Wochenkommentare
Woko vom 17.5.2015: Die Flüchtlinge brauchen uns, aber auch wir brauchen sie! Drucken E-Mail

Das Phänomen ist nicht neu. Im 16. Jahrhundert waren alleine in Frankreich an die 200 000 Menschen auf der Flucht vor religiöser Verfolgung, an die 5 Millionen sind im Verlauf des 19. Jahrhunderts von Deutschland aus in die USA emigriert, der 2. Weltkrieg, der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien führten zur Flucht von Millionen von Menschen. Warum flüchten Menschen aus ihren Heimatländern? Aus Angst vor Verfolgung und Unterdrückung, weil im Land Krieg herrscht oder aber, weil sie keine Lebensgrundlage haben und vom Hungertod bedroht sind.

Derzeit befinden sich nach Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe weltweit ca. 51 Millionen Menschen auf der Flucht. Aus Afghanistan, Syrien, Eritrea, Mali und Nigeria versuchen derzeit besonders viele Flüchtlinge den gefährlichen, oft tödlich endenden Seeweg über das Mittelmeer nach Europa anzutreten. Der Großteil der Flüchtlinge erreicht jedoch niemals den europäischen Kontinent, sondern in Nachbarländern, deren Aufnahmekapazitäten für diese bedauernswerten Menschen längst an ihre Grenzen gestoßen sind: im Iran, im Libanon, in Jordanien befinden sich jeweils zwischen 700 000 und 900 000 Flüchtlinge, in Pakistan sind es ca.1,6 Millionen.

Es ist also bei Weitem nicht so, als würde nur Europa ein Flüchtlingsproblem haben. Dass wir eines haben, ist weniger auf die Zahl der Menschen zurückzuführen, deren Flüchtlingsweg zu uns führt, sondern vielmehr auf das politische Versagen europäischer Asylpolitik. Denn Europa ist mit einigen Tausend von Flüchtlingen offensichtlich überfordert. Das liegt einerseits vielleicht auch am ständigen Streit über die Aufteilung der Flüchtlinge auf die europäischen Mitgliedsstaaten, vielmehr aber daran, dass in den einzelnen Staaten prinzipiell eine falsche Flüchtlingspolitik betrieben wird.

Österreich errichtet derzeit beispielsweise Zeltlager für Flüchtlinge. Während öffentliche Gebäude in großer Zahl leer stehen, kirchliche Einrichtungen, wie etwa Pfarrhöfe und Klöster, genug Aufnahmekapazitäten hätten, wird über Länderquoten gestritten. Das Schlimmste aber ist: Wir haben nicht nur ein falsches Verständnis von den Problemen der Flüchtlinge, wir verstehen es auch nicht, die Chancen, die sich für unser Land und die Gesellschaft ergeben, zu nützen.

So verbietet es der Gesetzgeber, dass die Betroffenen, während sie auf Erledigung ihrer Asylanträge hoffen, arbeiten dürfen. Dabei haben diese Menschen verschiedene Fähigkeiten, Ausbildungen, Berufe, die sie ausüben könnten, etwas Produktives leisten könnten, und zwar sowohl für ihr eigenes Wohlergehen als auch für die Gesellschaft.

Menschen in die Gesellschaft zu integrieren bedeutet ihnen Möglichkeiten zu geben, damit sie sich anerkannt und gebraucht fühlen, eben als Teil der Gesellschaft, zu deren Entwicklung sie beitragen können. Warum schaffen wir diese Möglichkeit nicht? Lassen wir den Flüchtlingen doch Raum, um sich zu organisieren, um zu arbeiten, zu produzieren.   Viele von ihnen sind zudem fachlich hochwertig ausgebildet. Wir lassen diese Ressourcen brach liegen, verwahren sie in Zelten, ganz zu schweigen von der humanen Seite dieser Art von Unterbringung.

Die Geburtenziffern in den Staaten Europas gehen seit Jahren zurück. Wir brauchen die Zuwanderer. Aber integrieren können wir sie nur dann, wenn wir ihre Talente, ihre Entfaltungsmöglichkeiten fördern. Dann - und nur dann - werden sie auch zu wertvollen Mitgliedern unserer Gesellschaften und schließlich und endlich auch zu Steuerzahlern. (Gerhard Kohlmaier)


 
Woko vom 10.5.2015: Auch das öffentliche Gesundheitswesen wird immer schlechter Drucken E-Mail

