Woko vom 28.4.: Warum die FPÖ am meisten Stammwähler hat Drucken E-Mail

Laut einer repräsentativen Studie der Bertelsmannstiftung, die am 25.4. präsentiert wurde, verfügt die FPÖ von allen österreichischen Parteien über die größte Stammwählerschaft. 14 Prozent der Österreicher würden die Partei bei allen Wahlen wählen, ÖVP und SPÖ weisen dagegen eine Stammwählerschaft von 10% auf, die GRÜNEN von 5% und die NEOS gerade einmal von 3%.

Was sind die Gründe für die relativ hohe Stammwählerschaft der Freiheitlichen? Zum einen sicherlich die Tatsache, dass die FPÖ derzeit Regierungspartei ist, zum anderen die lange Verankerung der Partei in der österreichischen Parteienlandschaft.

Ein wesentlicher Grund für die hohe Zustimmung dürfte jedoch darin liegen, dass die FPÖ, welche 1955 aus dem Verband der Unabhängigen (VdU) hervorging, von Anfang an den deutschnationalen Wurzeln verhaftet war und mit wenigen Unterbrechungen, beispielsweise unter Steger, der sich besonders um liberale Wählerschichten bemühte, stets das rechtslastige Wählerpotential im Auge hatte. Dazu kommt, dass die Partei spätestens seit Jörg Haider sich als rechtspopulistische Partei profilierte, welcher die Nähe zum Rechtsextremismus ganz offen propagierte und wichtige Parteiämter mit Personen besetzte, deren Nähe zum Nationalsozialismus unübersehbar war.

So war das rechte Wählerspektrum historisch gesehen immer in der FPÖ angesiedelt. Strache, der die Partei 2005 übernahm, richtete die Partei unter maßgeblicher Mithilfe seines Parteisekretärs Kickl zudem von Anfang an auch fremdenfeindlich sowie antiislamisch aus und brachte sie auf einen Anti-EU-Kurs. Zusätzlich profitierte die FPÖ vom sozialen und materiellen Niedergang großer Teile der Arbeiterschaft, verursacht einerseits durch Globalisierung, neue Technologien, Finanzkrise sowie einer im Wandel befindlichen Arbeitswelt, auf welchen vor allem die SPÖ aus der Sicht vieler Arbeiter und kleiner Angestellter nur unzureichende Antworten parat hatte.

Die durch den Bürgerkrieg in Syrien losgetretene Flüchtlingswelle und die damit verbundene Asylantenproblematik konnte Strache nun getrost politisch nutzen, indem er die Ausgrenzungspolitik noch mehr forcierte und Teilen der insbesondere von der SPÖ enttäuschten Wähler eine Sündenbockstrategie anbot, welche sie bereitwillig unterstützten. Kurz, der pinke ÖVP-Retter, erkannte dies und richtete die von ihm übernommene Partei ebenfalls deutlicher nach dem rechten Wählerspektrum hin aus.

Die politischen Verlierer standen damit fest: die GRÜNEN und die SPÖ, die in dieser Zeit und wohl auch noch jetzt zu sehr mit einer Abgrenzungspolitik zu diesem rechten Szenario beschäftigt waren und dabei mitunter auf die Antworten vergaßen, welche auf die realpolitischen Veränderungen zu geben sind. Antworten, welche den Systemverlierern wiederum Zukunftsperspektiven eröffnen und sie somit nicht in die Hände von Populisten treibt. Dazu kommt noch, dass wohl ein nicht unwesentlicher Teil der FPÖ-Wählerschaft aus Protestwählern besteht, die von einer über Jahrzehnte praktizierten neoliberalen Politik der SPÖ, die wesentlich zu ihrem Niedergang beigetragen hat, so sehr enttäuscht sind, dass sie der Partei den Rücken kehrten und derzeit viel zu wenige Anzeichen sehen, dieser wieder folgen zu können. Nicht wenige davon dürften inzwischen ebenfalls zum Stammwählerpotential der FPÖ gehören.

Die Folgen weltweiter jahrzehntelanger neoliberaler Politik im Interesse der Großkonzerne hat zudem auch in Österreich dazu geführt, dass der sogenannte Mittelstand an allen Ecken und Enden zu bröckeln beginnt.  Diese Mittelschicht, die ohnehin nur als künstliche Trennlinie zwischen jenen, die kaum mehr genug zum Leben haben und jenen, deren Einkommen die Armutsgefährdung übersteigt, existiert, droht ebenfalls immer mehr der finanzielle und soziale Abstieg. Deshalb gehören auch sie zunehmend zum Wählerpotential populistischer Parteien wie der FPÖ.

 

Es ist also kein Wunder, dass das Stammwählerpotential der FPÖ größer ist als das anderer Parteien. Letztlich ist es einerseits das Resultat eines historischen Prozesses der Partei, andererseits die Konsequenz einer neoliberalen Politik, welche immer mehr Menschen so lange in die Hände von rechtspopulistischen Parteien treiben wird, bis ihnen andere Parteien wiederum realpolitische Alternativen einer zukünftigen Lebensbewältigung anbieten können, welche ihren sozialen und finanziellen Niedergang beenden.