Gastkommentar von Hans Kohlmaier: Zu KURZ gedacht -Teil 2 Drucken E-Mail

Herr Kurz macht im PROFIL vom 31.07.2017 auch einige richtige Aussagen:

„Will man den Sozialstaat aufrecht erhalten, kann nicht jeder einwandern.“

Das stimmt! Aber dann sagt er:“Wir brauchen Zuwanderer, die mehr ins System einzahlen als sie herausnehmen.“

Wenn das alle Staaten so halten, dann kann die große Mehrheit der Flüchtlinge gleich in den Krisengebieten bleiben.

Da verwechselt der junge ÖVP-Politiker KURZerhand die Funktionsprinzipien

eines Versicherungskonzerns in der Marktwirtschaft mit dem „solidarischen

Sozialstaat“. Seine Konzernnähe schlägt da durch!

Ein Versicherungskonzern kassiert unter dem Strich mehr als er auszahlt. Darin besteht sein Gewinn. Ein „solidarischer Sozialstaat“ muß keinen Gewinn machen. Er soll aber nicht dauerhaft große Verluste machen - soweit hat Herr KURZ schon recht.

Auch aus dem Grund haben viele Staaten eine progressive Besteuerung

eingeführt: Insgesamt zahlen die Wohlhabenden und großen Verdiener mehr in das System des Sozialstaates ein als sie direkt herausnehmen.

Diese Umverteilung verhindert (auch in Österreich) eine massenhafte Armut unter den kleinen Leuten und soll das auch bei armen Einwanderern tun. Die Marktwirtschaft allein kann das nicht schaffen.

Eine schrankenlose Umverteilung kann allerdings langfristig die Solvenz des

solidarischen Sozialstaates gefährden. Also braucht man eine jahrelange mittelfristige Strategie für eine erfolgreiche Eingliederung von Immigranten.

Diese beinhaltet: Berufliche Qualifizierung, kulturelle und soziale Unterstützung. Sie erfordert auch eine gerechte Aufteilung von Flüchtlingen nach der Leistungskraft der helfenden Staaten und letztlich eine Beschränkung der Aufnahme. Wir können nicht alle aufnehmen, die kommen wollen!

Auch die Einwandernden haben Pflichten-aber nicht die, mehr ins System einzuzahlen, als sie im Moment herausnehmen.

Der KURZschluß besteht auch in der Verwechslung von kurz- und langfristig.

Auf lange Sicht sind auch (gut integrierte) arme Einwanderer ein wirtschaftlicher Gewinn für Österreich.

Der entscheidende Punkt ist die Eingliederung, die auch jetzt schon trotz ihrer Kosten auch die Wirtschaft belebt. Ja, die sozialen Kosten sind von einer anderen Seite her betrachtet auch eine Belebung der einheimischen Wirtschaft: mehr Wohnungen werden gebaut, mehr Lebensmittel und Kleidung wird gekauft und in der Sozialbranche entstehen neue Jobs für ÖsterreicherInnen.

Unser junger ÖVP-Außenminister hat bei der Bewältigung der Immigration wichtige Aufgaben.

Eine KURZfristige Außenpolitik mit dem Schwergewicht der Schließung von

Fluchtrouten löst das Problem nicht, sondern führt bald zu einer noch explosiveren Entladung der sich aufstauenden Dynamik: Heute kommen Hunderttausende. Doch wenn wir auf dem Planeten nicht neue Lösungswege entwickeln, können leicht in naher Zukunft Millionen kommen. Klimawandel, demokratiepolitische Probleme und falsche Wirtschaftspolitik sind die Blitze die eine menschliche Sturzflut ankündigen!

Wenn eine neue ÖVP einen positiven Sinn für unser Land haben soll, dann muß unser junger Minister schon KURZfristig seine Außenpolitik ändern:

Neue Beziehungen mit den ärmeren Ländern auf fairer Basis ohne ungleiche

Handelsverträge müssen entwickelt werden. Hilfe zur Selbsthilfe muß das Motto der Entwicklungshilfe sein, den für alle Menschen nützliche Beziehungen gedeihen umso besser, je wohlhabender die beteiligten Länder sind.

Der Planet muß von der heute dominierenden Energiebeschaffung auf Basis von Kohlenstoff wegkommen und die ärmeren Staaten brauchen brüderliche Hilfe beim Umbau. Nicht zuletzt muß österreichische Außenpolitik überall und immer Frieden und Demokratie fördern ohne in törichte Besserwisserei zu verfallen. Die immerwährende Neutralität ist dabei eine geeignete Leitlinie.

Wenn Herr Kurz dazu als Außenminister Beiträge liefert, dann kann er zum Meisterstück der Kanzlerschaft antreten.

(Hans Kohlmaier)