Alles schweiget - und die Demokratie wird zu Grabe getragen Drucken E-Mail

 

Man muss und kann es offen sagen, denn es wird bestätigt durch die OECD und die Vorkommnisse in den letzten Jahren in unserem Land, nicht nur in jüngster Zeit: Österreich ist in den wesentlichen politischen und wirtschaftlichen Bereichen ein korrupter Staat geworden, d.h. ein hoher Anteil der Verantwortungsträger und der gewählten politischen Mandatare in unserem Land handelt nicht im Sinne des Gemeinwohls, sondern für ihre und ihrer Freunde Geldtasche und/oder Interessen.

Wenn der ÖVP-Klubobmann Kopf meint, das Ansinnen der Staatsanwaltschaft, die Immunität seines Parteikollegen Amon solle aufgehoben werden, um gegen ihn wegen des Verdachts der Geldwäsche (Es handelt sich um € 10.000,-) ermitteln zu können, sei als „Schweinerei“ zu bezeichnen, so argumentiert er im Sinne der Kärntner Dörfler-Scheuch-Linie, die nach der Erstverurteilung des Landeshauptmannstellvertreters der Justiz auch Verfolgung von ungeliebten und ach, so erfolgreichen Politikern nachsagte. Scheuch, der, wie gesagt in erster Instanz zu einer unbedingten Haftstrafe verurteilt wurde, legte bis dato sein Amt nicht zurück und auch Amon dürfte vorerst nicht daran denken, auch nicht bis zur Aufklärung des Sachverhalts. Derselbe Amon - für den natürlich die Unschuldsvermutung gilt - hat zusammen mit dem zweiten Nationalratspräsidenten und ehemaligen ÖAAB-Chef Fritz Neugebauer laut Kurier vom 16.3.2012 der Telekom noch eine weitere Zusammenarbeit für € 25.000,- angeboten. Dieser Amon geht nun anstatt seine Funktionen niederzulegen - und ich enthalte mich bewusst jeglichen ethischen Kommentars - in die Offensive und zieht eine Klage gegen die Staatsanwaltschaft in Betracht. Gestützt wird er in seiner Argumentation von seinen Parteikollegen, dem Klubobmann, aber auch vom Vizekanzler der ÖVP, das sollte man nicht vergessen. Amon und seine Parteikollegen wollen somit eine Justiz in Verruf bringen,  die bisher weder ihn noch irgendjemand im gegenständlichen Fall verurteilt hat, sondern nur gedenkt, ihrer Aufgabe nachzukommen: nämlich einen Verdacht aufzuklären.

Im Korruptionsuntersuchungsausschuss des Parlaments haben die Geladenen - Strasser, einst Innenminister, Reichhold, einst Infrastrukturminister - schwere Erinnerungslücken oder aber ihre Unterlagen bzw./und Computeraufzeichnungen für ihre angeblich erbrachten Leistungen verloren. Satt grinsend machte Strasser, dessen IQ ich gottlob nicht kenne, das Volk, das ihn einst gewählt hat, indirekt darauf aufmerksam, dass es möglicherweise bereits damals einen vollkommen überforderten Menschen in ein hohes Staatsamt berufen hat. Natürlich gilt - Sie wissen schon - die Unschuldsvermutung, für Strasser ohnedies, aber auch für das Volk. Und von überforderten Volksvertretern dürften wir so viele haben, dass der ein oder andere in dieser Rollenüberforderung gar nicht mehr auffällt.

