Wochenkommentare
Woko vom 15.11.2015: Die Gewerkschaften geben sich mit viel zu mageren Gehaltsabschlüssen zufrieden Drucken E-Mail

Derzeit finden die alljährlichen Lohnverhandlungen zwischen den Sozialpartnern statt. Einige Abschlüsse wurden bereits getätigt. So vereinbarten die Gewerkschaften in der Metallindustrie einen Lohnzuwachs von 1,5% für 2016, die GÖD gab sich sogar mit einem Gehaltsplus von 1,3% für die Öffentlich Bediensteten zufrieden.

Während also beispielsweise in Deutschland laut der Wirtschaftswoche vom 14. November 2015 für 2016 Gehaltssteigerungen von 3 bis 5%, abhängig von der Branche sowie dem Tätigkeitsbereich, erwartet werden, werden die österreichischen Arbeitnehmer zum wiederholten Male nach Abzug der Inflations- und der tatsächlichen Teuerungsrate kaum einen Reallohnzuwachs zu verzeichnen haben.

Die österreichischen Gewerkschaften haben sich somit längst von der so genannten Benya-Formel verabschiedet, nach der die Realeinkommen der Arbeitnehmer nach dem Produktivitätswachstum steigen soll. Seit der Mitte der 90-er Jahre gibt es ein ständig weiteres Auseinanderklaffen zwischen dem realen BIP pro Beschäftigten und deren realen Arbeitnehmerentgelten. Während die Produktivität steigt, sinkt der Anteil der Arbeitnehmer daran seit Jahren. Gewinne und Vermögenserträge steigen seit Jahrzehnten überproportional im Vergleich zur Lohnentwicklung. Oder man kann es auch anders ausdrücken: Während der Anteil am Gesamteinkommen bei den Arbeitnehmern sinkt, steigen die Einkommen aus Gewinnen und Vermögen weiter.

Vergleicht man die Produktivitätsentwicklung zwischen 1993 und 2013 so hat diese in diesem Zeitraum um 23,8% zugenommen, während die inflationsbereinigte Entlohnung der Arbeit nur um 3,3% gestiegen ist. Nach Abzug von Steuern und Abgaben gerät der österreichische Arbeitnehmer sogar in ein Minus von 2,9%, verdient also 2,9% weniger als vor 20 Jahren. An diesem Missverhältnis wird auch die ab 2016 in Kraft tretende Steuerreform nur geringfügig etwas verändern.

Vor diesem Hintergrund sind die in Österreich verhandelten Lohnzuwächse zwischen 1,3 und 1,5% ein Misserfolg der Arbeitnehmervertretungen. Was die österreichischen Arbeitnehmer nämlich brauchen, vor allem auch im Interesse einer Kaufkraftstärkung, sind  Lohn- und Gehaltssteigerung, die sich wenigstens - wie die in Deutschland erwarteten - zwischen 3% und 5% bewegen. (Gerhard Kohlmaier)

 
Wochenkommentar entfällt Drucken E-Mail

Diese Woche entfällt der Wochenkommentar. Ich bitte um Verständnis.

 
Novellierung des §29 des Finanzstrafgesetzes gefordert! Drucken E-Mail

 

Während der überwiegende Großteil der Arbeitnehmer in den europäischen Staaten seine Steuern an den Staat gleichsam automatisch abliefert, indem diese vor Auszahlung der Nettogehälter abgezogen werden, ist die Zahlungsmoral von zahlreichen Selbstständigen,  großen Konzernen, Banken und Finanzdienstleistern offensichtlich äußerst gering.

Gerade also jene, die über viel Kapital verfügen, die teilweise gigantische Gewinne machen, bedienen sich aller nur denkbaren Möglichkeiten, um dem Zugriff des Fiskus zu entgehen. Dabei werden sowohl legale als auch illegale Steuervermeidungstechniken angewandt. Erstere werden durch die Regierungen im Rahmen der Steuergesetzgebung selbst geschaffen, letztere sind nichts anderes als kriminell.

Unterm Strich sind jedoch beide Varianten staatsschädigend, denn wenn die Staatseinnahmen sinken, gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: der Staat überlässt verschiedene Aufgabenbereiche der Privatwirtschaft oder aber er senkt seine Ausgaben in  für die Bevölkerung wichtigen Sozialbereichen. Die Kombination beider Varianten ist natürlich auch eine Option und führt automatisch zu geringerer Versorgungsqualität der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung.

Interessant ist der Umgang der Staaten mit diesen Delikten. In den letzten Jahren waren es vor allem Angebote, welche die Staaten den Steuersündern unterbreiteten. Man denke nur an die 2013 vom österreichischen Finanzamt angebotene Möglichkeit der Selbstanzeige für Steuerhinterzieher auf Grund der Abkommen mit der Schweiz und Liechtenstein. Tausenden Steuerbetrügern wurden dabei Anonymität zugesichert, wie hoch die Abgeltungssteuer in den gegenständlichen Fällen tatsächlich war, blieb unklar.