Hoffentlich sind Sie bei guter Gesundheit! Denn unser öffentliches Gesundheitssystem entwickelt sich immer deutlicher zu einem Krankheitssystem für die Patienten. Die Zahl der niedergelassenen Mediziner sinkt kontinuierlich. Besonders besorgniserregend ist der Rückgang bei den Allgemeinmedizinern. Waren 1960 noch knapp 40% aller Ärzte Allgemeinmediziner, so beträgt dieser Anteil 2013 gerade noch 16%.Da nur ca. ein Drittel als Kassenarzt arbeiten, kommen inzwischen 14% mehr zu versorgende Einwohner auf einen Kassenart als noch 1990, nämlich 2050 Personen. (Quelle: OECD Health Data 2013)

Zwischen 2009 und 2011 stiegen die österreichischen Gesundheitsausgaben gerade noch um 0,5%, in Deutschland waren es immerhin 1,7% - und auch alle anderen OECD-Länder liegen deutlich darüber. Österreich steht also seit Jahren empfindlich auf der Kostenbremse.

Für Magnetresonanz- und Coputertomografieuntersuchungen im niedergelassenen Bereich muss man Wartezeiten von bis zu 4 Monatenin Kauf nehmen, und das trotz Schmerzen (Kurier, 23.4.2015).

Die Einsparungen zeigen aber nicht nur bei den niedergelassenen Ärzten Wirkung, sondern insbesondere im Spitalsbereich. In Wien sind 60% aller Turnusärzte überlastet (Gesundheitsreport 2012/13), deren Einkommen liegen im europäischen Vergleich an vorletzter Stelle, nur in Frankreich werden die Berufseinsteiger noch schlechter entlohnt. In der Schweiz, in Deutschland oder in Dänemark sind die Einstiegsgehälter um bis zu 50% höher. Die Folge davon ist, dass zahlreiche ausgebildete Ärzte ins Ausland gehen, nicht zuletzt auch wegen der besseren Arbeitsbedingungen, die ihnen dort geboten werden.

Die rückgehende Zahl von niedergelassenen Ärzten führt zudem zu einer Überlastung des Spitalwesens insgesamt sowie der dort ansässigen Ambulanzen. Die Folgen für die Bevölkerung sind lange Wartezeiten, Unterbringung in Gangbetten, Behandlungen nach Schema, denn Zeit für Patienten ist Mangelware geworden.

Die Leistungen der Sozialversicherungen, also jene auf Krankenschein, werden seit Jahren zurückgefahren. Die Strukturreformen im Krankenhauswesen entpuppen sich letztlich ebenfalls als Leistungsreduktion zum Nachteil für die Patienten.

Kurzum, das einst vielgerühmte österreichische Gesundheitssystem leidet massiv unter Einsparungen. Bleiben Sie also gesund und achten Sie auf sich! (Gerhard Kohlmaier)

 
Woko vom 3.5.2015: Diese Regierung betreibt eine gefährliche Politik Drucken E-Mail

Die österreichische Innenpolitik dreht sich unaufhörlich im Kreis. Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP überbieten sich gegenseitig im Verharren auf altbackenen Positionen, welche den Stillstand des Landes immer deutlicher erscheinen lassen. Die Oppositionsparteien stehen dem im Wesentlichen um nichts nach.

Das Ergebnis dieser Politik ist eine Steuerreform, welche die Senkung der Lohnsteuertarife über das Beibehalten der kalten Progression mehr als wettmacht. Neue, längst überfällige Lenkungseffekte der Fiskalflüsse blieben ausgespart. Das betrifft sowohl  die Tatsache, dass sich ein Staat das Geld nur dort holen kann, wo es tatsächlich ist, als auch ökologisch wichtige Weichenstellungen für die Zukunft. Übrig geblieben ist ein steuerpolitisches Blend- und Machwerk, das den Namen Reform nicht verdient.

Im Bildungsbereich versucht man den Stillstand bzw. die Rückschritte durch eine Maturareform zu überdecken. Dabei handelt es sich ebenfalls um ein „Reformwerk“, welches wesentliche bildungspolitische Fragen ausblendet. Weder führt es zu besseren Zugangschancen zur Bildung für sozial benachteiligte Gesellschaftsschichten noch ändert es etwas Wesentliches an der Qualität eines Schulsystems, welches auf Grund von fehlenden Ressourcen die Herausforderungen der Zeit immer weniger erfüllen kann. Hinzu kommt, dass die „Neue Mittelschule“ sich als bildungspolitischer Flop erwiesen hat und dass auch im universitären Bildungsbereich so gut wie nichts weitergeht.

Im Gesundheitsbereich wird in einer Weise reformiert, welche für die Hauptbetroffenen, für die Patienten, vielfach zu einer schlechteren gesundheitlichen Versorgung, zu einer Erhöhung ihrer Selbstbehalte sowie zur Verlängerung der Wartezeiten in Spitälern und Ordinationen geführt hat.