Der ehemalige Gouverneur der Nationalbank, Klaus Liebscher, der auch im Aufsichtsrat der Kommunalkredit sitzt, fühlt sich für Versäumnisse im Aufsichtsrat der Bank, welche dem Steuerzahler nun weitere 400 Millionen Euro kosten werden, natürlich nicht zuständig, weil er, wie er dem ZIB-Moderator Armin Wolff mitteilte, 2009 ja von einer Griechenland-Krise noch keine Kenntnis gehabt haben konnte. Zahlreiche Meldungen von angesehenen Zeitungen, wie beispielsweise der „Neuen Zürcher Allgemeinen“, beweisen zwar das Gegenteil. Aber das spielt keine Rolle, Herr Liebscher wird wohl weiterhin im Aufsichtsrat der Bank sitzen und für seine sicherlich außerordentlichen Leistungen dort fürstlich bezahlt werden. Und er wird dem österreichischen Volk sicherlich auch weiterhin mit seinen aufschlussreichen TV-Kommentaren zur Finanzkrise erhalten bleiben.

Die amtierende Finanzministerin Fekter lässt das Wahlvolk in einem Pressestunde -Interview vom 19.2.2012 auf die Frage, wie denn Sie die Korruptionsvorwürfe gegen die ÖVP erlebt habe, wissen, dass sie diese „so“ (nämlich massiv) nie wahrgenommen habe, ohne vom Fragensteller, einem ORF-Journalisten, weiter gefragt zu werden, wie sie das dann erlebt habe, wenn nicht „so“. Solche Interviews, bestehend aus Leerphrasen der Politiker, geben ein Bild davon, was unsere Volksvertreter vom Wähler und dessen Willen halten. Sie schüren aber auch den Verdacht, dass der parteipolitisch besetzte Stiftungsrat alles andere als ein wirksames Kontrollorgan ist, obwohl man dem Volk unabhängige Medien in einer Demokratie und einen Bildungsauftrag des staatlichen ORF vorgaukelt, der sich vom Verblödungsfernsehen der meisten Privatsender nur nuancenhaft unterscheidet.

Der „Kurier“ vom 17.3. berichtet, dass er sich im Besitze eines Papiers befinde, welches eindeutig beweise, dass der amtierende ORF-Generaldirektor Wrabetz sich sein Amt 2006 durch „Gefälligkeitsdienste am BZÖ“ (Es wurden angeblich alle Direktorenwünsche des BZÖ erfüllt) erkauft habe. Eine Untersuchung der Vorgänge wird wohl auch in diesem Falle unumgänglich sein. Der ORF-Generaldirektor wird bis zur endgültigen Klärung des Sachverhaltes sicherlich auch nicht daran denken, sein Amt niederzulegen. Der ORF berichtet am 18.3. 2012, dass die Staatsanwaltschaft nun auch gegen den ehemaligen Finanzminister Molterer wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Im Zentrum der Ermittlungen steht dabei seine Rolle beim Entwurf eines Glücksspielgesetzes im Jahre 2008.

Von den Mühen eines ehemaligen Finanzministers, der Gelder seiner Schwiegermutter, an die sich seine Schwiegermutter gar nicht mehr erinnern kann - offensichtlich wegen eines berechtigten Misstrauens den Banken gegenüber - eigenhändig durch Europa kutschiert, wollen wir hier gar nicht mehr sprechen. Von den geschäftlichen Anstrengungen eines burgenländischen Bauers, der einzig und allein um das Wohl seiner Mitbürger bemüht ist und welchem man von unterschiedlichen Seiten unlautere Geschäfte unterstellt, möchte ich hier bewusst nicht mehr sprechen. Auch nicht mehr von Politikern, die sich Wohnungen geben und Reisen zahlen lassen, die von einer bedeutenden Position in die nächste gehievt werden und dort eine Katastrophe nach der anderen verursachen usw.

Westenthaler, Faymann, Scheuch, Meischberger, Schüssel, Vranitzky, Gusenbauer, Spindelegger, Gorbach,...und zahllose weitere Volksvertreter haben und hatten mit dem Volk nach ihrer „Berufung“ in die politischen Ämter nur mehr am Rande der Politik zu tun. Zumindest wird dies vom Volk so empfunden. Das selbe gilt für unsere Diplomaten und deren Angehörige, die angeblich ausschließlich im Dienste des Volkes ihre Diplomatenpässe gebrauchen und ihre satten Pensionen beziehen. Sie alle sind dem Volk längst suspekt. Gewählt werden sie längst nicht mehr , weil das Volk von ihrem Tun überzeugt ist, sondern in erster Linie, weil sich viele WählerInnen davon wenigstens kurzfristig einen persönlichen Vorteil oder eine Linderung ihrer Leiden versprechen.

