2. Wochenkommentar vom 1.12.2013: Was ist, wenn sie streiken? Drucken E-Mail


Ein möglicher Streik der Lehrer erhitzt die Gemüter, mag sein, dass auch einer des öffentlichen Dienstes insgesamt im Raume steht.

Ja dürfen sie denn das, fragt sich so mancher und vergisst dabei, dass der Streik von Arbeitnehmern ein demokratisches Grundrecht ist. Selbst die Präsidentin des Wiener Stadtschulrates, Brandsteidl, meint in der „Krone“ vom 1. Dezember, dass ein Streik „nicht am Rücken der Kinder ausgetragen werden dürfe“. Ziemlich naiv, meine ich. Ich kenne keinen Streik, der Wirkung hat, wenn alles seinen alten Gang geht. Eisenbahner sollen nur streiken, wenn die Eisenbahn fährt, Metaller nur dann, wenn die Produktion aufrecht bleibt, Ärzte nur, wenn sie gleichzeitig operieren, Lehrer nur dann, wenn Schule stattfindet. Das ist politische Bildung auf einem Niveau, das ich keinem Schüler wünsche.

Bemerkenswert finde ich auch den Vorschlag der Frau Präsidentin, bei einem länger andauernden Streik einfach die Ferien zu kürzen, weil die Regelung ohnehin aus einer Zeit stamme, „in der die Kinder als Erntehelfer gebraucht wurden“. Eine völlig neue Sichtweise des Streikrechts offenbart sich da dem Bürger. Arbeitnehmer, die streiken, müssen in Hinkunft also mit einer drastischen Erhöhung ihrer Arbeitszeit rechnen: Eisenbahner holen eventuelle Verspätungen und doch ausgefallene Züge beispielsweise in ihrer Urlaubszeit nach, Metaller verzichten ebenfalls auf Urlaubstage, Ärzte operieren nach einem Streik Tag und Nacht durch, ja, und Lehrer unterrichten eben in den Ferien.

Zudem bin ich verwundert über den Vorschlag der Präsidentin, in diesem Fall die Sommerferien zu kürzen. Da wäre es doch viel naheliegender gleich zu handeln und die so genannten „Energieferien“ dafür zu nutzen. Diese wurden während der Ölkrise 1974 eingeführt, um in den Schulen Energie zu sparen. Was man sich heute dort spart, wird mittlerweile jedoch in wesentlich höherem Ausmaß an anderen Orten und durch das vermehrte Verkehrsaufkommen, Beschneiung und Betrieb von Wintersportgebieten usw. verbraucht. Ein ökologischer und von der Warte des Energiesparens aus gesehen auch ökonomischer Irrwitz.

Und schließlich könnten die Lehrer den eventuell versäumten Stoff ja auch während der so genannten normalen Unterrichtszeit nachholen, wenn die Kinder statt auf Schikurse, Sommersportwochen, Exkursionen in die Bundeshauptstadt usw. fahren, einfach an den Schulen bleiben und Unterricht stattfindet.

Doch ein guter Vorschlag, Frau Präsidentin. Meinen Sie nicht auch?

 

Gerhard Kohlmaier