nun mit Schwerfahrzeugen abtransportiert werden muss. Die Folge ist weniger CO2-Entnahme aus der Luft durch immer weniger Bäume, aber noch mehr CO2-Ausstoß in die Atmosphäre durch den zunehmenden Schwerverkehr. Ein Teufelskreis, der sich hier gebildet hat.

Und nun unternimmt diese Regierung noch alles, um den Flugverkehr, einen der Hauptverursacher der CO2-Emissionen, noch weiter auszubauen, anstatt diesen in vernünftigem Maße einzuschränken. Vernünftig wäre es zum Beispiel, innerösterreichische Flugverbindungen gänzlich von den Flugplänen zu streichen, aber auch Kurzstreckenflüge ins benachbarte Ausland, wie etwa nach München. Diese Ziele sind nahezu zeitident mit der Bahn erreichbar, rechnet man An- und Abfahrten sowie die Zeit zum Ein- und Auschecken der Flüge hinzu. Und wenn es schon Fluggesellschaften gibt, die solch unsinnige Flüge anbieten, dann wäre es Aufgabe der Politik hier steuernd einzugreifen und diese Destinationen mit einer Art von Öko-Sondersteuer zu belegen, welche solche Kurzstreckenflüge finanziell unattraktiv machen.

 

Die Schweden entwickeln seit einiger Zeit eine „Flugscham“ und reisen zunehmend mit der Bahn, wir sollten eine „Politikerscham“ entwickeln und unseren unverantwortlich agierenden Politikern die Gefolgschaft verweigern.


 
Wochenkommentar entfällt Drucken E-Mail

Diese Woche entfällt der Wochenkommentar. Der nächste erscheint am 24.3.

 
Woko vom 10.3.: Schülerprotest: Lasst euch nicht entmutigen! Drucken E-Mail

Die etablierte Politik, welche in Sachen Klimaschutz nahezu in allen Ländern dieser Welt - so auch in Österreich - gigantischen Nachholbedarf hat, macht auf unterschiedliche Weise mobil gegen den Protest von Schülern gegen diese Versäumnisse.

Zahlreiche Spitzenpolitiker, allen voran EU-Kommissionspräsident Juncker und die deutsche Kanzlerin Merkel, loben zwar die Initiative der jungen Leute. Der Wiener Bildungsstadtrat Czernohorszky spricht sogar davon, „stolz“ auf die jungen Menschen zu sein, Bildungsminister Faßmann begrüßt den Streik „grundsätzlich“, allerdings nicht während der Unterrichtszeit.

Viel Lob also, allerdings bestehend aus heißer Luft. Die Junckers, Merkels und Faßmanns dieser Welt sind es ja eigentlich, gegen deren Untätigkeit in Fragen einer effizienten Klimapolitik die jungen Menschen streiken. So ist Österreich seit Jahrzehnten säumig, was die Einhaltung der auferlegten Klimaschutzziele betrifft, in etlichen Bereichen ist unser Land sogar Schlusslicht in Europa.

Das Lob der Politiker ist daher im Wesentlichen absurd, denn nähmen sie es ernst, dann müssten sie aufgrund bisheriger Versäumnisse entweder rasch zurücktreten oder aber eine Art Hyperaktivität in Sachen Klimaschutz entwickeln, von welcher jedoch nichts zu spüren ist.

In Österreich ist das Streikrecht ein im Gesetz nicht geregeltes Grundrecht der Bürger und auch Bestandteil der Europäischen Grundrechtecharta. Und Schüler sind ohne Zweifel auch Bürger.

Nun häufen sich jedoch angesichts der Tatsache, dass diese Schülerbewegung auf dem Weg zu einer ernsthaften weltweiten Protestbewegung ist, die Lebens- und Zukunftsinteressen vor Kapitalinteressen stellt, die Stimmen politisch Verantwortlicher, die Schule müsse sich dem politischen Tagesgeschehen entziehen. Wenn also Proteste, dann schulferne, Freizeitproteste. Dem widerspricht nicht nur der Unterrichtserlass „Politische Bildung“, sondern die Schule ist alles andere als ein politikfernes Refugium. Schule ist ein öffentlicher Raum und selbstverständlich sind Schüler wie alle anderen Bürger auch Betroffene von politischen Prozessen und Entscheidungen.

Wenn Werktätige streiken, dann machen sie das auch nicht in ihrer Freizeit, sondern sie tun es während der Arbeitszeit, um ihrem Begehren mehr Nachdruck zu verleihen. Auch aus organisatorischen Gründen sind Streiks während der Arbeitszeit leichter und besser zu organisieren als in der Freizeit. So ist es auch den Schülern nicht zu verdenken, dass sie diese Anleihen aus der Praxis der Arbeitswelt übernehmen.

Der Journalist Andreas Schwarz wendet sich in einem Kommentar vehement gegen Schülerproteste. „Kinder“ seien es, die da „indoktriniert“ werden, ein „Spektakel“ würde veranstaltet, so Schwarz. Und er fordert: „Hände weg von unseren Kindern!“

Diese „Kinder“ sind ab der 9. Schulstufe nicht mehr schulpflichtig und mit 16 Jahren wahlberechtigt. Ob Schüler, mit denen man im Unterricht eine Problemlage gemeinsam diskutiert, mehr indoktriniert werden als Erwachsene, die täglich „Österreich“ oder die „Krone“ lesen, sei dahingestellt. Ein „Spektakel“, also ein Ereignis, welches Aufsehen erregt, soll der Einsatz der jungen Leute selbstverständlich sein, denn davon hängt schließlich auch der Erfolg einer Demonstration ab.

 

Also liebe Schüler, lasst euch - was die Teilnahme oder Nichtteilnahme an der Demonstration am 15. März betrifft - von so manchem Erwachsenen nicht einschüchtern oder entmutigen, sondern handelt nach gründlicher Überlegung und Abwägung dessen, was euch wichtig ist und wovon ihr überzeugt seid!


 
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