Wochenkommentare
Woko vom 18.1.2015: Die Lohn- und Gehaltsentwicklung hinkt weit hinter der Wirtschaftsleistung hinterher Drucken E-Mail

 


Laut der Europäischen Kommission sind die Reallöhne in Österreich zwischen 2000 und 2008 um insgesamt 2,9% gestiegen

Das WIFO gibt die Reallohnerhöhung  zwischen 2008 und 2012 von durchschnittlich 0,7% pro Jahr an. Diese Zahlen belegen also, dass von 2000 bis 2012 die Reallöhne, also bereinigt von der Inflationsrate, in Österreich ca. um 5,7% zugenommen haben. 2013 stiegen die Reallöhne um 0,1% und 2014 stagnierten sie.

Die österreichischen Arbeitnehmer verdienen also de facto heute um ca. 5,8% mehr als vor 14 Jahren!

Dieser Lohnzuwachs ist für eines der reichsten und produktivsten Länder der Welt nicht nur beschämend, er zeigt auch, wohin die Profite fließen. Die Arbeitnehmer haben jedenfalls so gut wie nichts davon.

Aus diesem Grunde ist es wichtig, neben einer spürbaren Steuerentlastung für die Arbeitnehmer in Zukunft auch auf deutliche Reallohnerhöhungen zu drängen. Da sind insbesondere die Gewerkschaften in die Pflicht zu nehmen. Denn ansonsten wird eine potentielle Lohnsteuersenkung schneller verpufft sein, als die meisten Arbeitnehmer denken. (Gerhard Kohlmaier)


 

 
Woko vom 11.1.2015: Diese Politik bedarf einer organisierten Zivilgesellschaft Drucken E-Mail

Im kommenden Jahr müssen wir mit einer Fortsetzung bzw. einer Verschärfung einer neoliberalen Politik rechnen, die im Interesse des Finanz- und Großkapitals agiert und reagiert. Für die überwiegende Mehrheit der Menschen wird dieser politische Kurs von Regierungen und etablierten Parteien bedeuten, dass nicht nur ihre materiellen Lebensbedingungen weiterhin schrumpfen werden, sondern insbesondere auch deren Chancen auf Mitbestimmung der politischen Prozesse innerhalb der noch gewährten Rechte, die ohnedies bereits nur mehr wenig Systemdurchschlagskraft aufweisen. Die EU, aber auch die Parlamente der westlichen Demokratien haben diese Rechte sukzessive eingeschränkt und werden diesen Weg wohl fortsetzen. Ein wesentliches Ziel einer mündigen Gesellschaft wird und muss daher darin gipfeln, sich für die Erweiterung demokratischer Grundrechte einzusetzen.


Aber auch im ökonomischen Bereich steht uns eine wichtige Auseinandersetzung bevor. Sollten die geplanten Freihandelsabkommen zwischen der USA und der EU Wirklichkeit werden, dann werden diese nicht nur zu einer weiteren Entrechtung von Arbeitnehmern und zum weiteren Abbau des Sozialstaates führen, sie werden verstärkt einem Begriff von Ökonomie das Wort reden, in welchem das Wohlergehen der Menschen und die Verantwortung einem Ökosystem gegenüber noch deutlich weniger eine Rolle spielen als derzeit. Einzig die Sicherung von Gewinnen für Großkonzerne wird der Leitfaden für zukünftiges Wirtschaften sein. Es wird daher aller gebündelten Kräfte der so genannten Zivilgesellschaft bedürfen, der Entschlossenheit ganzer Völker, sich diesem Vorhaben dementsprechend entgegenzustellen.


Im Zusammenhang mit diesen Bestrebungen um die so gerne zitierte Freiheit des Handels   müssen wir auch wachsam sein, dass uns nicht auch noch die fundamentalsten Rechte auf Ressourcen, die Menschen zum Leben benötigen, abgesprochen werden. Bereits jetzt bemühen sich zahlreiche Konzerne, wie z.B. Nestle, um eine Privatisierung des Wassers und sind dabei in etlichen Ländern auch bereits erfolgreich.

Der weitere Umgang mit der Krise wird nicht nur genau zu beobachten und zu analysieren sein, sondern wir müssen verstärkt die Akteure sowie die Profiteure dieser gigantischen Geldflüsse zur Verantwortung für ihr Handeln ziehen. Dabei kann der Untersuchungsausschuss zur HYPO zwar einen Puzzlestein bilden, aber ohne eine entscheidende Willenskundgebung der Mehrheit des Volkes wird solchen Machenschaften  auch in Zukunft weder parlamentarisch noch juristisch ein Riegel vorzuschieben sein. Wir müssen selbst Volksabstimmungen organisieren, Volksabstimmungen „von unten“ sozusagen, um den Druck auf die herrschende Politik zu erhöhen. Und das in dieser, aber auch in allen anderen wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen.


