Woko vom 30.10.: Nicht alle Vorschläge im Bildungsbereich sind unnütz! Drucken E-Mail

Bei all der bildungspolitischen Untergangsstimmung, die derzeit in Österreichs Schulen zu Recht herrscht -  in jüngster Zeit die Einführung einer Scheinautonomie der Schulen, welche zur deutlichen Verschlechterung ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich Bildung zu vermitteln und Hilfestellungen zu leisten, führen wird, gibt es aber auch ein hochinteressantes Dokument, welches - entstanden auf Grund der Problematik der Flüchtlingsbewegung - an Oberösterreichs Schulen verteilt wurde: den sogenannten Wertekompass (siehe: https://www.edugroup.at/praxis/portale/wertekompass-ooe/ueber-die-initiative.html)

Dieses Schriftstück soll sozusagen ein Leitfaden für Pädagogen sein, welche Werte sie gleichsam im Rahmen des Unterrichtsprinzips Politische Bildung vermitteln sollen.

Im Wesentlichen besteht die Empfehlung aus einer Aneinanderreihung von verschiedenen formalen Werten. Da werden etwa die gleichen Rechte von Frauen und Männern, das Recht auf demokratische Mitbestimmung sowohl im Staat als auch in anderen Lebensbereichen, die Einhaltung von geltendem Recht, der Erwerb von Kompetenzen für die Arbeitswelt, der verantwortungsvolle Umgang mit Natur, Boden, Klima usw. zu höchsten ethischen Bildungszielen erklärt.

Aufgabe der Pädagogen kann es nun wohl nur sein, diesen Wertekanon kritisch zu hinterfragen, also etwa zu zeigen, inwiefern etliche dieser so hochgehaltenen Werte tagtäglich von politischen Entscheidungsträgern mit Füßen getreten werden. Und da gibt es tatsächlich genug zu tun für die Pädagogen, nämlich einerseits aufzuzeigen, wie es mit der tatsächlichen Umsetzungsbereitschaft des politischen Systems in Bezug auf diese Werte bestellt ist, andererseits nach Alternativen zu suchen. Eine interessante pädagogische Herausforderung, die durchaus Sinn macht.

So ließe sich an zahlreichen Beispielen zeigen, dass die Möglichkeiten der demokratischen Mitbestimmung des Bürgers in der repräsentativen Demokratie im Wesentlichen darin bestehen, dieses System alle paar Jahre zu bestätigen. Es lässt sich zeigen, wie der Mitbestimmung des Volkes dort Einhalt geboten wird, wo es um die Interessen von Eliten geht. Die den Lehrern anvertrauten jungen Menschen werden damit zu konfrontieren sein, wie wenig unsere Parlamentarier dazu tun, um endlich eine finanzielle Gleichstellung von Frauen und Männern möglich zu machen, in welch großem Umfang bei geänderter Interessenslage Staaten und auch die Europäische Union selbst das Recht jederzeit beugen, wie sehr Österreich in vielen Bereichen des Umweltschutzes nachhinkt. Sie werden hoffentlich vor allem lernen, warum das so ist und in welchem Interesse diese Versäumnisse stehen.

Spätestens dann werden sie auch verstehen, warum sie Kompetenzen erlernen sollen, welche durchaus im Interesse ihrer zu erwartenden Arbeitswelt stehen, vielmehr jedoch ihre Rolle als Konsumenten, Befehlsempfänger und duldsamer Staatsbürger abdecken.

Eine systemische Kritik ist jedoch unvollständig, wenn man nicht auch Alternativen dazu aufzeigt, also mit den Schülerinnen und Schülern erarbeitet, wie ein System beschaffen sein muss, damit hohe ethische Werte auch eingehalten und umgesetzt werden können.

 

Ein sinnvolles pädagogische Konzept, welches nicht nur in Oberösterreich forciert werden sollte, sondern österreich- und europaweit! (Gerhard Kohlmaier)