Woko vom 4.3.: Protektionismus ist auch eine Chance Drucken E-Mail

Die Empörung ist groß. Trump macht ernst mit dem Schutz der amerikanischen Wirtschaft und droht nach Einfuhrzöllen auf Aluminium und Stahl nun auch mit Importzöllen auf europäische Autos. Protektionismus, also Schutz der Warenproduktion im eigenen Land vor zu vielen Waren aus dem Ausland, gilt unter zahlreichen europäischen Politikern als Verrat an der Idee des Freihandels, als eine größere Katastrophe. Aber sie kontern auf Trumps Vorstoß mit denselben Mitteln, indem sie Einfuhrzölle auf amerikanische Produkte wie Jeans, Whisky und Motorräder erwägen. Nicht so dramatisch, denn Protektionismus ist nicht per se schlecht.

Das neoliberale Credo von freien Märkten, ungehemmten Finanz- und Kapitalflüssen und internationaler Arbeitsteilung hat nämlich selbst eine Welt geschaffen, die alles andere als gerüstet für eine Zukunft zum Wohle möglichst vieler Menschen erscheint. Der freie Handel, das Verlagern von Produktionsstätten sowie das Hin- und Herkarren von Waren quer über die Welt hat beispielsweise zu einer gigantischen Klimakatastrophe beigetragen, welche unsere Nachfolgegenerationen mehr als in Atem halten werden.

Wenn Trumps Protektionismus die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung unterwandert, so ist das makroökonomisch gesehen auch nicht nur ein Nachteil. Diese Arbeitsteilung macht nämlich auf lange Sicht nur dann Sinn, wenn Export und Import sich in den einzelnen Ländern die Waage halten bzw. diese Waage über Auf- und Abwertungen von Währungen erreicht wird. Das aber ist weltweit schon lange nicht mehr der Fall, siehe Nord-Südgefälle in Europa als Beispiel.

Die von den Regierungen und der EU angepeilten und vorgegebenen Ordnungsrahmen der Staaten haben in erster Linie Großkonzernen gedient und einen ausufernden Finanzkapitalismus geschaffen. Für die autarke Versorgung eines Staatsvolkes wichtige wirtschaftliche Bereiche wurden dadurch lahmgelegt. Weltweite Monopole entstanden, von denen mittlerweile nicht nur die Versorgung der Bevölkerung einzelner Staaten abhängt, sie nehmen zu eigenen Gunsten auch gezielt Einfluss auf die politischen Entscheidungen der Regierungen, und das beileibe nicht immer zum Wohl der einzelnen Länder.

Internationale Konzerne, aber auch das weltweit agierende Finanzkapital standen und stehen zudem seit Beginn der neoliberalen Ära unter einem ausgeprägten Protektionismus von Staaten, der EU, der WTO, der Zentralbanken usw. Diese Art von Schutz der Konzerne in Form von direkten und indirekten Geldzuwendungen, aber auch durch die von Regierungen ermöglichte legalisierte Art der Steuerhinterziehung hat zur Folge, dass sich diese Art von Wirtschaften in nicht unbeträchtlichem Ausmaß auch längst gegen die nationalstaatlichen Interessen gerichtet hat.

Die „unsichtbare Hand des Marktes“ hat nicht Gleichheit und Ausgewogenheit geschaffen, sondern Ungleichheit. Der freie Handel hat dadurch immer mehr zum Gegenteil von Freiheit und Ausgeglichenheit geführt. Statt diesen „freien Handel“ von einigen Großkonzernen bestimmen zu lassen, ist eine Einmischung des Staates, eine Stärkung nationalstaatlicher Interessen, keine Katastrophe, sondern eine Chance, Wirtschaft wieder so zu gestalten, dass sie dem Wohle der Menschen in einem Staatswesen dient, nicht aber der Mensch zum Sklaven von Finanz- und Machtinteressen einiger weniger wird.

 

Aber ob unsere Politiker diese Chance auch begreifen und ergreifen werden, ist ungewiss.