Dabei gewinnt man den Eindruck, dass der Wille zur Steuernachsicht umso größer ist je höher der hinterzogene Betrag.

Der derzeitige österreichische Finanzminister Schelling lehnte anlässlich der Diskussion über die Registrierkassenpflicht eine Steueramnestie für Wirte ab. Warum also nicht auch bei den großen Betrügern?

Die Staaten signalisieren somit den „Großen“, Steuerhinterziehung sei ein Kavaliersdelikt, anstatt diese als kriminelles Delikt und dementsprechend mit hohen Strafzahlungen und Gefängnisstrafen zu ahnden. Den Staaten entgehen dabei riesige Summen in Milliardenhöhe.

Der § 29 des Finanzstrafgesetzes ermöglicht es österreichischen Steuersündern auch nach der Novelle durch den Ministerrat im Jahr 2014 nach wie vor im Falle von vorsätzlich begangener Steuerhinterziehung Straffreiheit zu erzielen, wenn sie spätestens zu dem Zeitpunkt Selbstanzeige machen, wenn die Finanzbehörde Einsicht in die Bücher und Unterlagen verlangt. Eine echte Novellierung des Gesetzes in dem Sinne, dass bewusste Steuerhinterziehung ein krimineller Akt ist, steht weiterhin aus und wird von der „Steuerinitiative im ÖGB“ angeregt. (Gerhard Kohlmaier)


 

 
Woko vom 25.10.2015: Ob Fischler ein Wirtschaftsexperte ist, möge dem Urteil des Lesers obliegen, von Bildung jedenfalls hat er keine Ahnung! Drucken E-Mail

 

Anlässlich des nahenden Nationalfeiertages gibt es wiederum eine große Zahl von so genannten Prominenten und Organisationen, die zum x-ten Male eine österreichische Schulreform fordern. Und man könnte ihnen nicht gram sein, sähen sie sich selbst nicht als die großen Reformer.

Es ist tatsächlich eine österreichische Kuriosität, dass die Regierung seit Jahren, um nicht zu sagen seit Jahrzehnten, an einer Schulreform bastelt, welche im Wesentlichen für eine bessere Ausbildung der jungen Menschen und für mehr Chancengleichheit außer Stückwerk und pädagogischen Nonsens nichts gebracht hat. Dieser Reigen reicht unter anderem von der Erfindung der neuen Mittelschule bis hin zur neuen Reifeprüfung.

In der Tat leidet das österreichische Schulsystem an diesem Reformstückwerk, tatsächlich sind viele Fragen zu klären. Aber die wichtigste Voraussetzung dafür wäre, dass man einerseits der Bevölkerung reinen Wein darüber einschenkt, dass ein Schulsystem, welches möglichst viele Chancen für alle eröffnet, mehr kostet als das derzeitige. Und zwar erheblich viel mehr an Geld. Die Regierung geht diesbezüglich allerdings seit Jahren einen anderen Weg. Sie gaukelt der Bevölkerung vor, dass österreichische Schulsystem sei eines der teuersten innerhalb der OECD-Staaten, während der letzte OECD-Bildungsbericht nachweist, dass in Österreich die öffentlichen Bildungsausgaben deutlich unter dem OECD-Schnitt liegen und seit einigen Jahren sinken. Sie gaukelt der Bevölkerung vor, die Ausgaben für Nachhilfestunden seien in Österreich besonders hoch, während das Gegenteil der Fall ist, weil zahlreiche Länder wesentlich höhere Aufwendungen für private Förderungen der Kinder ausgeben.

Und nun mischt sich - nach den zahlreichen Rohrkrepierern von Experten a la Salcher - zudem noch der ehemalige EU-Kommissar Fischler in die Bildungsdebatte ein und befindet sich damit in bester Gesellschaft von Prominenten, welche die so genannten Interessen der Wirtschaft vertreten. Ja, der Wirtschaft, nicht der Interessen der Mehrheit der Bürger, nicht die Interessen der Schülerinnen und Schüler. Und wer glaubt, dass das eine mit dem anderen ident ist, der irrt gewaltig. Interessen der Wirtschaft sind Interessen an Gewinnen, Bildung wird dabei degradiert zur verwertbaren Ausbildung, Interessen der Mehrheit der Bürger sind Interessen an einer Bildung, die den Gebildeten eine möglichst hohe Chance an der eigenen Bewältigung und Gestaltung ihrer Lebensbereiche lässt.

Ja, wir bräuchten tatsächlich eine Bildungsreform. Wir brauchen sie, um den jungen Menschen die Augen für die vielfältigen Probleme unserer Zeit zu öffnen, wir brauchen sie, um ihnen eine möglichst gute Chancengleichheit im Zugang zu den Bildungsressourcen zu ermöglichen, wir brauchen sie, um die Zukunft, die unsere Regierungspolitiker in vielfältiger Weise aufs Spiel setzen, doch noch im Interesse der Mehrheit der Bürger gestalten zu können.

