Woko vom 11.2.: Eine kleine Narretei Drucken E-Mail



In 11000 m Höhe, auf dem Rückflug von Madeira nach Wien, mache ich mir Gedanken über die vergangene Woche. Eine Urlaubswoche sozusagen, aber trotzdem: Der Urlaub ist vorbei und meine treuen Leser warten auf das Erscheinen eines neuen Wochenkommentars.

Viel habe ich in dieser Woche vom politischen Geschehen nicht mitbekommen, aber es konnte mir nicht entgehen, dass Fasching ist. Und dies nicht etwa nur auf Grund eines dreistündigen grandiosen Faschingsumzuges in Funchal, welcher durchaus mit der berühmten Parade in Rio de Janeiro mithalten kann. Nein, ich frage mich, wo die Narretei eigentlich beginnt, also die Realität so widerspiegelt, dass aus dem Lachen so etwas wie ein heilsamer Prozess hervorgeht. Wo sind die Till Eulenspiegel, deren Spiegel zu einem Aha-Erlebnis wird, deren Witz aufrüttelt, deren Narrenkostüm das Freigeben des Blickes auf eine uns umgebende Realität ermöglicht. Ich suche das befreiende Lachen, aber was ich größtenteils vorfinde, ist das mühsam hervorgelockte Schmunzeln oder ein Lachen, welches allzu bald entschwindet.

In Deutschland überschlägt sich jede zweite Faschingsgilde mit dem Ausschlachten eines Regierungskompromisses zwischen CDU/CSU und SPD, der so überhaupt nichts Neues bringt und dieselben Ziele enthält, welche schon die vergangenen Koalitionen zwischen diesen Parteien enthalten haben, ohne dass diese jemals umgesetzt wurden. Und die Narren lachen darüber, aber dieses Lachen verpufft, es gefriert nicht, es bleibt nicht auch in der Kehle stecken.

In Nordkorea bekommt ein skrupelloser Diktator durch mächtige Männer des Olympischen Komitees, deren Machenschaften mitunter mehr als suspekt sind, gleichsam eine Weltnarrenbühne für Publicity geboten. Und die Medien, die Politiker überschlagen sich mit Kommentaren über eine bereits jetzt großartige Olympiade. Brot und Spiele als Ablenkungsmanöver von den wahrhaft wichtigen Problemen. Und viele glauben ernsthaft, dass dieses Theater ein Beitrag zum Weltfrieden ist.

In Österreich steht uns das Narrenprogramm des Villacher Faschings mit seiner Antikomik zwar noch bevor, aber man darf davon ausgehen, dass sich auch hier Massen vor den Bildschirmen über die Darstellung eines in der Realität stattfindenden politischen Trauerspiels durchaus amüsieren werden. Burschenschaftlerwitze, nationalsozialistisches Liedgut, eine Regierungstaktik von ÖVP/FPÖ, in welcher der Bürger möglichst wenig über die Regierungsmanöver erfährt, werden von den seit Jahren erprobten Protagonisten der Villacher Faschingsgilde sicherlich so aufgearbeitet werden, dass dem auf der Couch liegenden Fernsehkonsumenten der ein oder andere Lacher entkommt, falls er nicht schon eingeschlafen ist. Doch wem wird er dieses Lachen ins Gesicht schleudern? Dem Fernsehapparat?

Aufrüttelnd, bewusstseinserweiternd ist diese Narrenkomik leider nicht mehr. Es scheint so, als hätte der Faschingsnarr immer weniger Einfluss auf all jene, die sich tagtäglich zum Narren machen lassen.

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