Die angekündigte Steuerreform der Regierung bzw. deren Umsetzung erwartet uns ebenfalls in diesem Jahr. Auch hier ist zu befürchten, dass die angekündigte Entlastung der Arbeitnehmer letztlich von diesen selbst bezahlt werden wird. Wir dürfen eine solche Reform nicht hinnehmen, sondern müssen auf einer Steuerreform beharren, welche Lohnarbeit in der Zukunft deutlich entlastet und Einkünfte aus Kapital entschieden mehr belastet als bisher.


All diese politischen Vorhaben - und sie stehen nur exemplarisch für viele andere, die uns 2015 erwarten - erfordern eine starke Präsenz einer Zivilgesellschaft, deren einzige Chance auf Durchsetzung der Interessen der Mehrheit des Volkes darin besteht, dass sie gemeinsam auftritt, gemeinsam bestimmte Ziele verfolgt, gemeinsam die Mehrheit der Bevölkerung zum Mitgestalten aktiviert. Die etablierten Parteien werden und wollen diesen Prozess nicht leisten. Sie wollen Wählerstimmen, Ämter, Macht, und das werden sie uns bei den bevorstehenden Landtagswahlen auch demonstrieren. Daher wird ein wesentlicher Maßstab für den Erfolg einer aktiven zivilen Gesellschaft der Grad ihrer Organisationsfähigkeit sein. (Gerhard Kohlmaier)

 
Woko vom 21.12.2014: Gewerkschaft schlägt Kürzung der Unterrichtszeit vor, um Neue Reifeprüfung zu „retten“! Drucken E-Mail


Ich schätze die Arbeit des AHS-Gewerkschaftsvorsitzenden Quin im Wesentlichen. Aber mit seiner jüngsten Entscheidung hat er der Gewerkschaftsbewegung und der Zukunft unseres Bildungssystems keinen guten Dienst erwiesen.

Die Bundesreifeprüfungskommission hat sich auf Grund eines Vorschlags der Gewerkschaft darauf geeinigt, die Vorbereitungszeit für die Kandidaten auf die neue Reifeprüfung doch auszudehnen. Ein Erfolg?

Zumindest einer für die Ministerin, die sich bisher beharrlich geweigert hat, die Vorbereitungsstunden von 4 auf das bisherige Ausmaß von 8 (Nebenfächern) bzw. 12 oder 16 (Hauptfächer) - abhängig von der gehaltenen Wochenstundenanzahl in den Fächern - aufzustocken. Zu teuer, da die Reifeprüfung bekanntermaßen nicht Bestandteil des Unterrichts ist und daher die damit verbundenen Arbeitszeiten von Lehrern (Vorbereitungszeiten der Kandidaten, Prüfungen) extra zu vergüten sind, aber auch nicht notwendig, argumentierte die Ministerin.

Nun aber ist auf Vorschlag und mit Zustimmung der Gewerkschaft alles eitel Wonne. Die Regelunterrichtszeit wird in den 8. Klassen um ca. 10 Tage gekürzt, entgegen den Vorgaben des Schulzeitgesetzes, nach denen der Unterricht für die 8. Klassen mit dem Tag vor Beginn der Klausurprüfungen beginnt. Weniger Unterricht also, und es mutet eigenartig an, dass sich die Empörung darüber in Grenzen hält, wenn man bedenkt, welche Anstrengungen in den letzten Jahren unternommen wurden, Reduktionen der Unterrichtszeit hintanzuhalten.

Der wesentliche Vorteil dieses so genannten „Kompromisses“ ist offensichtlich ein zweifacher: Die Betreuungszeit der Reifeprüfungskandidaten fällt dadurch in die normale Unterrichtszeit und es fallen keine höheren Kosten für das Ministerium an.

Wenn der AHS-Gewerkschaftsvorsitzende Quin seine Zustimmung zu dieser Vorgangsweise u.a. damit erläutert, dass es in Hinblick auf die bevorstehende Reifeprüfung 2015 „schön langsam“ etwas spät werde, um das Gehaltsgesetz zu ändern (Pragmatismus, http://quinecke.wordpress.com/), so bereitet das beim Schulzeitgesetz keinerlei Probleme. Die Schüler sind dann eben vom Normalunterricht „gerechtfertigt entschuldigt“. So einfach ist das mit einer „Rechtfertigung“, wenn es um die Verhinderung von Qualität und Kosten in unserem Schulsystem geht.

Es ist verständlich, dass sowohl Eltern- als auch Schülervertreter dieser Vorgangsweise zustimmen, denn aus ihrer Sicht ist die ständige Unsicherheit darüber, wie die neue Reifeprüfung letztlich ablaufen wird, nahezu unerträglich. Aber immerhin beharrt der Bundesschulsprecher auf seiner Forderung nach Aufstockung der Vorbereitungsstunden.

Dass jedoch das Unterrichtsministerium selbst mit dieser Vorgangsweise die Qualität unseres Schulwesens ein weiteres Mal mit Füßen tritt, ist mehr als bedenklich, ebenso das Einverständnis des Direktorenverbandes und ganz besonders das der Gewerkschaft, von der dieser problematische Lösungsvorschlag noch dazu stammt und die sich dadurch zum Erfüllungsgehilfen eines Ministeriums macht, welches bei der neuen Reifeprüfung von einem Fettnäpfchen ins andere tritt.

