Wochenkommentar vom 28.4.2013: Wieder zwei gescheiterte Volksbegehren! Drucken E-Mail

Obwohl die „Steuerini“ seit ihrem Bestehen immer wieder darauf aufmerksam gemacht hat, dass Volksbegehren kein taugliches Mittel zur Veränderung der gesellschaftspolitischen Verhältnisse darstellen und man deshalb auf der Durchführung von Volksabstimmungen beharren muss, wurden wiederum zwei weitere Anläufe unternommen, solchen Begehren zum Durchbruch zu verhelfen.

Und wieder einmal sind diese zwei Volksbegehren kläglich gescheitert. Diesmal nicht an der Berücksichtigung des Anliegens im Parlament, an der sogenannten „Schubladisierung“, sondern bereits im Vorfeld an der 100 000-Stimmen-Hürde. Vor allem das Demokratie-Volksbegehren schnitt diesbezüglich mit nicht einmal 70 000 Stimmen sogar unter allen Erwartungen ab. Dabei ist es relativ belanglos, welcher Personenkreis sich hier für mehr demokratische Mitbestimmung eingesetzt hat. Man muss nicht ein Freund von Altpolitikern a la Busek oder Voggenhuber sein, kann aber dennoch einer der demokratischen Mitbestimmung, die nahezu in allen westlichen Demokratien mit Füßen getreten wird, sein. Es mag auch durchaus richtig sein, dass das Begehren, wie die Betreiber beklagen, von den Medien zu wenig beachtet wurde, aber das war ja auch nicht zu erwarten. Auch andere Volksbegehren erhielten diese mediale Unterstützung nicht und erreichten dennoch wesentlich bessere Ergebnisse.

Was bedeutet also dieses Ergebnis, welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen? Hat der Bürger signalisiert, dass er kein Interesse daran hat, seine Zukunft und die des Staates mitzubestimmen?

Das glaube ich nicht. Vielmehr hat der Bürger zum Ausdruck gebracht, dass er in einem von Korruption. Freunderlwirtschaft, Lobbyismus und Machtmissbrauch beherrschten politischen System nichts mehr öffentlich zum Ausdruck bringen will. Zu hoch ist das Misstrauen gegen dieses, zu sehr überwiegt die Angst davor, man könne sich Nachteile einhandeln, wenn man sich öffentlich deklariert. Und der Gang zur Unterschriftsleistung unter ein Volksbegehren sowie letztere selbst ist ein öffentliches Bekenntnis. Zu sehr überwog wohl auch die Erfahrung der letzten Jahre und Jahrzehnte, dass selbst relativ breit unterstützte Volksbegehren, also überwältigende Willensäußerungen der Bürger, keinerlei wirkliche realpolitische Relevanz im Sinne der begehrten Veränderungen hatten.

Vielmehr verlässt sich der Bürger in einem pseudodemokratischen Machtsystem auf sich selbst, auf sein Geschick, sich unter den gegebenen Umständen das Maximum an individuellen Möglichkeiten durch verschiedene persönliche Strategien zu erarbeiten. Dabei nimmt er die politischen Vorgaben als gegeben hin, versucht gar nicht, diese selbst zu verändern, sondern legt sein Augenmerk einzig und allein darauf, seine Lebensumstände und sein Denken dem Szenario am besten anzupassen. Anpassung an das System, nicht Veränderung desselben ist es, was ihn zum Handeln treibt.

Das Ergebnis der Volksbegehren ist zudem eines, das all jenen, die von Demokratisierung und Veränderung der politischen Verhältnisse innerhalb des Systems träumen, zum Überdenken ihrer eigenen Strategie Anlass geben müsste. Denn offensichtlich sind es nicht mehr die Verhältnisse im System, deren Veränderung im Zentrum der  Bemühungen der Reformer stehen sollten, sondern das System selbst ist zu hinterfragen und durch ein besseres zu ersetzen. Das aber kann nur geschehen, wenn man den Bürgern Alternativen anbietet, wenn man  Lebensformen eines Miteinanders fernab der herkömmlichen politischen Machtverhältnisse entwickelt, aufbaut, vorlebt. Das beginnt im Kleinen, im persönlichen Umfeld, in der Familie, in der Gemeinde, in der Entwicklung der von neuen Werten getragenen Lebensformen, welche für die Menschen zu jenem sozialen Glück beitragen, nach dem sich letztlich alle sehnen.

Das Scheitern dieser Volksbegehren ist also vielleicht ein Glück. Dieses System lässt sich in Anbetracht der gegebenen politischen Machtverhältnisse nicht durch Volksbegehren verändern. Dem ausgeträumten Traum von der Demokratisierung der Gesellschaft mit Hilfe unserer Politiker müssen wir die Veränderung durch Eigeninitiative entgegensetzen. Anregungen dazu liefert beispielsweise die „Wiener Wende“:  http://www.wienerwende.org/ (Gerhard Kohlmaier)