Woko vom 10.4.2016: Die lasche Reaktion der Politik auf Steuerhinterziehung Drucken E-Mail

Die Panama-Papiere haben bewiesen, dass Steuerhinterziehung im großen Stil in erster Linie durch eine falsche Steuerpolitik ermöglicht wird. Oder besser gesagt, sie wird mehr oder weniger bewusst geduldet, wenn die Hinterzieher auf Grund ihres Reichtums bzw. ihres hohen gesellschaftlichen Status Einfluss auf die Steuerpolitik nehmen können. Selbstverständlich brauchen sie dafür auch Politiker, welche für diesen Einfluss empfänglich bzw. korrupt sind. Und schließlich zeigt sich, dass solche Steuerkonstruktionen offensichtlich auch von den Politikern selbst und deren Vertrauten genutzt werden.

 

Die Panama-Papiere und deren Aufarbeitung zeigen aber auch, dass die Justiz der einzelnen Staaten eben eine Justiz ist, welche einerseits von den Gesetzen selbst, welche von Politikern gemacht sind, andererseits von der Gunst bzw. der Agitation von Regierenden abhängig ist. So eine Justiz hat es naturgegeben schwer bei einer Aufklärung bzw. Offenlegung von Sachverhalten. Ähnliches lässt sich über Kontrollmechanismen sagen, welche von staatsnahen Institutionen getragen werden. Deren personelle Besetzung ist zu „regierungsnah“, die Einflussmöglichkeiten des politischen Systems sind zu vielfältig, um tatsächlich von Unabhängigkeit sprechen zu können.

 

Die derzeitigen Reaktionen der europäischen Regierungspolitiker auf die aktuellen Enthüllungen unterscheiden sich im Wesentlichen nicht vom bisherigen Fehlverhalten. Es werden sogenannte Verschärfungen der Gesetzeslage angekündigt. Solche werden üblicher Weise auch irgendwann umgesetzt, und meist in der Form, dass ähnliche Steuerschlupflöcher für die Reichen und Vermögenden vorhanden bleiben bzw. sich solche neu auftun. Das ist auch der Hauptgrund dafür, warum für eine gewisse Klientel  die Möglichkeiten der Steuerhinterziehung und Steuervermeidung seit Jahrzehnten immer wieder gegeben sind.

 

Auch in Österreich sind die Reaktionen auf den Verdacht und die Enthüllungen von Steuerbetrug bzw. Vermeidungsmöglichkeiten stets zu lasch. Üblicherweise beginnen sie mit Kontrollen der Finanzmarktaufsicht, einer Institution, deren Vorstand und Aufsichtsrat im Wesentlichen von der herrschenden Politik, konkret vom Finanzminister, bestimmt wird.

Nicht zu Unrecht sind die Kontrollen der FMA auch in der Vergangenheit immer wieder umstritten gewesen, so etwa im BAWAG-Skandal oder etwa beim wohl größten Wirtschaftskriminalfall der österreichischen Geschichte, der HYPO-Pleite. Zu erwarten ist von diesen Ergebnissen daher wenig.

 

Die einzig richtige Reaktion, um auf Steuerbetrugsmöglichkeiten rasch zu reagieren, besteht im Verbot von Konstruktionen, welche dazu dienen. Des Weiteren benötigt man einen Strafrahmen für Vergehen, der so hoch ist, dass jeder potentielle Steuerhinterzieher sein Vorhaben nicht umsetzt, einem Strafausmaß also, welches eine abschreckende präventive Wirkung hat. Auch die juristischen Möglichkeiten der Verfolgung von Steuertätern müssen erweitert werden.

 

All das geschieht derzeit in Österreich nicht. Schade! (Gerhard Kohlmaier)