Aber wir brauchen dafür weder Altfunktionäre a la Fischler oder Androsch, wir können gerne auf all die Ratschläge der Experten verzichten, welche sich im Dienste von Parteiinteressen medial stark machen. Wenn ich einen Militärexperten zu Rate ziehen will, frag ich dann den Herrn Salcher? Ist ein Wirtschaftsexperte von Nöten, frage ich dann den Trainer der österreichischen Schwimmnationalmannschaft?

Im Bildungsbereich sind die tagtäglich damit Beschäftigten die Experten, es sind jene, die mit den jungen Menschen arbeiten, niemand anderer. Das sind die Lehrerinnen und Lehrer, das ist aber auch die Lehrergewerkschaft, die deren Interessen vertritt. Und wenn Herr Fischler meint, man dürfe die Bildungsreform nicht der Lehrergewerkschaft und den Beamten überlassen, dann stellt er sich mit dieser Forderung in die Reihe all jener, die in einem Bereich, von dem sie absolut nichts verstehen, ihr eigenes Interessenssüpplein kochen wollen. Dabei sollten die Lehrerinnen und Lehrer nicht mitspielen. (Gerhard Kohlmaier)

 

 
Woko vom 18.10.2015: Die Flüchtlingskrise verdeckt die Steuerfrage Drucken E-Mail

 

Die Flüchtlingskrise hat die Finanz- und Wirtschaftskrise längst überdeckt, und das wohl im Interesse der etablierten Politik. Denn während man über das Zukunftsszenario einer Asylpolitik diskutiert, wird weiterhin kräftig von unten nach oben hin umverteilt, werden die Vermögenden weiterhin reicher, die Masse der Bevölkerung jedoch immer ärmer.

Die Steuerlast trifft vor allem den Mittelstand, während die Konzerne nach wie vor genügend Steuerschlupflöcher vorfinden, um dem Fiskus zu entkommen. Oder aber sie versteuern überhaupt nicht in den produzierenden Ländern bzw. Staaten, in denen sie ihre Produkte verkaufen, sondern in Steueroasen.

Die Bevölkerung wird von den Regierungen bewusst hinters Licht geführt: Man dürfe das Kapital nicht verärgern, so wird verlautbart, man müsse optimale Bedingungen dafür schaffen und möglichst alles dem freien Markt unterwerfen, um die Profitgier  der Reichen und Superreichen weiterhin zu befriedigen.

Der Internetgigant Facebook hat beispielsweise im Jahr 2014 in Großbritannien 5800.- Euro an Unternehmenssteuern gezahlt, während für das Management Boni in Millionenhöhe ausbezahlt werden. Ermöglicht wird dies durch Steuerschlupflöcher, welche die Regierungen indirekt solchen Konzernen seit Jahrzehnten zur Verfügung stellen anstatt sie endlich zu schließen.

Selbst den Sozialstaat stellt man immer mehr in Frage und baut ihn sukzessive ab, notwendige Investitionen, wie zum Beispiel in Bildung werden zurückgefahren. Dabei wird die Bevölkerung bewusst belogen. Ein Beispiel gefällig? Der OECD-Bericht „Government at a Glance“ 2015 weist den Anteil der öffentlichen Ausgaben, den Österreichs Politik dem Bildungswesen zur Verfügung stellt, im Jahr 2013 mit 9,8% aus. 2011 lag er noch um 14%!

höher. Damit liegt Österreich deutlich unter dem OECD-Durchschnitt, wonach der Anteil der öffentlichen Aufwendungen für Bildung 14,4% beträgt. Der Bevölkerung gaukelt man vor, sich für das beste Bildungssystem stark zu machen, immer mehr zu investieren, während man in Wahrheit die Ausgaben zurückfährt und die Privatisierung breiter Bildungsbereiche vorbereitet.

Die G20-Staaten, die EU und die OECD diskutieren seit geraumer Zeit Pläne zur Eindämmung der Steuerflucht, aber bis auf geringfügige Verbesserungen ist nach wie vor wenig passiert. Und das ist auch in Zukunft nicht zu erwarten, denn die genannten Institutionen gelten längst als die Hüter der Steuerprivilegien von Konzernen, dem Finanzkapital und den Superreichen.

Sollten die Menschen jedoch irgendwann nicht mehr länger gewillt sein, diesem politischen Treiben einfach zuzusehen, so sorgt man derzeit vor und baut an der Errichtung einer europäischen Verteidigungsarmee. Diese soll nach Auskunft der Europaparlamentarier auch  der Niederschlagung von Aufständen dienen.

Die Asylproblematik ist ohne Zweifel ein wichtiges Thema. Aber wir dürfen nicht zulassen, dass sie alles andere überdeckt. Vor allem müssen wir gerade jetzt, weil auch die Unterbringung von Asylwerbern in nächster Zeit viel Geld kosten wird, einen sofortigen Stopp der Steuerschonung für Konzerne und Superreiche fordern, zudem eine echte Vermögensbesteuerung sowie die von der Steuerinitiative seit nunmehr 15 Jahren geforderte und längst fällige Umsetzung einer Wertschöpfungsabgabe. (Gerhard Kohlmaier)


 

 
<< Start < Zurück 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 Weiter > Ende >>

Seite 41 von 69