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Woko vom 24.4.: Österreich driftet nach rechts Drucken E-Mail

Nun hat also ein Rechtspopulist die erste Etappe der Präsidentschaftswahl für sich entschieden. In welchem Ausmaß ihm dies gelang, stellt unter Beweis, wie sehr die Regierungsparteien am Volk vorbei regieren. Der FPÖ gelang es offensichtlich die Ängste der Österreicher, welche sie seit Jahren erfolgreich schürt, in einen weiteren bedenklichen Wahlsieg umzumünzen. Dabei zeigt sich, dass vor allem der Schwenk in der Flüchtlingsfrage, welchen die Regierung in den letzten Wochen vollzog, ein strategischer Fehler war. Faymann und sein Regierungspartner Mitterlehner hatten wohl gehofft, das Schlimmste zu vermeiden, wenn sie in der Flüchtlingsfrage einen Anti-Merkel-Kurs einschlagen, Obergrenzen fordern, Grenzsperren errichten und von der „Festung Europa“ sprechen, die es zu verteidigen gilt. Diese Annäherung an die FPÖ-Linie ging mehr als daneben. Sie hat vielmehr dazu beigetragen den Bürgern zu signalisieren, dass es in diesem Fall wohl besser sei gleich den Schmied zu wählen statt den Schmiedl.

 

Die zweite Überraschung des Wahlabends, das Abschneiden der unabhängigen Kandidatin Griss, wurde noch am selben Abend von dieser selbst relativiert, indem sie erstmals in die von ihr so sehr kritisierten polittaktischen Manöver der Parteien verfiel. Eine Wahlempfehlung für einen der verbliebenen Kandidaten werde sie mit ihren Mitstreitern gründlich überlegen, eine Gründung einer eigenen Partei stellte sie, die parteiverdrossene Kandidatin, in den Raum. Erstmals seit Beginn des Wahlkampfes fiel es schwer, ihr die Motivation, ihr Antreten resultiere rein aus der Sorge um die Zukunft Österreichs abzunehmen. Sehr wahrscheinlich ist vielmehr, dass sie Geschmack an einer potentiellen Macht gefunden hat, welche sie nun in einem bisher von ihr kritisierten Parteidenken bündeln möchte. (Gerhard Kohlmaier)

 
Woko vom 17.4.: Steuergesetze für Große bleiben zahnlos Drucken E-Mail

Großkonzerne sparen sich Milliardenbeträge an Steuern, indem sie Steuerschlupflöcher - seien es solche im Inland oder andere im Ausland - akribisch nutzen. Sie beschäftigen dafür nicht selten ein Heer von Anwälten und Steuerberatern. Und man muss gestehen, dass die meisten dieser Steuervermeidungsstrategien legal sind.

 

Die Gesetze eines Landes, auch die Steuergesetzgebung, werden in den nationalen Parlamenten beschlossen. Die Politiker sind es also, welche die gesetzlichen Grundlagen für die Steuervermeidung schaffen. Auch und gerade in der EU, wo ein einheitliches Vorgehen in Steuerfragen längst überfällig ist.

 

Nun wird seit Jahren, nachdem vor allem die Medien in abwechselnder Folge über Konzerne berichten, die sich durch solche Steuerschlupflöcher Milliarden an Steuern ersparen, der Druck auf die herrschende Politik größer. Es wird immer deutlicher, dass die Steuergesetzgebung den Staaten Milliardenbeträge entzieht, welche dann in Bereichen wie Gesundheit, Bildung oder Sozialem fehlen. Außerdem hat diese Steuerpolitik auch wesentlichen Anteil an der ungerechten Verteilung der gesellschaftlich erbrachten Wertschöpfung, indem sie Reiche immer reicher macht, den gesellschaftlichen Mittelstand immer mehr belastet und bei den Ärmeren die Versorgungsleistungen des Staates senkt.