Wichtige, für die Zukunft des Landes und des Volkes richtungsweisende Beschlüsse, werden versucht durch das Parlament zu peitschen, ohne das Volk einzubinden oder zu befragen. Ein Paradebeispiel dafür ist die Unterzeichnung des Fiskalpaktes, welche bereits am Dienstag, den 20. März 2012 im Parlament erfolgen soll, und das ohne 2/3-Mehrheit, obwohl der Vertrag de facto eine Verfassungsänderung darstellt. Der Herr Bundespräsident schweigt dazu bzw. sieht offensichtlich keine Notwendigkeit hier einzugreifen. Aufrufe, sich dagegen zur Wehr zu setzen, gibt es zahlreiche, wie hoch die Beteiligung der BürgerInnen daran sein wird, lässt sich nicht sagen. Hoffentlich zahlreich!

Österreich ist ein Korruptionsstaat. Bescheinigt wird dies unter anderem von einer OECD-Studie. Der Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Schneider hat berechnet, dass ohne Korruption das BIP 2011 um 26 Milliarden Euro höher ausgefallen wäre. (Standard, 16.3.2012) Mit dem davon allein für den Staat abfallenden Geld könnte man wichtige Investitionen in unterschiedlichen staatlichen Bereichen tätigen, die Wirtschaft selbst würde erheblich von einer Eindämmung der Korruption profitieren.

Nicht davon profitieren würden all jene, die sich durch Korruption bisher bereichert haben, all jene, die ihre Ämter, in die sie großteils durch das Volk gewählt wurden oder aber durch die herrschende Politik gesetzt wurden, missbrauchen und in Wahrheit gegen die Interessen des Volkes ausüben. Und davon gibt es offensichtlich eine ganze Menge. Auf jeden Fall zu viele.

Das Volk spricht längst pauschal von "den korrupten Politikern“ und von all jenen, die durch deren „Gunst“ in verantwortliche Positionen im Land gesetzt werden und dann entweder selbst korrupt sind oder die Machenschaften zumindest decken und zu verschleiern helfen. Tragisch ist jedoch die Konsequenz, die das Volk daraus zieht: nämlich sich aus politischen Entscheidungsprozessen zurückzuziehen, weil ja ohnedies „alle korrupt“ seien, anstatt diese Korruption mittels Volksentscheid zu beenden.

Letzteres wäre jedoch dringend notwendig. Die Demokratie bietet uns die Möglichkeit, dass wir auch gewählte, aber unfähige oder korrupte Politiker aus ihren Ämtern entfernen, genau so wie die „Jasager“ und Parteigünstlinge in den wichtigen Ämtern des Staates, die erstere decken und/oder nicht das Wohl des Volkes, sondern nur ihr eigenes im Auge haben. Diese „Volksentscheidung“ ist in unserer Demokratie nicht nur auf den Wahltag beschränkt. Auch die Kundgebung, die Demonstration, der Streik, das Volksbegehren und die Volksabstimmung sind demokratische Rechte. Sie bieten uns die Möglichkeit, wirklich unabhängige Kontrollinstanzen für die Politik und deren Umfeld zu fordern und zu schaffen. Tun wir es nicht, dann wird diese bereits vor sich hinsiechende Demokratie bald ihre letzten Atemzüge machen und wir selbst machen uns mitschuldig an ihrem Tod.

 

F.d.I.v.: Mag. Gerhard Kohlmaier,  Steuerinitiative im ÖGB, www.steuerini.at , 18.März 2012

 

 

 

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