Eine Regierung, die Unmengen von Steuergeld für die Rettung von Banken und die Absicherung von Spekulanten ausgibt, nicht aber für die Zukunft der Jugendlichen und die Qualität von deren Ausbildung, kann von einer Standesvertretung der Lehrer nicht auch noch unterstützt werden. In diesem Sinne ist der Quinsche Pragmatismus, dem der Vorsitzende im Zusammenhang mit seiner Entscheidung das Wort redet, aus gewerkschaftlicher Sicht vollkommen unverständlich.

Gerhard Kohlmaier, Vorsitzender der Personalvertretung und Obmann des Gewerkschaftlichen Betriebsausschusses am Öffentlichen Schottengymnasium in Wien

 
Woko vom 14.12.2014 Drucken E-Mail

Der Wochenkommentar vom 14.12.2014 entspricht dem "Aktuellen Thema" vom 14.12.2014

 
Woko vom 7.12.2014: HYPO - Sie haben nichts daraus gelernt! Drucken E-Mail

 

Der Griss-Bericht zum HYPO-Desaster gibt neben den politischen Versäumnissen zahlreicher Politiker und Institutionen auch einen tiefen Einblick in deren prinzipielles Amtsverständnis.

So zeigte die gestrige Diskussion in „Im Zentrum“ (http://tvthek.orf.at/program/Im-Zentrum/6907623), wie die Vertreter der einzelnen Parlamentsparteien mit dem von der Griss-Kommission aufgearbeiteten Fehlverhalten unserer Volksvertreter auch in weiterer Zukunft umzugehen gedenken: Diffamierung des politischen Gegners, Ausbreiten der schützenden Hand über politisch Gleichgesinnte und Nahestehende, Weiterwursteln nach bisherigem Muster zum Schaden der Bevölkerung.

Nicht das Aufarbeiten von Sachfragen war den Parteienvertretern ein Anliegen, sondern sie hatten offensichtlich bereits die anstehenden Wahlgänge vor Augen und übertrafen sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen, um die eine oder andere Wählerstimme mehr zu ergattern. Und darin übten sich nicht nur die Regierungsvertreter, sondern auch alle anderen geladenen Parteienvertreter. Frei nach dem Motto von Stefan Petzner, der über seine politischen Vasallendienste für den ehemaligen Landeshauptmann Haider vor einigen Tagen meinte „Mir war jedes Mittel recht,...ich habe jeden angepinkelt, der anzupinkeln war“ geht es in der österreichischen Politik weiterhin munter zu, wenn es darum geht, das Volk zu täuschen. Zugegeben, nicht ganz so niveaulos, wie dies ein Herr Petzner zu tun pflegte, aber im Wesentlichen ist das Ansinnen dasselbe. Es geht um Tarnen und Täuschen, um Scheinmoral und Scheinpolitik, wie ich bereits in meinem Wochenkommentar vom 9.11. geschrieben habe.

Die Gesetzeslage ermöglicht diese Vorgangsweise. Denn außer einem potentiellen Rücktritt vom Amt, so man sich zur Zeit der Debatte in diesem überhaupt noch befindet, gibt es keine politische Verantwortlichkeit der politischen Mandatare. Josef Pröll, Maria Fekter, Wolfgang Schüssel u.v.m. können sich also entspannt zurücklehnen und allenfalls beruhigt ihren neuen Broterwerben, in denen diese Art der politischen Moralvorstellung offensichtlich sehr geschätzt ist, nachgehen. Dass sie für ihr politisches Tun jemals zur Verantwortung gezogen werden, das haben sie nicht zu befürchten.

Auch die sich noch im Amt befindlichen Akteure des HYPO-Desasters, wie der Präsident der Nationalbank, die Verantwortlichen der Finanzmarktaufsicht u.a.m, deren schwere Versäumnisse der Griss-Bericht ebenfalls offenlegt, sollten - zumindest bis zur endgültigen Klärung der Sachverhalte - von ihren Ämtern dispensiert werden. Im gesamten öffentlichen Dienst ist so eine Vorgangsweise normal, vor den Spitzen des Staates macht sie halt.

Politische Verantwortung ist aber immer auch moralische Verantwortung. Wer ihr nicht nachkommt, sollte zumindest den Groll der Bürger und der Medien spüren. Das betrifft auch die Parteikollegen, die sich mit schützender Verbündetenhand vor jene stellen, die ihrer Verantwortung nicht nachgekommen sind. Das wäre eine Aufgabe von unabhängigen Medien, doch wie wir wissen, gibt es die nicht.

So bleibt es wieder einmal dem Bürger überlassen, wie er reagiert, ob er reagiert, welche Konsequenzen er aus diesem politischen Schauspiel zieht. Wie wäre es damit, solchen politischen Akteuren nicht nur bei den Wahlen seine Gefolgschaft zu verweigern, sondern im gesamten öffentlichen Leben. (Gerhard Kohlmaier)

 
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