 

Die derzeitigen Vorschläge der EU gegen eine Konzern-Steuervermeidung scheinen trotz des derzeitigen Skandals rund um die Veröffentlichung der Panama-Papers eine konsequente Fortsetzung der bisherigen Steuerpolitik zu sein. Man führt - offensichtlich zur Beruhigung der Bevölkerung - eine neue Regelung ein, welche - wohl unter dem Druck der großen Konzerne - nach wie vor Möglichkeiten beinhaltet, um der Neuregelung zu entgehen. So verhält es sich zumindest mit dem derzeitigen Vorschlag der EU-Kommission zur länderweisen Informationspflicht von multinationalen Konzernen. Die Berichtspflicht soll auf Konzerntöchter in EU-Staaten beschränkt bleiben und sie soll sich nur auf Steueroasen beziehen, welche sich auf einer schwarzen Liste befinden. Außerdem wären von der Neuregelung nur Konzerne betroffen, welche einen Umsatz von mehr als 750 Millionen aufweisen, der überwiegende Großteil von multinationalen Konzernen wäre daher davon nicht betroffen.

 

Die zahnlose Änderung des Steuerwesens geht zum Leidwesen der Bürger zumindest auf europäischer Ebene munter weiter, auf nationaler Ebene kann man davon ausgehen, dass die Neuregelungen zu ähnlichen Ergebnissen führen werden. So werden die Staaten auch in Hinkunft auf Milliardenbeträge der Großkonzerne verzichten, ermöglicht durch dieselben Politiker, welche angeblich die Interessen der Bevölkerung sowie der Staaten vertreten. (Gerhard Kohlmaier)

 
Woko vom 10.4.2016: Die lasche Reaktion der Politik auf Steuerhinterziehung Drucken E-Mail

Die Panama-Papiere haben bewiesen, dass Steuerhinterziehung im großen Stil in erster Linie durch eine falsche Steuerpolitik ermöglicht wird. Oder besser gesagt, sie wird mehr oder weniger bewusst geduldet, wenn die Hinterzieher auf Grund ihres Reichtums bzw. ihres hohen gesellschaftlichen Status Einfluss auf die Steuerpolitik nehmen können. Selbstverständlich brauchen sie dafür auch Politiker, welche für diesen Einfluss empfänglich bzw. korrupt sind. Und schließlich zeigt sich, dass solche Steuerkonstruktionen offensichtlich auch von den Politikern selbst und deren Vertrauten genutzt werden.

 

Die Panama-Papiere und deren Aufarbeitung zeigen aber auch, dass die Justiz der einzelnen Staaten eben eine Justiz ist, welche einerseits von den Gesetzen selbst, welche von Politikern gemacht sind, andererseits von der Gunst bzw. der Agitation von Regierenden abhängig ist. So eine Justiz hat es naturgegeben schwer bei einer Aufklärung bzw. Offenlegung von Sachverhalten. Ähnliches lässt sich über Kontrollmechanismen sagen, welche von staatsnahen Institutionen getragen werden. Deren personelle Besetzung ist zu „regierungsnah“, die Einflussmöglichkeiten des politischen Systems sind zu vielfältig, um tatsächlich von Unabhängigkeit sprechen zu können.

 

Die derzeitigen Reaktionen der europäischen Regierungspolitiker auf die aktuellen Enthüllungen unterscheiden sich im Wesentlichen nicht vom bisherigen Fehlverhalten. Es werden sogenannte Verschärfungen der Gesetzeslage angekündigt. Solche werden üblicher Weise auch irgendwann umgesetzt, und meist in der Form, dass ähnliche Steuerschlupflöcher für die Reichen und Vermögenden vorhanden bleiben bzw. sich solche neu auftun. Das ist auch der Hauptgrund dafür, warum für eine gewisse Klientel  die Möglichkeiten der Steuerhinterziehung und Steuervermeidung seit Jahrzehnten immer wieder gegeben sind.

 

Auch in Österreich sind die Reaktionen auf den Verdacht und die Enthüllungen von Steuerbetrug bzw. Vermeidungsmöglichkeiten stets zu lasch. Üblicherweise beginnen sie mit Kontrollen der Finanzmarktaufsicht, einer Institution, deren Vorstand und Aufsichtsrat im Wesentlichen von der herrschenden Politik, konkret vom Finanzminister, bestimmt wird.

Nicht zu Unrecht sind die Kontrollen der FMA auch in der Vergangenheit immer wieder umstritten gewesen, so etwa im BAWAG-Skandal oder etwa beim wohl größten Wirtschaftskriminalfall der österreichischen Geschichte, der HYPO-Pleite. Zu erwarten ist von diesen Ergebnissen daher wenig.