Im Pensions-, Sozial- und Pflegebereich fährt man Leistungen zurück. Die explodierenden Arbeitslosenzahlen haben außer dem gebetsmühlenartigen Herbeiwünschen von höheren wirtschaftlichen Wachstumszahlen keine nennenswerten Konsequenzen.

Eine nachhaltige Reform der Verwaltung, ein selbst vom Rechnungshof immer wieder dringend gefordertes Reformvorhaben, tritt vor allem aus partei- und machtpolitischen Überlegungen selbstgefälliger Landeshauptleute auf der Stelle.

In der Wirtschaftspolitik läuft man neoliberalen Zielsetzungen hinterher und erkennt nicht, dass diese langfristig den Tod der meisten klein- und mittelständischen Unternehmen in unserem Lande bedeuten.

Systemische Krisen werden nicht erkannt bzw. verharmlost oder totgeschwiegen, die Möglichkeiten der Mitbestimmung des Volkes werden empfindlich eingeengt. Die Überwachung und Bevormundung der Bürger hingegen steigt in allen Bereichen.

Diese Politik macht auf Dauer fast alle Bürger zu Verlierern, auch viele, die im Moment davon noch profitieren, denn ihr Produkt sind auf Dauer verzweifelte Bürger, welche wieder einmal nach einem starken Mann rufen werden oder sich gegen jene wenden werden, die sie heute noch dulden, weil sie derzeit noch nicht wissen (wollen), dass diese Politik nicht alternativlos ist. (Gerhard Kohlmaier)

 
Wochenkommentar vom 26.4. entfällt Drucken E-Mail

Der Wochenkommentar vom 26.4. entfällt

 
Woko vom 19.4.: Ja zu einer strukturellen Verwaltungsreform, Nein zu weiteren Raubzügen gegen die Arbeitnehmer! Drucken E-Mail

Finanzminister Schelling hat vor wenigen Tagen angekündigt, die Regierung müsse nun den „Schwung“ nützen und sich an eine Verwaltungsreform heranmachen. Dem Beobachter bleibt zwar schleierhaft, was der Minister angesichts einer vor sich dahinvegetierenden Regierung unter Schwung versteht, aber vielleicht meint er damit das vor kurzem beschlossene Steuermachwerk, welches die Bezeichnung Reform in keiner Weise verdient und den Arbeitnehmern bereits 2019 mehr Geld entwendet haben wird, als ihnen die Regierung an Mehr im vielzitierten Geldbörsel versprochen hat.

Der Finanzminister hat zudem eine sehr eingeschränkte Sichtweise von einer Verwaltungsreform, wenn er meint, die Verwaltung eines Staates könne man nur reformieren, wenn man Personalkosten einspare. Frei nach dem Motto in der Privatwirtschaft, wo man die positiven Bilanzzahlen der Unternehmen in erster Linie nicht durch Strukturreformen erreicht, sondern durch Arbeitszeiterhöhung, Lohnkürzungen und Personalabbau, versprüht nun auch der aus der Privatwirtschaft kommende Finanzminister sein neoliberales Credo im Staatswesen. Dass er dabei außer Acht lässt, dass ein Staat andere Aufgaben zu erfüllen hat als ein Unternehmen, ist symptomatisch für eine agierende Politikerkaste, welche längst vergessen hat, dass ein Staatswesen dem Wohle aller Bürger verpflichtet ist und nicht einer abgehobenen Gesellschaftsschicht von Politfunktionären und befreundeten Systemprofiteuren.

Ja zu einer längst fälligen Verwaltungsreform, um Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung und sinnvolle und transparente Zuständigkeiten auf allen Ebenen - sei es im Schulwesen, im Spitalsbereich, im Förderungswesen, im Sozialbereich usw.- zu erzielen.

Alleine der Rechnungshofbericht zur Verwaltungsreform von 2011 listet 599 Vorschläge zu einer Reform der Verwaltung auf, von denen bisher nur einige wenige umgesetzt sind. Der Grund dafür ist ein einfacher: Für diese Regierung sind alle Strukturreformen eines Verwaltungswesens nicht umsetzbar, welche den parteipolitischen Einfluss, den Machtbereich von Politikern und die Bereicherungsmöglichkeiten von deren Günstlingen schmälern. Aus diesem Grunde setzt man eine Politikerkommission nach der anderen ein, um die Vorschläge des Rechnungshofes und auch des WIFO auf deren Polittauglichkeit zu durchforsten.

Es ist also zu befürchten, dass unter dem Schlagwort einer Verwaltungsreform ein weiterer Abbau staatlicher Leistungen zum Wohle aller Bürger sowie weitere Gehalts- und Lohnkürzungen von Arbeitnehmern eingeleitet werden. Und dagegen werden und müssen wir uns zur Wehr setzen. (Gerhard Kohlmaier)

 
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