 

Die einzig richtige Reaktion, um auf Steuerbetrugsmöglichkeiten rasch zu reagieren, besteht im Verbot von Konstruktionen, welche dazu dienen. Des Weiteren benötigt man einen Strafrahmen für Vergehen, der so hoch ist, dass jeder potentielle Steuerhinterzieher sein Vorhaben nicht umsetzt, einem Strafausmaß also, welches eine abschreckende präventive Wirkung hat. Auch die juristischen Möglichkeiten der Verfolgung von Steuertätern müssen erweitert werden.

 

All das geschieht derzeit in Österreich nicht. Schade! (Gerhard Kohlmaier)

 
Wochenkommentar verspätet! Drucken E-Mail

Der Wochenkommentar vom 10.4. erscheint einige Tage später.

 
Woko vom 4.4.: Die politischen Konsequenzen aus dem Panama-Skandal Drucken E-Mail

Offshorefirmen, Steuerparadiese, Steuervermeidung, Steuerhinterziehung - all das ist im Wesentlichen ein alter Hut und seit Jahrzehnten bekannt. Ebenso bekannt ist auch, dass die Politiker seit Jahren versprechen diesen Steuerhinterziehungsmechanismen den Garaus zu machen. So etwa befindet sich der Finanzplatz Panama seit 1998 auf der schwarzen Liste. Passiert ist hingegen bisher wenig. Im Übrigen ist Panama neben etwa den Bahamas oder den Cayman-Inseln nur einer von zahlreichen Offshore-Plätzen.

 

Die nun vorliegenden Unterlagen über den Finanzplatz und dessen Machenschaften sind das Resultat einer internationalen Medienrecherche von Journalisten aus über 80 Ländern. Dieser journalistische Vorstoß ist aus dem Grund zu begrüßen, weil er nunmehr eine größere Öffentlichkeit für die Problematik erreicht, als dies die etablierte Politik bisher für notwendig hielt. Letzteres ist das eigentliche Dilemma, denn über Jahrzehnte haben es die Regierungen versäumt eine Gesetzeslage zu erzeugen, welche Steuerhinterziehung bzw. Steuervermeidung dieser Art unmöglich macht. 2013 haben die G8-Politiker incl. Russland auf ihrem Gipfel in Loch Erne angekündigt den Missbrauch von Firmenkonstruktionen durch Briefkastenfirmen bekämpfen zu wollen. Geschehen ist bisher nahezu nichts. Nach wie vor, so beweisen es die Panama-Daten, ist es offenbar ein Leichtes, die tatsächlichen Firmeneigentümer sowie die Geldflüsse zu verbergen.

 

Wenn nun angesichts der Journalistenrecherche bekannt wird, dass diese Offshoregeschäfte alleine am Beispiel Panama von insgesamt 140 Politikern und hohen Amtsträgern sowie Superreichen und Spitzensportlern weltweit genutzt wurden, wird klar, wo das eigentliche Problem liegt: bei den Regierenden selbst.

 

Es zeigt sich aber auch, dass die Banken ihren betuchten Kunden bei der Gründung von solchen Offshorefirmen behilflich sind. So tauchen in den Datensätzen u.a. auch die Raiffeisenbank international und die Hypo Vorarlberg auf. Hier wird nicht nur zu klären sein, ob diese dabei ihre Sorgfaltspflicht verletzt haben, sondern die gesetzlichen Möglichkeiten zur Gründung von solchen Firmenkonstruktionen sind einer gründlichen politischen Prüfung zu unterziehen und derart einzuschränken, dass Intransparenz unmöglich gemacht wird.

 

Es ist die Aufgabe der Regierungen, auch der österreichischen, für eine Rechtssicherheit bei Firmengründungen bzw. Finanztransaktionen zu sorgen, welche Steuerflucht bzw. Steuervermeidung juristisch unmöglich machen oder aber zumindest deutlich erschweren. Wenn der nun vorliegende mediale Druck zu dieser Konsequenz führt, dann hat der Panama-Skandal einen Sinn. Man darf gespannt sein, wie die österreichische Reaktion aussehen wird. (Gerhard Kohlmaier)

 
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